Umsatzsteuer für die Einlagerung von Eizellen?

Bundesfinanzhof bestimmt die Voraussetzungen

Die Einlagerung von Eizellen für die spätere Ermöglichung einer Schwangerschaft ist eine Dienstleistung, die immer häufiger in Anspruch genommen wird. Ob diese umsatzsteuerpflichtig ist, hängt davon ab, ob die Einlagerung medizinisch notwendig ist.

Veröffentlicht am: 06.10.2022
Qualifikation: Rechtsanwalt
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Die Erfüllung des Kinderwunschs mit medizinischen Dienstleistern birgt eine Vielzahl rechtlicher Probleme. Aber auch steuerlich betreten die Akteure zum Teil Neuland und geraten in Konflikte mit dem Finanzamt. Kürzlich musste sich Bundesfinanzhof (BFH) zu den Voraussetzungen der Umsatzsteuerpflicht bzw. -befreiung für die Einlagerung von Eizellen äußern (BFH, Beschluss vom 07.07.2022 - V R 10/20).

Kryokonservierung für die künstliche Befruchtung

In der heute durch eine Pressemitteilung des BFH bekannt gewordenen Entscheidung ging es um ein Unternehmen, das die sogenannte Kryokonserveriung zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung in den Fällen anbieten, in denen eine organisch bedingte Sterilität bei einem der beiden Partner mit Kinderwunsch vorlag. Das Unternehmen führte die eigentliche Fruchtbarkeitsbehandlung nicht selbst durch. Diese erfolgte aber durch einen anderen Dienstleister, in dem dieselben Personen tätig waren.

Es kam zu Streit mit dem Finanzamt über die Umsatzsteuerpflicht für die Einlagerung, der schließlich beim Bundesfinanzhof landete.

Auf den therapeutischen Zweck kommt es an

Die BFH-Richter lehnten eine Umsatzsteuerpflicht ab. Die Lagerung der Eizellen im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt ist umsatzsteuerfrei, wenn ihr ein therapeutischer Zweck zugrunde liegt. Diese Voraussetzung, so der BFH, sei erfüllte, wenn im Hinblick auf eine andauernde organisch bedingte Sterilität eine Schwangerschaft ermöglicht werden soll.

Eine Unterscheidung zwischen einer "weiteren Lagerung" und einer "bloßen Lagerung" - wie vom Finanzamt vorgenommen, sei nicht geboten.

Social Freezing umsatzsteuerpflichtig

Die aktuelle Entscheidung des BFH betrifft ausdrücklich nur die Kryokonservierung mit medizinischem Grund. Fehlt so ein Grund, spricht man vom "Social Freezing". Letzteres ist ein Trend, der dem Umstand geschuldet ist, dass viele Frauen einen Kinderwunsch häufig erst mit 40 Jahren realisieren wollen, die natürliche Schwangerschaftswahrscheinlichkeit dann aber nur noch bei ca. 5 Prozent liegt.

Auf die Umsatzsteuerpflicht des Social Freezings hatte das Bundesministerium der Finanzen bereits 2017 hingewiesen.