Bayerns Kampf gegen das Erbschaftsteuerrecht

Werden die Elternhäuser jetzt enteignet?

Bayern will bei der Erbschaftsteuer höhere Freibeträge - zumindest für Immobilien in Bayern.

Veröffentlicht am: 09.12.2022
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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„Söder prüft Verfassungsklage gegen Erhöhung der Erbschaftssteuer“ – diese Schlagzeile produzierte der Bayerische Ministerpräsident in einem Interview mit der „Bild“. Söder müsste eigentlich das Zeug dazu haben, vernünftige Beiträge zu steuerrechtlichen Debatten zu leisten – immerhin ist er promovierter Jurist. Aber er ist natürlich auch CSU-Politiker und muss als solcher natürlich eine Klientel bedienen – am besten laut trommelnd.

Auf der Suche nach der Erbschaftsteuererhöhung

Zentrales Reizwort in der Debatte ist die „Steuererhöhung“, die ja nicht sein darf, weil es schon im Koalitionsvertrag so steht. Nüchtern betrachtet, sorgt das Jahressteuergesetzt aber schlicht dafür, dass bestimmte Immobilien, die bisher – zufällig aufgrund des zur Anwendung kommenden Bewertungsverfahrens - deutlich unter ihrem tatsächlichen Wert bei Erbschaften und Schenkungen zu versteuern waren, künftig ebenso besteuert werden wie andere Immobilien oder andere Vermögenswerte. Diese Ungerechtigkeit kann man als Politiker gut ausblenden, Verfassungsrechtlern dürfte das schwerfallen.

Die Drohung aus Bayern, eine „Verfassungsklage“ (was immer das sein mag…Vielleicht eine abstrakte Normenkontrolle?) zu prüfen, ist also eher Polemik. Das gilt auch für von Stimmen aus der Union an die Wand gemalten Enteignungs-Phantasien.

Drohen Deutschland obdachlose Immobilien-Erben?

Söder hat ein Herz für Immobilienerben und wünscht sich „höhere Freibeträge für Erben von Elternhäusern und Wohnungen“ (zumindest für Bayern). Damit erweckt er den Anschein, Erben, die gerne weiter das Elternhaus bewohnen würden, müssten dieses aufgrund der hohen Erbschaftsteuerlast notverkaufen und sich eine andere Bleibe suchen. Ein Blick ins Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz  (§ 13 ErbstG) verrät jedoch, dass Wohnimmobilien, die von erbenden Kindern (bis 200 qm) oder erbenden Ehegatten (unbegrenzt) weiter bewohnt werden, als „Familienheim“ gar nicht der Erbschaftsteuer unterliegen.

Betroffen sind also die Erben, die das Elternhaus bzw. die Elternwohnung nur als Kapitalanlage weiter behalten. Diese steuerlich besser zu stellen als Erben von Geld oder Wertpapieren, wäre schlicht mit dem verfassungsmäßigen Gebot der Gleichheit bei der Steuererhebung unvereinbar.

Höhere Freibeträge für Bitcoin-Millionäre?

Denkt man die CSU-Logik mal zu Ende, müsste man auch andere Bevölkerungsgruppen mit höheren Freibeträgen beschenken, deren Vermögen – ohne eigene Leistung – in den letzten Jahren dank explodierenden Märkte deutlich gestiegen ist. Da fallen einem sofort die Krypto-Spekulanten ein. Deren Bitcoin-Wallets übersteigen doch immer häufiger die läppischen Freibeträge für Erbschaften und Schenkungen. Wann fordert Söder hier endlich spezielle Freibeträge, damit die Krypto-Millionäre nicht alle in Steueroasen auswandern, wo Erbschaften und Schenkungen vom Staat nicht behelligt werden?

Quo Vadis Erbschaftsteuer?

Ob man die Erbschaftsteuer abschaffen, beibehalten oder gar erhöhen soll, ist eine politische Entscheidung, für die jeder mit Argumenten werben kann, in der Hoffnung, dafür die Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat zu erringen. Das Gleiche gilt für die Beibehaltung oder Erhöhung von Freibeträgen für die Erbschaftsteuer. Den Rahmen setzt aber das Verfassungsrecht: Wenn schon Steuern, dann bitte gerecht.