Finanzgericht konkretisiert verdeckte Gewinnausschüttung

Wann ist ein Beraterhonorar an Verwandte unüblich?

Veröffentlicht am: 22.04.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wann ist ein Beraterhonorar an Verwandte unüblich?

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Tiefe Einblicke in deutsche Familienverhältnisse in Münster und die Höhe eines typischen Beratergehalts in der Region verspricht das jüngste Urteil des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 16.01.2020, Az. 10 K 3930/18), in dem die Richter darüber sinnieren, wer eigentlich uns „nahestehende Personen“ im Sinne des Gesetzes sind.

Insolvente Tante als Geschäftsführerin

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt ist komplex – wir wollen versuchen, ihn soweit möglich zu vereinfachen. Klägerin ist eine Unternehmergesellschaft (UG), . Die Alleingesellschafterin bestellte als Geschäftsführerin ihre Tante. Über das Vermögen der Tante lief zu diesem Zeitpunkt bereits ein Privatinsolvenzverfahren.

Im Geschäftsführervertrag wurde ein jährliches Gehalt von 18.000 EUR für eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. In den folgenden Jahren wurde dieses Gehalt aber immer wieder durch Gesellschafterbeschlüsse erhöht, die allein von der Tante selbst als Frendgeschäftsführerin unterzeichnet wurden.

Nachträglicher Beratervertrag mit horrendem Honorar

Zuletzt änderte die Tante ihr Gehalt dahingehend, dass ihr ab Juni 2013 ein noch festzusetzendes Beraterhonorar gezahlt werden sollte. Am 1.11.2014 schlossen sie einen Beratervertrag mit der Gesellschaft über eine Vergütung von 30 EUR pro Stunde zzgl. Umsatzsteuer.

Bis zum Ende des Jahres 2013 verbuchte die Tante ein Honorar von 60.000 EUR netto. Ende 2015 übertrug die Alleingesellschafterin ihrer Tante ihren gesamten Geschäftsanteil zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 EUR.

Hintergrund: Die verdeckte Gewinnausschüttung

Das Finanzamt beurteilte daraufhin das Beraterhonorar als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Die verdeckte Gewinnausschüttung ist ein Rechtsinstitut des Steuerrechts, durch das Vermögensverlagerungen zwischen einer Körperschaft und ihren Anteilseignern einer sachgemäßen Besteuerung zugeführt werden sollen.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung soll insoweit genau die gleichen Folgen haben wie eine offene Gewinnausschüttung. Der  Kapitalgesellschaft wird damit die Möglichkeit genommen, Steuervorteile auszunutzen.

Voraussetzungen der vGA

Basierend auf der hierzu ergangenen Rechtsprechung liegt eine vGA vor, wenn

  1. bei der Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung vorliegt,
  2. die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
  3. sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (den Gewinn) der Kapitalgesellschaft auswirkt und
  4. in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.

Vermögensminderung durch Leistung an nahestehende Person

Eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung liegt vor, wenn sich eine Transaktion zwischen Gesellschaft und Gesellschafter auf das Bilanzergebnis bzw. auf die Gewinn- und Verlustrechnung ausgewirkt hat oder hätte auswirken sollen, was auch bei einer vGA in Form der verhinderten Vermögensmehrung der Fall ist.

Die einfachste Fallgestaltung ist die Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Geldern ohne jede Gegenleistung. Aber auch die Erbringung von Leistungen durch die Gesellschaft an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person ohne entsprechende Gegenleistung stellt eine vGA dar.

Kriterien für nahestehende Personen

Das Finanzgericht nahm die Tante ohne weiteres als eine der Alleingesellschafterin nahestehende Person an. Sie sei einzelvertretungsberechtigt gewesen und habe diesen ihr zustehenden weiten Handlungsspielraum auch für sich ausgenutzt.

Sie sei die einzige Akteurin in dem Unternehmen gewesen, wodurch es an einem natürlichen Interessengegensatz zwischen der Gesellschaft und der Geschäftsführerin gefehlt habe. Dementsprechend sei ihr die Gesellschaft trotz Abschluss ihrer Privatinsolvenz übertragen worden.

Der Fremdvergleichsgrundsatz: Unüblich hohes Gehalt

Zwar führt nicht jede vertragliche Beziehung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft automatisch zu einer vGA. Halten die vertraglichen Regelungen dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz stand, wird das Vertragsverhältnis von der Finanzverwaltung anerkannt und hat keine besonderen Folgen für die Gesellschaft oder den Gesellschafter. Nur der Leistungsaustausch zu unüblichen Konditionen löst eine vGA aus. Je unüblicher die jeweiligen Konditionen sind desto mehr spricht im Ergebnis für eine vGA.

Das Gehalt hielt diesem Vergleich aber vorliegend nicht stand. Es liege bereits keine im Vorhinein abgeschlossene zivilrechtlich wirksame Vereinbarung vor, so das Gericht. Darüber hinaus sei der Vertrag aber auch unwirksam, weil hierfür die Gesellschafterversammlung und nicht der Geschäftsführer zuständig gewesen sei.

Schließlich sei der Vertrag aber auch nicht nachgewiesenermaßen durchgeführt worden. Es sei nicht erkennbar, dass die Tante einer separaten Beratertätigkeit unabhängig von ihrer regulären Geschäftsführertätigkeit nachgegangen sei.