Erbschaftsteuererklärung vs. Schenkungsteuererklärung

Krasse Wertunterschiede nach den Bewertungsverfahren für Immobilien

Nach unserer Erfahrung in der Praxis ergeben sich bei der Bewertung von Immobilien für die Erbschaftsteuererklärung oder Schenkungsteuererklärung teilweise heftige Unterschiede im ermittelten Wert.

Veröffentlicht am: 19.11.2019
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Hamburg
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Beispiele aus der anwaltlichen Praxis

Hier einmal zwei Beispiele aus Köln und Berlin - für Köln mit besonders weit divergierenden Bewertungen aus unserer Praxis:

Wohnung in Lindenthal, Köln, 60 Quadratmeter, Haus Baujahr 1938

  • Vergleichswert: 772.200 €
  • Sachwert: 253.300 €

Wohnung am Prenzlauer Berg, Berlin, 46 Quadratmeter, Haus Baujahr 1900

  • Vergleichswert: 507.465 €
  • Sachwert: 341.820 €

Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren oder Sachwertverfahren

Welches Bewertungsverfahren für die Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer anzuwenden ist, gibt das Bewertungsgesetz vor. Immobilien sind für die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer entweder im sog. Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren oder Sachwertverfahren zu bewerten. Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungen (WEG) und Teileigentumseinheiten sind grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten, wenn kein Vergleichswert vorliegt nach dem Sachwertverfahren.

Das Bewertungsgesetz normiert damit einen Vorrang für das Vergleichswertverfahren vor dem Sachwertverfahren.

Ob ein Vergleichswert wirklich vorliegt, sollte angesichts der Tatsache, dass das Sachwertverfahren regelmäßig niedrigere Bewertungen ergibt, kritisch hinterfragt werden.

Finanzgericht Köln zweifelt Ergebnis des Finanzamtes an

In einer jüngst veröffentlichen Entscheidung des Finanzgerichts Köln hatte dieses im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bewertung durch das Finanzamt im Vergleichswertverfahren geäußert.

Im zu entscheidenden Fall waren die Werte nach Sachwertverfahren und Vergleichswertverfahren ebenfalls deutlich unterschiedlich, nämlich durch die Steuerpflichtigen in der Erbschaftsteuererklärung nach dem Sachwertverfahren ermittelten 173.053 € und durch das Finanzamt im Steuerbescheid nach dem Vergleichswertverfahren angesetzten 312.420 €.

Sachwertverfahren ist vorzuziehen

Bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind solche Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich ihrer wertbeeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Genau hieran kann es fehlen und daher sollte nach unserer Auffassung immer zunächst im Sachwertverfahren der Wert der Immobilie für die Erbschaftsteuererklärung oder Schenkungsteuererklärung ermittelt werden, um dann abzuwarten, ob und mit welchen Vergleichswerten das Finanzamt den Wert ansetzt. In einem Einspruchsverfahren kann dann das Finanzamt gezwungen werden die Grundlagen ihrer Ermittlung im Vergleichswertverfahren aufzudecken.