Frisch vermittelter Mitarbeiter kündigt

Wer bezahlt den Headhunter?

Muss ein Mitarbeiter, der durch einen Headhunter vermittelt wurde, dessen Provision zahlen, wenn er noch in der Probezeit wieder kündigt? Sind solche Klauseln im Arbeitsvertrag wirksam?

Veröffentlicht am: 28.06.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
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Headhunter werden von Unternehmen beauftragt, um ohne großen Eigenaufwand den besten neuen Arbeitnehmer zu finden. Bei der Suche nach neuen Arbeitskräften scheuen einige Arbeitgeber dabei auch keine Kosten. Aber was ist, wenn der neue Arbeitnehmer noch in der Probezeit kündigt? War die Provision für den Headhunter dann aus dem Fenster geworfenes Geld oder kann ein Teil dessen auf den kündigenden Mitarbeiter abgewälzt werden?

Ob Arbeitgeber das dürfen oder ob eine Kündigung in dieser Situation zum Berufsrisiko gehört, musste das Bundesarbeitsgericht vergangene Woche entscheiden (BAG, Urteil von 20.06.2023 – Az. 1 AZR 265/22).

Arbeitnehmer soll seinen eigenen Headhunter bezahlen – muss er das?

Dahinter steckt ein Fall aus Schleswig-Holstein: Vom Unternehmen wurde ein Headhunter engagiert, um eine Stelle neu zu besetzen. Ein neuer Arbeitnehmer wurde erfolgreich vermittelt und den Headhunter sollte ein hübsches Sümmchen für seine Dienste erwarten. Insgesamt 6.730 EUR sollte er erhalten, 4.500 EUR für die erfolgreiche Vermittlung und nochmal 2.230 EUR nach Ablauf der Probezeit. So weit so gut.

Nun hatte der neue Angestellte jedoch noch in der Probezeit, schon nach zwei Monaten, seine Kündigung vorgelegt. Sein (Ex-)Arbeitgeber war frustriert angesichts der Kosten, die er in den Headhunter investiert hatte, und wollte einen Teil der Kosten auf den ehemaligen Mitarbeiter abwälzen. Nach seiner fristgerechten Kündigung hatte das Unternehmen ihm kurzerhand sein Gehalt um einen Anteil der Provision gekürzt. Darf es das?

Neuer Mitarbeiter kündigt – Chef fordert Vermittlungsprovision zurück

Der betroffene Arbeitgeber hatte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitsvertrags vorgesehen, dass die gezahlte Vermittlungsprovision vom Arbeitnehmer zu tragen ist, sofern das Arbeitsverhältnis keine 14 Monate lang besteht oder aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, von diesem beendet würde.

Daher war er der Meinung, dass er dem Arbeitsvertrag zufolge die Provision vom neuen (Ex-)Mitarbeiter zurückfordern könnte. Über die Zulässigkeit solcher AGB in Arbeitsverträgen haben nun die Richter des Bundesarbeitsgerichts entschieden.

Unzulässige AGB: Diese Klauseln gehören in keinen Arbeitsvertrag!

Auch wenn manche Arbeitgeber da anderer Ansicht sind – in den Arbeitsvertrag darf man nicht einfach alles reinschreiben, was man möchte. Verboten und damit unwirksam sind nämlich grundsätzlich Klauseln im Sinne des § 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die den Vertragspartner (hier: Arbeitnehmer) entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist bereits dann der Fall, wenn sie nicht klar und verständlich sind.

Ungültige Klauseln finden sich regelmäßig dann, wenn im Arbeitsvertrag potenzielle Überstunden des Arbeitnehmers geregelt werden sollen. Geht aus einer solchen Überstundenklausel nicht hervor, wie viele Überstunden gemacht werden müssen und in welchem Zeitraum, könnte eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegen.

Finanzielle Aufwendungen für Personal sind Betriebsrisiko

Die Erfurter Richter fällten das Urteil zugunsten des Arbeitnehmers, sodass er den einbehaltenen Betrag seines Gehalts schließlich doch ausgezahlt bekommt, und bestätigten damit die vorinstanzliche Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein. In der Urteilsbegründung hieß es, dass eine derartige Abwälzungsklausel im Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige.

Das unternehmerische Risiko für finanzielle Aufwendungen, die ein Arbeitgeber für die Personalbeschaffung tätigt, wie etwa Vermittlungsprovisionen, habe er im Rahmen des Betriebsrisikos selbst zu tragen. Denn andernfalls würden Arbeitnehmer in ihrem Recht auf freie Berufswahl gemäß Art. 12 Grundgesetz (GG) beeinträchtigt.

Da ein Rückgriff auf den Arbeitnehmer durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ausgeschlossen ist, sollte der  Arbeitgeber versuchen, sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit dem von ihm beauftragten Personaldienstleister dagegen abzusichern, dass ein von ihm teuer angeworbener Mitarbeiter sein Unternehmen schon kurzfristig wieder verlässt.