Sorgerecht und Umgangsrecht bei Gewalt unter Eltern
Justizministerium plant Verschärfung
Wer bisher seinem gewalttätigen Ex-Partner das Umgangs- und Sorgerecht für gemeinsame Kinder entziehen wollte, hatte vor Gericht erhebliche Schwierigkeiten. Grundsätzlich ist ein solcher Entzug nur berechtigt, wenn die Kinder selbst Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind. Dies will Justizministerin Hubig nun aber ändert. Wer seinen Partner misshandelt, muss damit rechnen auch die Kinder nicht mehr sehen zu dürfen.
Das Umgangsrecht und Sorgerecht für gemeinsame Kinder ist oft das heikelste Thema für Eltern nach einer Trennung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Grund der Trennung Gewalt eines Partners gegen den anderen war. In solchen Fällen hat der betroffene Elternteil häufig ein Interesse daran, das alleinige Sorgerecht für die Kinder zu erhalten. Diesem Wunsch machen die Familiengerichte allerdings in aller Regel einen Strich durch die Rechnung. Solange das Kind nicht selbst Gewalt erfahren hat, kann das Sorge- und Umgangsrecht des Täters grundsätzlich nicht einschränkt werden. Das will Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) nun aber ändern.
Täter sollen Kinder nicht mehr sehen dürfen
Die Ministerin kündigte vor einigen Tagen im Bundestag an, mehrere Reformen anstoßen zu wollen, die den Schutz vor häuslicher Gewalt stärken sollen. Geplant ist unter anderem eine Einschränkung des Sorge- und Umgangsrechts für Gewalttäter. Wer seine Partnerin schlägt, müsse damit rechnen, auch die Kinder nicht mehr sehen zu dürfen. Allenfalls sei ein Kontakt nur noch im Beisein einer Begleitperson denkbar. Dabei solle es auch nicht darauf ankommen, dass „nur“ der Partner Gewalt erfahren habe. Kinder müssen nicht selbst Gewalt erfahren, damit ihr Wohl gefährdet ist. Da das Kind mitleiden würde, ergebe sich eine solche Kindeswohlgefährdung schon aus der Gewalt der Partner untereinander.
Justizministerin Hubig betonte außerdem, dass nicht allein physische Gewalt von einem potenziellen Gesetz umfasst werden soll. Auch psychische Gewalt könne die Einschränkung des Sorge- und Umgangsrecht rechtfertigen.
Ausweitung unter anderem auch aufs Mietrecht
Hubigs Pläne beschränken sich nicht auf das Familienrecht. Der Schutz vor häuslicher Gewalt soll auch auf Bereiche ausgeweitet werden, in denen Partner üblicherweise rechtlich miteinander verbunden sind. Insbesondere das Mietrecht steht dabei im Fokus. Betroffenen von häuslicher Gewalt soll es möglich sein, schneller aus gemeinsamen Mietverträgen herauszukommen. Dies müsse auch dann gelten, wenn der Ex-Partner sich stur stellt. Betroffenen soll so ein Neuanfang in einer anderen Wohnung ermöglicht werden. Bislang sei dieser Neuanfang eine „Nervenprobe“.
Weiterhin müsse das Familiengericht dazu ermächtigt werden „Anti-Gewalt-Trainings“ anzuordnen. Andere Maßnahmen, wie zum Beispiel das Anordnen von Fußfesseln, seien nicht geeignet, um das Thema häusliche Gewalt in den Griff zu bekommen.
Rückendeckung von allen Seiten
Familien- und Frauenministerin Karin Prien (CDU) betonte ihre Unterstützung für das Anliegen der Justizministerin, Frauen noch besser vor Gewalt zu schützen.
Auch aus der Rechtsprechung kommt Rückenwind. Das Oberlandesgericht Frankfurt sprach schon 2024 einer Mutter, die von häuslicher Gewalt betroffen war, das alleinige Sorgerecht zu. Dass die Kinder Zeugen von physischer und psychischer Gewalt gegen ihre Mutter wurden, stelle laut dem Oberlandesgericht eine besondere Form der Kindesmisshandlung dar.
Insbesondere mit Blick auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.09.2024, Az. 6 UF 144/24) ist bereits jetzt ein Sorgerechtsverfahren gegen den gewalttätigen Ex-Partner nicht von vornherein hoffnungslos. Das Urteil zeigt, dass eine solche Art der Kindeswohlgefährdung auch nach aktuellem Recht zumindest für den Sorgerechtsentzug sorgen kann. Nichtsdestotrotz hat es bis zu dieser Entscheidung mehrere Instanzen benötigt und das Urteil verhindert auch nicht den Umgang des gewalttätigen Vaters mit den Kindern. Insofern ist die von Hubig angestrebte Reform des Familienrechts zum Schutz von Betroffenen und ihren Kindern dringend erforderlich.