Bayern klagt gegen die Erbschaftsteuer

Söders Kampf für Regionalisierung und gegen die Vernunft

Höhere Freibeträge, mehr Geld für den Biergarten - dafür soll das Bundesverfassungsgericht sorgen - zumindest in Bayern.

Veröffentlicht am: 23.12.2022
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kennt man sich aus mit der Erbschaftsteuer. Schon häufiger stand ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz infrage. Dabei ging es nicht um die Steuer auf Erbschaften und Schenkungen per se, denn die Erbschaftsteuer ist ausdrücklich in der Verfassung erwähnt. Gestritten wurde vielmehr um ihre konkrete Ausgestaltung – gemessen am Gleichheitssatz von Artikel 3 des Grundgesetzes.

Abstrakte Normenkontrolle, bitte!

Diesmal ist es kein Steuerbürger der nach Karlsruhe zieht, weil er sich ungerecht besteuert fühlt, sondern gleich das flächengrößte Bundesland. Bayern kündigt jetzt einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle an. Mit anderen Worten. Das Erbschaftsteuerrecht soll ohne konkreten Anlass mal von den Richtern auf links gezogen und unter die Lupe genommen werden.

Sollen Reiche etwa mehr Steuern zahlen als Arme?

Markus Söder von der CSU findet es unfair, dass bayerische Grundstücke am Ende genauso bewertet und behandelt werden wie Grundstücke in anderen Teilen Deutschlands. Deshalb will er nicht nur eine allgemeine Erhöhung der Freibeträge für Erbschaften und Schenkungen, sondern auch eine Regionalisierung. Hohe Freibeträge für die reichen Bayern, niedrigere Freibeträge für den armen Rest. Losgetreten wurde die ganze Debatte durch das Jahressteuergesetz 2022, das kürzlich durch die Parlamente gewunken wurde und in einigen Fällen zu einer höheren Bewertung von Immobilien für die Erbschaftsteuer führen wird.

Im Ernst, Herr Söder?

Während die Diskussion um eine allgemeine Erhöhung der Erbschaftsteuer durchaus seriös geführt werden kann, muss man beim Wunsch nach Regionalisierung schon kurz die Welt der Logik verlassen, um Herrn Söder zu folgen. Dass besonders wohlhabende Familien besonders hohe Freibeträge benötigen, oder verdient haben, würde im Ergebnis zu einer umgekehrten Progression führen. Die dürfte außerhalb von Schwabing oder dem Starnberger See kaum auf Verständnis stoßen.

Und was soll der Hanseat in Hamburg-Blankenese denken, wenn er für seine Villa einen niedrigeren Freibetrag bekommt als der Bauer im Oberallgäu für seinen Acker, der zufällig in Bayern liegt? Der steht doch jetzt schon in den Startlöchern für seinen Lauf nach Karlsruhe...