Umsatzsteuerliche Reihengeschäfte und Dreiecksgeschäfte
Beratung durch Steuerberater & Fachanwälte für Steuerrecht
Reihengeschäfte, auch als Kettengeschäfte bekannt, bezeichnen eine Abfolge von Lieferungen, bei denen Waren direkt vom ersten Lieferanten zum letzten Abnehmer transportiert werden, während mehrere Parteien in der Kette rechtlich beteiligt sind. Diese Geschäftsstruktur ist insbesondere im internationalen Handel von großer Bedeutung, da sie eine effiziente und kostengünstige Abwicklung ermöglicht. Unternehmen profitieren von optimierten Lieferketten und reduzierten Transportkosten, was Reihengeschäfte zu einem zentralen Element im globalen Handel macht.
Trotz ihrer Vorteile bergen Reihengeschäfte ein hohes Risiko im Hinblick auf die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer). Unsere erfahrenen Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht navigieren Sie mit Präzision durch das komplexe Labyrinth der Umsatzsteuer bei Reihengeschäften, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden und Ihre Geschäfte sicher zu gestalten.
Beratung im Umsatzsteuerrecht
Unsere Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht beraten Sie in allen Fragen rund um die Umsatzsteuer. Wir helfen auch, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und suchen gemeinsam eine Lösung. Auch sehr kurzfristige Steuerberatung zur Umsatzsteuer ist möglich, insbesondere begleitend bei Projektverhandlungen und Vertragsprüfungen. Wir vertreten Sie bei Konflikten mit den Finanzbehörden und stehen Ihnen auch für gutachterliche Stellungnahmen zu Einzelfragen des Umsatzsteuerrechts zur Verfügung.
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Kurzfristiger Beratungstermin
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Was ist ein Reihengeschäft?
Das Reihengeschäft wird in § 3 Abs. 6a Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt und findet seinen Ursprung in Art. 36a der Mehrwertsteuer-System-Richtlinie (MwStSystRL). Von einem Reihengeschäft ist danach die Rede, wenn
mehrere Unternehmer (mindestens drei Unternehmer)
Liefergeschäfte über denselben Gegenstand abschließen,
der Gegenstand aber nicht von jedem Unternehmer in der Reihe an den nächsten geliefert wird, sondern nur einmal physisch bewegt wird – und zwar von einem Unternehmer direkt an Abnehmer versendet wird.
Reihengeschäfte ermöglichen es daher Unternehmen, komplexe Lieferketten zu organisieren, ohne dass jede Partei physisch in den Besitz der Ware gelangen muss. So findet zwar nur eine einzige tatsächliche Warenbewegung statt. Aber strenggenommen liegen zwischen den jeweiligen Unternehmern innerhalb der Lieferkette mehrere jeweils eigenständige – separat zu beurteilende – umsatzsteuerliche Lieferungen vor.
Beispiel:
Unternehmer A (aus den Niederlanden) verkauft an Unternehmer B (aus Italien) Waren, B verkauft die Waren weiter an den Unternehmer C (aus Deutschland). Die gehandelten Waren werden direkt von Unternehmer A an Unternehmer C verschickt.
WICHTIG: Eine Warenbewegung, bei der mehrere der beteiligten Unternehmer die Beförderung und Versendung durchführen, ist kein Reihengeschäft. Man spricht dann von einer sogenannten gebrochenen Beförderung.
Lieferort im Reihengeschäft bestimmen
Der Lieferort der jeweiligen Zwischenlieferung ist entscheidend dafür, in welchem Land die Lieferung der Umsatzsteuer unterliegt. Er entscheidet also darüber, ob das Umsatzsteuerrecht des einen Landes Anwendung findet oder eines anderen.
Zur Bestimmung des Lieferortes muss man prüfen, welcher Zwischenlieferung die tatsächliche physische Warenbewegung zuzuordnen ist – diese wird bewegte Lieferung genannt.
Nur die bewegte Lieferung kann (als innergemeinschaftliche Lieferung) umsatzsteuerfrei sein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Alle anderen Zwischenlieferungen sind sogenannte ruhende Lieferungen.
WICHTIG: Für eine ruhende Lieferung kann keine solche Steuerbefreiung greifen.
Bewegte vs. ruhende Lieferung
Es muss also festgestellt werden, welche der Lieferungen zwischen den Unternehmern die bewegte Lieferung ist und somit gegebenenfalls steuerfrei sein kann.
Die Zuordnung der bewegten Lieferung hängt regelmäßig davon ab, welcher Unternehmer den Transport der Ware an den Endabnehmer in Auftrag gegeben und organisiert hat. Anhaltspunkte dafür können sich aus vorhandenen Aufzeichnungen darüber ergeben, wer die Beförderung durchgeführt oder den Auftrag für die Versendung erteilt hat.
Die bewegte Lieferung ist, wenn der
Erste in der Lieferkette den Transport beauftragt, die Lieferung, die von ihm erbracht wird.
Letzte in der Lieferkette den Transport beauftragt (sog. Abholfall), die Lieferung an ihn.
Zwischenhändler als „Empfänger“ den Transport beauftragt, die Lieferung an ihn.
Zwischenhändler als „Lieferer“ den Transport beauftragt, die Lieferung, die er erbringt.
WICHTIG: Die bewegte Lieferung hat ihren Lieferort immer dort, wo die Warenbewegung physisch beginnt.
Der Lieferort der ruhenden Lieferungen eines Reihengeschäfts bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 S. 2 UStG. Dabei differenziert die Regelung nach ruhenden Lieferungen, die vor der bewegten Lieferung stattfinden (Nr. 1) und solchen, die der bewegten Lieferung folgen (Nr. 2). Im ersten Fall (Nr. 1) ist der Lieferort dort, wo die Warenbewegung beginnt. Im zweiten Fall (Nr. 2) ist der Lieferort dort, wo die Warenbewegung endet.
Zwischenhändler des Reihengeschäfts befördert oder versendet
Welche Person aus der Lieferkette als Lieferer und welche als Abnehmer auftritt, ist in den Fällen des ersten und letzten Unternehmers eines Reihengeschäfts regelmäßig eindeutig zu beantworten. Schwieriger wird diese Beurteilung, wenn einer der Zwischenhändler den Liefergegenstand befördert. Denn dieser kann je nach Perspektive sowohl Abnehmer der Vorlieferung als auch Lieferer der eigenen Lieferung sein.
Die bewegte Lieferung wird einem Zwischenhändler (= mittleren Unternehmer) des Reihengeschäfts zugeordnet, wenn dieser den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet hat. Die Zuordnung der bewegten Lieferung richtet sich in diesen Fällen nach den folgenden Grundsätzen:
Wenn der mittlere Unternehmer die Beförderung oder Versendung in Auftrag gibt, ist grundsätzlich die Lieferung, die an ihn erfolgt, die bewegte Lieferung. Dies wird gemäß § 3 Abs. 6a Satz 4 UStG vermutet, kann aber durch den mittleren Unternehmer durch die Verwendung einer vom Mitgliedsstaat des Beginns der Warenbewegung erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer widerlegt werden.
Dreiecksgeschäft – vereinfachte Besteuerung § 25b UStG
Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG liegt vor, wenn
drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt,
die Unternehmer in jeweils drei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind,
der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt und
der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer direkt an den Abnehmer befördert oder versendet wird.
Sind mehr als drei Unternehmer an einem Reihengeschäft beteiligt, genügt es für ein Dreiecksgeschäft, wenn die drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmer am Ende des Reihengeschäfts stehen.
Es bildet also den Sonderfall eines Reihengeschäfts.
Für den Fall, dass zwei der an einem Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmer mit einer USt-IdNr. desselben EU-Mitgliedstaats auftreten, handelt es sich nicht um ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft.
Aus dem Grund, dass sich beim grenzüberschreitenden Reihengeschäft der Besteuerungsort entweder im Ursprungsland oder im Bestimmungsland befindet, müssen sich ein oder mehrere beteiligte Unternehmer gegebenenfalls in einem anderen EU-Mitgliedsstaat umsatzsteuerrechtlich registrieren lassen.
In § 25b UStG ist die vereinfachte Besteuerung der innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte geregelt. Dadurch soll die Umsatzbesteuerung vereinfacht werden, sobald an einem Reihengeschäft drei Unternehmer aus drei unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind, indem die nach den „normalen“ Regeln des Reihengeschäfts erforderliche umsatzsteuerliche Registrierung des mittleren Unternehmers im Bestimmungsland unterbleiben kann.
Beispiel:
Unternehmer A (aus den Niederlanden) verkauft an Unternehmer B (aus Italien) Waren, B verkauft die Waren weiter an den Unternehmer C (aus Deutschland). Die gehandelten Waren werden direkt von Unternehmer A an Unternehmer C verschickt.
Ziel der Regelung des § 25b UStG ist es, dafür zu sorgen, dass Unternehmer B keine umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland (im Beispiel Deutschland) benötigt. Der mittlere Unternehmer als Zwischenhändler soll sich nicht im Bestimmungsland registrieren müssen – vielmehr wird in einem solchen Dreiecksgeschäft die Steuerschuld vom Unternehmer B auf den letzten Unternehmer C des Reihengeschäfts, also den Abnehmer, übertragen. Man spricht dann vom sogenannten „Reverse-Charge-Verfahren“.
WICHTIG: Der mittlere Unternehmer B, der im Bestimmungsland nicht umsatzsteuerregistriert ist, muss auf seiner Rechnung an Unternehmer C unter Angabe seiner Umsatzsteuer-ID-Nummer auf das Dreiecksgeschäft und den Übergang der Steuerschuldnerschaft hinweisen.
Dann gilt die Lieferung von Unternehmer B an Unternehmer C im Bestimmungsland (im Beispiel Deutschland) als steuerpflichtig, während die vorangegangene Lieferung des Unternehmer A an Unternehmer B als innergemeinschaftlicher Erwerb steuerfrei bleibt.
FAQs zum Reihengeschäft & Dreiecksgeschäft
Was bedeutet ein Reihengeschäft im Umsatzsteuerrecht?
Von einem Reihengeschäft ist die Rede, wenn mindestens drei Unternehmer Liefergeschäfte über denselben Gegenstand abschließen, der Gegenstand aber nicht von jedem Unternehmer in der Reihe an den nächsten geliefert wird, sondern nur einmal physisch bewegt wird – und zwar von einem Unternehmer direkt an Abnehmer versendet wird.
Wie unterscheiden sich bewegte und ruhende Lieferungen?
Im Gegensatz zu den ruhenden Lieferungen kann die bewegte Lieferung, die es nur einmal in der Lieferkette geben kann, steuerfrei sein. Die bewegte Lieferung umfasst den physischen Warentransport. Bei den ruhenden Lieferungen wird keine Ware zwischen den Unternehmern transportiert.
Wann ist ein Dreiecksgeschäft gemäß § 25b UStG?
Von einem Dreiecksgeschäft ist die Rede, wenn drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt, die Unternehmer in jeweils drei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind, der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt und der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer direkt an den Abnehmer befördert oder versendet wird.
Der mittlere Unternehmer in der Lieferkette muss sich dann nicht im Bestimmungsland umsatzsteuerlich registrieren lassen.