Wie wird man eigentlich Vater?

Und was ist überhaupt eine sozial gehaltvolle Vater-Kind-Beziehung?

Veröffentlicht am: 18.04.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Nicht nur der Erfolg hat mehr als einen Vater – auch das Familienrecht kennt mehr als einen Papa. Während das Gesetz nämlich die Mutterschaft schlicht und selbstverständlich der Frau zuspricht, die das Kind geboren hat, ist es bei der Vaterschaft etwas komplizierter. Denn auch wenn die Natur in vielen Fällen für eine Ähnlichkeit zwischen Vater und Kind sorgt, ist der Erzeuger doch nicht immer für jeden eindeutig erkennbar.  

Viele Wege führen zur Vaterschaft

Auf der Suche nach einem zuverlässigen Anknüpfungspunkt für die Vaterschaft landeten die Autoren des BGB (Ende des 19. Jahrhunderts) dann beim Institut der Ehe. Nach dieser Vorstellung heiraten „anständige“ Paare zunächst, um dann Kinder in die Welt zu setzen. Vater eines Kindes ist daher nach dem Gesetz erst einmal der Mann, der zur Zeit der Geburt mit der Kindsmutter verheiratet war.  

Insbesondere die Säkularisierung, die Ablehnung der Herrschaft des Patriarchats und sonstiger Sittenverfallhaben in unser Gesellschaft aber dazu geführt, dass auch unverheiratete Frauen Kinder gebären. Auch soll es vorkommen, dass nicht der Ehemann der Kindsmutter, sondern ein anderer für die Zeugung verantwortlich war. Daher kann die Vaterschaft rechtlich auch durch Anerkennung derselben oder eine gerichtliche Feststellung begründet werden. Der  Vater der die Vaterschaft anerkennt, muss dabei gar nicht der biologische Vater sein.  

Wilde Ehen, künstliche Befruchtung und der Kuckuck

Die Lebenssachverhalte, in denen sich Eltern und ihre Rechtsanwälte die Frage nach der Vaterschaft stellen, sind zahlreich. Sie reichen von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft über den Ehebruch bis hin zur künstlichen Befruchtung oder gar Leihmutterschaft. Das Familienrecht muss für all diese Fälle eine Lösung bereithalten.  

Weil diese Lösungen nicht von allen gleich interpretiert oder gutgeheißen werden, kommt es immer wieder zum Familienkrach. Beim Streit um die Vaterschaft geht es nur um das Sorge- und Umgangsrecht, sondern natürlich auch um das liebe Geld, vor allem um Kindesunterhalt und das Pflichtteilsrecht im Erbfall.

Wann die Vaterschaftsanfechtung unzulässig ist

Einen interessanten Streit um die Anerkennung der Vaterschaft hatte kürzlich das OLG Hamm auf dem Tisch. Ein junges westafrikanisches Paar erwartete in Deutschland ein gemeinsames Kind. Noch vor der Geburt erkannte ein anderer Mann, der die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, die Vaterschaft an, gab mit der Mutter eine gemeinsame Sorgerechtserklärung ab und verpflichtete sich, Unterhalt für das Kind zu zahlen. Der umgangene leibliche Vater strengte einen Vaterschaftstest („Vaterschaftsfeststellungsverfahren“) an und das eingeholte Abstammungsgutachten bewies seine Vaterschaft.  

Hiergegen gingen die Mutter und der rechtliche Vater vor. Aus Erwägungen des Kindeswohls gibt es nämlich Konstellationen, in denen der leibliche Vater nicht einfach durch eine Vaterschaftsanfechtung in ein bestehendes Familienidyll hineingrätschen darf. Die Mutter und der rechtliche Vater trugen sodann auch vor, dass zwischen dem Jungen und dem rechtlichen Vater eine „sozial-familiäre“ Beziehung bestünde, die eine Anfechtung der Vaterschaft ausschließe.  

Vater sein, heißt Verantwortung tragen  

Das OLG Hamm sah das nicht so, stellte bei der Gelegenheit aber klar, was es unter einer sozial-familiären Beziehung versteht. Eine solche Beziehung liege dann vor, wenn der rechtliche Vater tatsächlich Verantwortung für das Kind trage. Das sei regelmäßig dann der Fall, wenn er mit der Mutter verheiratet sei oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebe. Im Übrigen sei eine sozial gehaltvolle und damit schützenswerte Vater-Kind-Beziehung nur bei einer Wahrnehmung typischer Elternrechte und -pflichten des Vaters möglich.  

„Papa“ kann ja jeder heißen  

Im zu entscheidenden Fall hatte der rechtliche Vater zwar Kontakt zu dem Jungen und war ihm ein vertrauter Spielpartner. Das reichte den Richtern aber nicht, weil ein Nachweis wirklicher Betreuungsleistungen fehlte. Da half es auch nicht, dass Junge den rechtlichen Vater „Papa“ nennt – denn so bezeichne der Junge auch den neuen Lebensgefährten der Mutter. Die allgemeine Lebenserfahrung legt übrigens nahe, dass im wahren Leben wohl dieser neue Lebensgefährte die tatsächliche Vaterrolle längst übernommen hat, während sich zwei andere vor Gericht um die Vaterschaft streiten.