Wohngemeinnützigkeit als Beitrag gegen Wohnungsnot?

Rückkehr in die AO als gemeinnütziger Zweck

Die sogenannte Wohngemeinnützigkeit soll wieder als gemeinnütziger Zweck in die AO aufgenommen werden, um die grassierende Wohnungsnot zu lindern.

Veröffentlicht am: 02.07.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt in Hamburg
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Die Debatte um bezahlbaren Wohnraum hat in Deutschland in den letzten Jahren an Intensität gewonnen. Steigende Mietpreise und die zunehmende Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsschichten aus den Innenstädten sind drängende Probleme, die nach nachhaltigen Lösungen verlangen. Eine der Antworten könnte aus Sicht des Gesetzgebers in der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit liegen, einem Konzept, das in der Vergangenheit bereits zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus eingesetzt wurde. 

Das Bundeskabinett hat jetzt die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen. Im Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 ist die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung aufgenommen worden.

Was ist Wohngemeinnützigkeit?

Wohngemeinnützigkeit bezeichnet das Prinzip, dass Wohnungsunternehmen nicht primär profitorientiert arbeiten, sondern das Ziel verfolgen, bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten bereitzustellen. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen verpflichten sich zu reinvestieren statt Gewinne auszuschütten. Diese Unternehmen genießen steuerliche Vorteile und staatliche Unterstützung, was ihnen ermöglicht, Wohnungen zu günstigeren Konditionen anzubieten als private Anbieter.

Regelungen bis 1990

Die Wohngemeinnützigkeit hatte in Deutschland bis zur Abschaffung 1990 eine lange Tradition. Ursprünglich eingeführt, um den Wohnraummangel nach dem Zweiten Weltkrieg zu bekämpfen, wurden gemeinnützige Wohnungsunternehmen steuerlich begünstigt und konnten so preiswerte Wohnungen bereitstellen. Im Gegenzug mussten sie strenge Auflagen erfüllen, etwa die Begrenzung der Rendite auf einen bestimmten Prozentsatz und die Verpflichtung, Gewinne in den Wohnungsbau zu reinvestieren. Dieses System trug maßgeblich zur Entstehung von Millionen preiswerter Wohnungen bei und bildete eine wichtige Säule der sozialen Wohnraumversorgung.

Aktuell geplante Wiedereinführung als gemeinnütziger Zweck in der AO

Nach den Erläuterungen zum Jahressteuergesetz 2024 soll die Förderung der neuen Wohngemeinnützigkeit hauptsächlich durch die vergünstigte Vermietung an Personen erfolgen, deren Einkommen das Fünf- bzw. (bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden) das Sechsfache der Sozialhilfe nach SGB XII nicht übersteigt. Dies würde bedeuten, dass etwa 60 Prozent der deutschen Haushalte unter die steuerbegünstigte Vermietung fallen könnten. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegt, um als gemeinnützig anerkannt zu werden. Die Einkommensprüfung der Mieter soll nur zu Beginn des Mietverhältnisses erfolgen, wodurch spätere Einkommenssteigerungen keinen Einfluss auf die Gemeinnützigkeit haben. Diese Regelung erweitert die Möglichkeiten für steuerbegünstigte Vermietungen im Vergleich zu den bestehenden Regelungen der Mildtätigkeit gemäß § 53 AO erheblich. Zusätzlich wird klargestellt, dass Rücklagen für langfristige Investitionsvorhaben, wie beispielsweise Sanierungen, gebildet werden können, was besonders für Investitionen in Wohnraum von Bedeutung ist (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Perspektiven für gemeinwohlorientierte Stifter und Vereinsgründer

Stifter und Vereinsgründer können von diesen Regelungen erheblich profitieren. Sie können Stiftungen oder Vereine gründen, die sich der Schaffung und Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum verschreiben. Durch die Anerkennung als gemeinnützige Organisationen erhalten sie steuerliche Vorteile und können Rücklagen für langfristige Investitionen bilden. Dies ermöglicht es ihnen, langfristig in den sozialen Wohnungsbau zu investieren und gleichzeitig von staatlichen Förderungen zu profitieren. Die klaren Regelungen und steuerlichen Vorteile schaffen attraktive Bedingungen für private und institutionelle Investoren, die sich sozial engagieren und zur Lösung der Wohnungsnot beitragen möchten.

Fazit

Die Wiederbelebung der Wohngemeinnützigkeit könnte ein entscheidender Schritt zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Deutschland sein. Historisch gesehen hat dieses Modell bereits erfolgreich dazu beigetragen, den Wohnungsbau zu fördern und sozial Schwächeren bezahlbaren Wohnraum zu bieten. Die aktuellen Pläne zur Wiedereinführung als gemeinnütziger Zweck in der AO sind ein positiver Ansatz, erfordern jedoch eine sorgfältige Umsetzung und ausreichende finanzielle Unterstützung, um die gewünschten Effekte zu erzielen. 

Für Menschen, die sich als Stifter oder Vereinsgründer im Bereich der Wohnungsförderung engagieren wollen, ergeben sich damit ganz neue Perspektiven für die wir mit unseren spezialisierten Beratern gerne Konzepte entwickeln.

Weitere Informationen zu Stiftung & Steuern finden Sie hier: Besteuerung von gemeinnützigen Stiftungen und Familienstiftungen