Steuerermäßigung für Überstunden

Auszahlung von Überstunden kann sich jetzt richtig lohnen!

Die zahlreichen rechtlichen Regelungen im Arbeitsrecht rund um's Thema Überstunden kennen viele nicht - dazu gehört zum Beispiel auch die Pflicht, ausbezahlte Überstunden zu versteuern. Das Urteil des BGH könnte für viele Arbeitnehmer die Entscheidung "Abbummeln oder ausbezahlen lassen?" in einem neuen Licht darstehen lassen.

Veröffentlicht am: 27.03.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lesedauer:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem neusten Urteil vom 02.12.2021 (Az. VI R 23/19) eine für viele Arbeitnehmer vielleicht bahnbrechende Entscheidung auf den Weg gebracht. Überstunden machen wir alle mal, oft mehr als gedacht. Die zahlreichen rechtlichen Regelungen im Arbeitsrecht rund um's Thema Überstunden kennen viele aber nicht - dazu gehört zum Beispiel auch die Pflicht, ausbezahlte Überstunden zu versteuern. Das Urteil des BGH könnte für viele Arbeitnehmer die Entscheidung "Abbummeln oder ausbezahlen lassen?" in einem neuen Licht darstehen lassen.

Hintergrund: Steuern auf ausbezahlte Überstunden 

Wer Überstunden macht, muss diese grundsätzlich auch bezahlt bekommen. Die pauschale "Abgeltung" durch das Gehalt, die sich in vielen Arbeitsverträgen findet, ist unwirksam. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber aber bei Zustimmung durch den Arbeitnehmer stattdessen das "Abbummeln" fordern, also ein Freizeitausgleich statt Ausbezahlung. 

Dabei wird jede Überstunde erstmal so vergütet, wie eine Stunde Arbeitslohn des Arbeitnehmers sonst kostet. Nur ausnahmsweise bei entsprechender Vereinbarung oder Geltung eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung oder einer sonstigen gesetzlichen Regelung müssen auch Übrstundenzuschüsse gezahlt werden. 

Überstundennachzahlung unter normaler Besteuerung?

Auf die Ausbezahlung der Überstunden muss der Arbeitnehmer aber -erstmal- dieselben Steuern zahlen wie auf seinen Arbeitslohn. Das Jahreseinkommen erhöht sich durch die Überstunden und so können, aufgrund der progressiven Besteuerung, mehr Steuern anfallen als sonst. Ob sich die Auszahlung daher lohnt, oder ob man doch lieber ein wenig mehr Urlaub machen sollte, stimmen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater ab. 

Die progressive Besteuerung kann bei einer Nachzahlung über einen längeren Zeitraum auch zu signifikanten Mehrbelastungen für den Steuerzahler führen. Unter Umständen muss daher stets geprüft werden, ob vorhandene Steuerermäßigungen unter Umständen auch für die Ausbezahlung von Überstunden greifen. 

Überstunden über 3 Jahre zusammen ausgezahlt 

Ein solcher Fall lag auch in dem hier entschiedenen Urteil vor: Der betroffene Angestellte hatte drei Jahre lang Überstunden gemacht. Erst im vierten Jahr wurden ihm diese Überstunden der letzten drei Jahre gemeinsam ausbezahlt. Das führte natürlich bei erster Betrachtung dazu, dass sein Lohn in dem 4. Jahr signifikant stieg und er in einen höheren Steuersatz rutschte. Denn das Finanzamt legte den normalen Einkommenstarif zugrunde. Dagegen klagte der Mann - und bekam Recht. 

Nicht selten übrigens werden Überstunden von mehreren Jahren in einem "Rutsch" ausgezahlt - oft deswegen, weil die Betroffenen zuvor nicht um ihre Rechte wussten und erst nach einigen Jahren erfahren, dass ihnen per Gesetz und entgegen einer ggf. unwirksamen Regelung im Arbeitsvertrag eine Vergütung von geleisteten Überstunden zusteht. 

Steuerermäßigung für Nachzahlung von Lohn 

Das Gesetz sieht eine Steuerermäßigung für Lohnnachzahlungen dann vor, wenn die Nachzahlung sich auf einen Zeitraum bezieht, der

  1. mehr als 12 Monate umfasst und 
  2. sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt. 

Diese Steuererleichterung greift, wie der BGH nun in seinem Urteil betonte, nicht nur für die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch für variable Lohnbestandteile, wie etwa die Bezahlung von Überstunden. 

Fazit: Überstunden geltend machen lohnt sich

In der Beratungspraxis sehen wir immer wieder, wie wenig Angestellte ihre Rechte im Zusammenhang mit Überstunden kennen. Informieren Sie sich jetzt und sprechen Sie Ihren Arbeitgeber an. 

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Arbeitnehmer können Sie auch jetzt noch jedenfalls die Ansprüche der letzten drei Jahre geltend machen. Das kann sich lohnen - erst recht, wenn Ihnen das Finanzamt auch mit der Steuerlast entgegen kommt.