DBA-Schweiz: Besteuerung von leitenden Angestellten

Konsultationsvereinbarung bis 2027 verlängert

Deutschland und die Schweiz haben die Konsultationsvereinbarung betreffend die Besteuerung leitender Angestellter nach dem DBA-Schweiz bis zum 31. Dezember 2027 verlängert. Was das für Angestellte und Unternehmer, die grenzüberschreitend tätig sind, bedeutet, beleuchten wir in diesem Beitrag.

Veröffentlicht am: 11.11.2025
Qualifikation: Steuerberater
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Zwischen Deutschland und der Schweiz gibt es ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), das am 6. April 2023 durch eine Konsultationsvereinbarung ergänzt worden ist. Das DBA regelt insbesondere die Zuordnung der Besteuerungsrechte betreffend Einkünfte aus unselbständiger Arbeit. Der Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz regelt das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte leitender Angestellter. Er bestimmt, dass diese Einkünfte grundsätzlich im Sitzstaat der Gesellschaft besteuert werden, unabhängig davon, ob der Angestellte im anderen Staat ansässig ist. 

Aufgrund des wachsenden – vor allem auch grenzüberschreitenden – Anteils von Homeoffice und Telearbeit häuften sich steuerliche Unsicherheiten. Zur Konkretisierung des Anwendungsbereichs des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz wurde daher 2023 die Konsultationsvereinbarung geschlossen, welche durch das BMF-Schreiben am 16.10.2025 verlängert wurde bis einschließlich 31. Dezember 2027. 

Die Konsultationsvereinbarung ergibt sich nicht aus dem neuen Änderungsprotokoll von 2023, sondern wird auf Grundlage des bisherigen DBA-Schweiz (Art. 15 Abs. 4) fortgeführt.

Wer ist „leitender Angestellter“?

In der Konsultationsvereinbarung wird der Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auch auf nicht ausdrücklich im DBA aufgezählte Personengruppen ausgeweitet. Neben Vorstandsmitgliedern, Direktoren, Geschäftsführern und Prokuristen gelten seit 2023 auch folgende Personen als „leitende Angestellte einer Gesellschaft, die in einem Vertragsstaat ansässig ist“:

  1. Personen, die mit Einzelunterschrift oder Kollektivunterschrift ohne Bezeichnung ihrer Funktion im Schweizer Handelsregister eingetragen sind

  2. Personen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, aber aus zivilrechtlicher Sicht eine vergleichbare Leitungs- und Vertretungsbefugnis ausüben wie die ausdrücklich in Artikel 15 Absatz 4 des Abkommens genannten Personen, und deren Umfang mindestens einer Prokura entspricht

Die Konsultationsvereinbarung sieht somit eine weite, funktionsbezogene Auslegung des “leitenden Angestellten” vor.

Wie wird Leitungs- & Vertretungsbefugnis nachgewiesen?

Um bei den Personen, die keinen Handelsregistereintrag haben, die notwendige Leitungs- und Vertretungsbefugnis nachzuweisen, können folgende Dokumente vorgelegt werden: Zirkulationsbeschluss, Unterschriftenreglement oder Unternehmensstatuten. Diese können einen Nachweis über eine Außenvertretungsbefugnis innerhalb des Unternehmens geben, die über eine klassische Handlungsvollmacht hinausgeht.

Dabei müssen die Nachweise nicht zwingend amtlich beglaubigt sein, sondern es genüge, wenn sie im Rahmen einer Gesamtwürdigung ausreichend glaubhaft gemacht werden können.

Einzelfallbeurteilung – Kriterien für leitende Angestellte

Um zu beurteilen, ob ein Angestellter die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz erfüllt, können unter anderem die folgenden Kriterien herangezogen werden:

  • die Höhe des Arbeitslohns,

  • die Einordnung in eine der obersten Gehaltsstufen innerhalb des Unternehmens,

  • die Gewährung und die Höhe einer Gewinnbeteiligung / Gewinntantieme,

  • die Gewährung eines besonderen geldwerten Vorteils,

  • die Anzahl der weisungsgebundenen Personen,

  • Befugnis zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitenden des Unternehmens,

  • Beförderung/Aufstieg verbunden mit einer Änderung oder Erweiterung des Tätigkeitsbereichs,

  • keine Anwendung von gesetzlichen Begrenzungen der Höchstarbeitszeiten

Die Kriterien entsprechen damit im Wesentlichen denen des OECD-Kommentars zu Art. 15 OECD-MA und auch der bisherigen Verständigungspraxis zwischen Deutschland und der Schweiz.

Wichtig: Es müssen nicht alle dieser Kriterien nebeneinander erfüllt sein. Maßgeblich ist eine Gesamtbetrachtung der unternehmensinternen Befugnisse und Umstände im Einzelfall.

Verlängerung der Vereinbarung bis 31. Dezember 2027

Die Laufzeit der Konsultationsvereinbarung wurde nun verlängert bis zum 31. Dezember 2027. Auch über diesen Zeitraum hinaus kann die Vereinbarung verlängert werden, wenn die zuständigen Behörden in Zukunft eine erneute Entscheidung darüber treffen.

Die Konsultationsvereinbarung betreffend die Besteuerung leitender Angestellte in der Schweiz und in Deutschland gilt damit für alle offenen Fälle sowie daran anknüpfende laufende Prüfungen und Veranlagungen.

Bedeutung für Steuerpflichtige und Arbeitgeber

Durch die Verlängerung der Konsultationsvereinbarung gibt es weiterhin:

  • Rechtssicherheit für Unternehmen und Angestellte in grenzüberschreitender Tätigkeit zwischen Deutschland und der Schweiz

  • Konkrete Verteilung des Besteuerungsrechts betreffend leitende Angestellte

  • Vermeidung der Doppelbesteuerung leitender Angestellter

Eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung von Arbeitsvertrag, Befugnissen und Vergütungsstrukturen bleibt jedoch unerlässlich für die Einstufung als leitender Angestellter. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz bleibt im neuen Änderungsprotokoll unverändert, die Konsultationsvereinbarung gilt weiterhin parallel.

Für leitende Angestellte mit schweizerischem Arbeitgeber bleibt das Besteuerungsrecht regelmäßig in der Schweiz, auch bei Homeoffice-Anteilen in Deutschland. Die Vereinbarung schafft Rechtssicherheit bis Ende 2027, ersetzt aber keine Einzelfallprüfung.

 

Weitere Informationen zur Besteuerung grenzüberschreitender Arbeitsverhältnisse finden Sie hier: Internationales Steuerrecht