Schenkungsteuer bei günstigem Darlehen?

Gemischte Schenkungen im Visier des Finanzamts

Ein unüblich niedriger Darlehen löst unter Umständen als gemischte Schenkung Schenkungsteuer aus. Aber in welcher Höhe?

Veröffentlicht am: 03.06.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater
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Für gewöhnlich versteht man unter einer Schenkung eine Zuwendung ohne Gegenleistung. Es gibt jedoch auch sogenannte gemischte Schenkungen, die neben einem unentgeltlichen Teil noch einen entgeltlichen Teil haben. Wann das bei einem niedrig verzinsten Darlehen der Fall ist und in welchem Fall das Finanzamt darauf Schenkungsteuer in welcher Höhe festsetzen kann, musste vor einiger Zeit der Bundesfinanzhof entscheiden (BFH, Urteil vom 31. Juli 2024 - II R 20/22).

1 Prozent-Darlehen der Schwester an den Bruder

In dem Fall hatte ein Mann den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters übernommen. In diesem Zusammenhang lieh er sich von seiner Schwester 1.875.768,05 Euro. Der Darlehensvertrag sah eine Verzinsung in Höhe von 1 Prozent vor und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. 

Von dem Geschäft erfuhr das Finanzamt und setzte Schenkungsteuer fest. Es sah in der Überlassung des Geldbetrages eine freigebige Zuwendung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1 Prozent und dem Zinssatz für die Nutzung einer Geldsumme gemäß § 15 Absatz 1 BewG in Höhe von 5,5 Prozent. Diesen Nutzungsvorteil von 4,5 Prozent multiplizierte das Finanzamt - aufgrund der ungewissen Dauer - unter Heranziehung des § 13 Absatz 2 Halbsatz 2 BewG mit dem 9,3-fachen Jahreswert und kam so zu einer steuerpflichtigen Schenkung im Wert von 785.008,91 Euro. Da der Schenkungsteuer-Freibetrag unter Geschwistern nur 20.000 Euro beträgt und ihr Steuersatz bei Schenkungen in dieser Größenordnung 30 Prozent beträgt, errechnet sich so eine  Schenkungsteuer in Höhe 229.500 Euro

BFH reduziert die Schenkungsteuer von 229.500 Euro auf 59.140 Euro

Der Darlehensnehmer wehrte sich erfolglos gegen die Steuer mit einem Einspruch gegen den Steuerbescheid und einer Klage beim Finanzgericht. Erst die Revision beim BFH hatte Erfolg. Die Richter sahen zwar in dem Darlehen ebenfalls eine gemischte Schenkung, bewerteten aber den unentgeltlichen Teil anders als das Finanzamt und das Finanzgericht. Die 5,5 Prozent gemäß § 15 Absatz 1 BewG, so der BFH, dürften nach dem Wortlaut der Norm nur dann zur Anwendung kommen, “wenn kein anderer Wert feststeht”. Bereits das Finanzgericht habe für den Zeitraum der Darlehensvergabe aber einen effektiven marktüblichen Zinssatz von 2,81 Prozent festgestellt. Die Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz betrage daher nur 1,81 Prozent. 

Auf dieser Grundlage ergibt sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 295.700 Euro. Dieser liegt knapp unter der Progressionsstufe von 300.000 Euro, sodass der Steuersatz lediglich 20 Prozent beträgt und die festzusetzende Schenkungsteuer im Ergebnis nur 59.140 Euro. 

Schenkung, Darlehen, Kauf - auf den Wortlaut kommt es nicht an

Bei Vermögensverschiebungen und Transaktionen innerhalb der Familie versuchen Beteiligte nicht selten, steuerlich einen Vorteil zu erzielen, indem sie Geschäfte mit vermeintlich steuerlich attraktiven Bezeichnungen versehen, also z.B. Kauf oder Darlehen statt Schenkung. Das Finanzamt lässt sich dadurch jedoch in der Regel nicht auf die falsche Fährte führen. Es gibt aber gerade im Bereich der Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer eine Reihe von etablierten Gestaltungsmöglichkeiten, mit der sich eine drohende Steuerlast reduzieren lässt. 

Der obige Fall zeigt, dass besondere Vorsicht bei Geschäften außerhalb der Kernfamilie geboten ist, da hier die hohen Freibeträge für die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer von Ehegatten (500.000 Euro) und Kindern (400.000 Euro) und die niedrigen Steuersätze für Erwerber der Steuerklasse I nicht zur Anwendung kommen.