Verbraucherschutz durch Legal-Tech-Unternehmen gestärkt!

Gerichte billigen wenigermiete.de & MyRight

Veröffentlicht am: 20.02.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Gerichte billigen wenigermiete.de & MyRight

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Rechtmäßigkeit von bestimmten Rechtsportalen im Internet - sogenannte Legal-Tech-Unternehmen - verhilft dem Verbraucherschutz auch auf dem VW-Schlachtfeld zu einem wichtigen Etappensieg im Internetrecht.

GmbH beauftragen statt Rechtsanwalt?

Das Landgericht Braunschweig hat im Verfahren des Legal-Tech-Unternehmens MyRight, das Ansprüche von mehr als 40.000 deutschen VW-Kunden gerichtlich durchsetzt, in der ersten Runde zugunsten der betroffenen Verbraucher entschieden. Das Gericht urteilte, das Geschäftsmodell des Unternehmens sei zulässig und dieses daher im Prozess vertretungsbefugt.

MyRight hatte sich die potentiellen Schadenersatzansprüche der VW-Kunden treuhänderisch abtreten lassen und tritt unter einer Inkassolizenz in der Rechtsform einer GmbH auf. Die GmbH beauftragt Rechtsanwälte, die ihrerseits die Ansprüche geltend machen. Im Erfolgsfall zahlen die Kunden der GmbH eine Provision von 35 Prozent. Es ist nur eines von vielen Legal-Tech-Modellen, die im E-Commerce vermehrt auftreten und für ihre Kunden ohne jedes Kostenrisiko Rechtsansprüche geltend machen.

Reichweite der Inkassolizenz

Die Anwälte von VW hatten die Rechtmäßigkeit dieses Modells angezweifelt und eine gesonderte Klärung der Rechtsfrage vorab gefordert. Dem kam aber das Urteil des obersten Bundesgerichtshofes (BGH) im Oktober 2019 zuvor.

Der BGH hatte in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Legal-Tech-Plattform wenigermiete.de unter einer Inkassolizenz tätig werden könne. Der Begriff „Inkasso“ sei großzügig auszulegen, so die Richter. Daher könne nicht nur gerichtlich auf Zahlung geklagt werden, sondern auch Tätigkeiten aus den Randgebieten könnten durch das Inkassounternehmen wahrgenommen werden.

Dazu gehört etwa die außergerichtliche Kommunikation mit dem Beklagten oder die Klage auf Feststellung anstatt auf Zahlung. Welche Bereiche hier aber gerade noch unter die Inkassolizenz fallen und welche nicht, werden in Zukunft noch viele Gerichte zu bestimmen haben.

Erfolgshonorar rechtmäßig?

Auch das Erfolgshonorar des Inkassounternehmens stelle keine Interessenkollision für den Unternehmer dar, wie auch diverse von VW beauftragte Gutachter behauptet hatten. Vielmehr habe das Unternehmen aufgrund der Erfolgsprovision gerade ein Interesse an einer erfolgreichen Durchsetzung.

Schließlich sei die Abtretung auch nicht sittenwidrig, etwa weil das Inkassounternehmen im Falle des Unterliegens nicht in der Lage wäre, die Prozesskosten umfänglich zu tragen. Für eine bewusste Risikoverlagerung durch kollusives Zusammenwirken durch die Kunden und dem Unternehmer gäbe es keine Anhaltspunkte.

Meilenstein – oder Grabstein?

Dem Urteil des BGH folgend erklärte daher nun auch das Landgericht Braunschweig die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche unter dem Mantel der Inkassozession für rechtmäßig. Wenn wenigermiete.de rechtmäßig sei, so die Richter, dann gelte dies erst Recht für MyRight.

Obwohl zahlreiche Experten in dem Urteil einen Meilenstein für den Verbraucherschutz sehen, sind einige Rechtsanwälte doch kritisch. Denn die Inkassounternehmen treten vermehrt in direkter Konkurrenz zum Rechtsanwalt auf, unterliegen aber den berufsrechtlichen Beschränkungen des Anwalts nicht.