Erbschaftsteuer sparen mit Familienstiftung?

Verspätete Gestaltung kostet Milliarden

Die Familienstiftung ist nur im Ausnahmefall ein Steuersparmodell bei der Nachfolge - und auch dann nur, wenn keine Fehler gemacht werden.

Veröffentlicht am: 01.07.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerberater
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4 Milliarden Erbschaftsteuer, so berichten verschiedene Medien, seien vor kurzem an das Finanzamt Kaufbeuren geflossen. Auslöser war der Erbfall des Unternehmers Heinz Hermann Thiele, dem Inhaber von Knorr-Bremse und Vossloh. Wie konnte es zu dieser historisch einmaligen Erbschaftsteuer kommen? 

Streit um die Familienstiftung

Thiele war im Jahr 2021 verstorben. Zentrales Nachfolgeinstrument sollte die Heinz Hermann Thiele Familienstiftung werden. Zur testamentarischen Nachfolgeregelung wurde von Knorr-Bremse dazu folgendes veröffentlicht: 

"Die Familie Thiele wird auch künftig über eine Stiftung als wichtigste Ankeraktionärin die Kontinuität und den Erfolg der Knorr-Bremse sicherstellen. Gemäß der testamentarischen Verfügung von Heinz Hermann Thiele wird die über Holdinggesellschaften gehaltene Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen (59%) künftig in eine Familienstiftung überführt werden. Eine weitere wesentliche Gesellschafterin der Holdinggesellschaften ist unverändert Thieles Tochter Julia Thiele-Schürhoff. Die Familie Thiele wird damit auch weiterhin mit dem Unternehmen Knorr-Bremse eng verbunden sein. Formal werden die Holding-Anteile des Verstorbenen zunächst von der Ehefrau Nadia Thiele gehalten und kraft Testaments in die Familienstiftung überführt. Die Errichtung der Stiftung soll bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein und durch den Testamentsvollstrecker … umgesetzt werden." 

Es kam zum Erbstreit, da die Ehefrau Nadia Thiele mit der für sie vorgesehenen Rolle in der Familienstiftung und auch mit der Vergütung des Testamentsvollstreckers (im dreistelligen Millionenbereich). Neben den erbrechtlichen Baustellen, gab es aber auch steuerliche Risiken, die sich schließlich realisiert haben. 

Misslungene Asset Protection

Familienstiftungen sind im “Normalfall” eigentlich keine Steuersparmodell. Das liegt an den bescheidenen Schenkungsteuer-Freibeträgen bei Vermögensübertragungen an die Stiftung sowie die Erbersatzsteuer, die alle 30 Jahre für Familienstiftungen anfällt. Dennoch hat sich die Familienstiftung für besonders große Vermögen als Gestaltung zur Vermeidung von Erbschaftsteuer etabliert:

Die großzügigen Steuerbefreiungen für Unternehmenserben (begünstigtes Betriebsvermögen) gelten eigentlich nur bis zu einem einer Grenze von 26 Millionen Euro. Darüber hinaus hilft nur noch die “Verschonungsbedarfsprüfung” des § 28a ErbStG. Die Erben müssen dann dem Finanzamt dann nachweisen, dass sie neben dem geerbten Betriebsvermögen kein weiteres Vermögen haben, mit dem sie die Erbschaftsteuer begleichen könnten. Es gibt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, die dafür sorgen, dass dieser Nachweis gelingt. Eine davon ist die Gründung einer privatnützigen Familienstiftung. Diese erhält die Unternehmensanteile im Nachlass und die Familienmitglieder werden als sogenannte Destinatäre von der Stiftung versorgt - vor allem durch die Unternehmensgewinne. Da die eigens zu diesem Zweck errichtete Stiftung regelmäßig kein weiteres Vermögen hat, kommt sie in den Genuss der Verschonung gemäß § 28a ErbStG.

Im Erbfall Thiele hat das nicht funktioniert - Medienberichten zufolge, weil die Familienstiftung nicht rechtzeitig errichtet wurde. Außerdem gehörten wohl auch in nicht unerheblichem Umfang kleinere Beteiligungen, private Immobilien, Depots etc. zum Nachlass, für die die Spielregeln hinsichtlich der Erbschaftsteuer für Unternehmen nicht gelten. 

Verschonungsbedarfsprüfung verfassungswidrig?

Bei einer gelungenen Gestaltung wäre bei der Familie Thiele wohl kaum oder zumindest deutlich weniger Erbschaftsteuer angefallen. Tatsächlich führen die aktuellen Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts der Erbschaft- und Schenkungsteuer dazu, dass gerade bei den besonders großen Vermögen jenseits der Grenze von 26 Millionen Euro weniger Steuern anfallen als bei den mittleren Vermögen. 

Das daraus resultierende Störgefühl hat dazu geführt, dass das Bundesverfassungsgericht derzeit überprüft, ob die Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer für Unternehmen in der jetzigen konkreten Ausgestaltung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Gut möglich, dass nach der Entscheidung die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Unternehmensnachfolge weniger werden.