Diverse Risiken bei Gestaltung des Franchisevertrages

Franchiserecht als eigenständiger und komplexer Teil des Vertriebsrechts

Alles zum Franchiserecht als eigenständigem und komplexem Teil des Vertriebsrechts inklusive diverser Risiken bei der Gestaltung des Franchisevertrages erfahren Sie in diesem Artikel.

Veröffentlicht am: 12.04.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Hamburg
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Das Franchiserecht kann wegen zahlreicher Anknüpfungspunkte zu anderen Rechtsgebieten als ein Schnittmengenrecht bezeichnet werden kann, was für den Franchisevertrag in gleicher Weise zutrifft. Bei diesem handelt es sich um einen Vertrag, der sich nach den Bedürfnissen des Rechts- und Wirtschaftsverkehr entwickelt hat und unter Berücksichtigung angrenzender gesetzlich geregelter Vertragstypen zu beurteilen ist. Damit ist der Franchisevertrag als typengemischter Vertrag und gleichzeitig als ein „Dauerschuldverhältnis“ zu qualifizieren.

Zahlreiche Schnittmengen zu anderen Rechtsgebieten

Der Vertragstyp des Franchisevertrages ist bis dato nicht gesetzlich geregelt. Zahlreiche einzelne Rechtsgebiete, die gleichsam als Bausteine des Franchiserechts anzusehen sind, fließen in die inhaltliche Gestaltung eines Franchisevertrages mit ein, und zwar unter anderem:

  • Das Zivilrecht sowohl bei den Grundsätzen der vorvertraglichen Aufklärung vor dem jeweiligen Abschluss eines Franchisevertrages als auch bei Beendigung eines Franchisevertrages, wenn es zum Beispiel um die Kündigungsregelungen, insbesondere das Recht zur fristlosen Kündigung eines Franchisevertrages gem. § 314 BGB geht und zudem auch bei der Sittenwidrigkeitskontrolle eines Franchisevertrages gemäß 138 BGB.
  • Das AGB-Recht bei der notwendigen Angemessenheitskontrolle eines Franchisevertrages sowie der erforderlichen Transparenz der einzelnen vertraglichen Regelungen.
  • Das Kartellrecht bei der Qualifizierung und Einstufung der Aspekte der Bezugsbindung und der vorgesehenen Preispolitik innerhalb eines Franchisesystems.
  • Das Handelsrecht, zumal es die Selbständigkeitskriterien für einen Franchisenehmer und dessen Beendigung des Franchisevertrages tangiert, ebenso bei der Frage des etwaigen Bestehens eines Ausgleichsanspruchs nach Handelsvertretergrundsätzen analog § 89 b HGB.

Hierneben spielen auch weitere Rechtsgebiete wie zum Beispiel das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Markenrecht, Mietrecht und weitere Rechtsgebiete eine Rolle.

Franchiserecht und AGB-Recht

Da Franchiseverträge in einer Vielzahl von Fällen vom Franchisegeber vorgegeben werden, sind sie demgemäß als „Formularverträge“ i. S. v. § 305 BGB einzustufen, welche der Inhaltskontrolle unterliegen.

Zu überprüfen gilt es, ob eine bestimmte Klausel eines Franchisevertrages den Franchisenehmer unangemessen benachteiligt oder hingegen das Transparenzgebot nicht beachtet wurde. Ob eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen ist, wird nach ständiger Rechtsprechung durch eine Interessenabwägung festzustellen sein. Dabei ist einerseits das Interesse des Franchisegebers an einer straffen Organisation innerhalb seines gewählten Vertriebssystems mit umfassenden Kontroll-, Weisungs- und Informationsmöglichkeiten zu berücksichtigen, andererseits das Interesse des Franchisenehmers an Selbstständigkeit und wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit.

Franchiserecht und Handelsvertreterrecht

Mittels inhaltlicher Ausgestaltung des Franchisevertrages ist die Selbständigkeit des Franchisenehmers zu gewährleisten. Hierbei kann analog zu § 84 HGB auf die Kriterien abgestellt werden, mittels derer die Selbständigkeit des Handelsvertreters beurteilt wird.

Ein Franchisevertrag darf mithin nicht so formuliert sein, dass der Franchisenehmer als Arbeitnehmer seine Dienstleistungen im Rahmen eines freiwillig eingegangenen privatrechtlichen persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses gegenüber dem Franchisegeber erbringt. Vielmehr muss der Franchisenehmer seine Eigenorganisation innerhalb des Franchisesystems organisieren und darf in seinem Geschäftsbetrieb so agieren, wie er sich dies vorstellt und auch seine Arbeitszeit selbst festlegen kann. Insgesamt übernimmt der Franchisenehmer ein eigenes unternehmerische Risiko und hat seine Gewinne aus der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der von ihm zu vertreibenden Dienstleistungen oder Produkte des Franchisesystems zu erzielen.

Franchiserecht und Kartellrecht

In der Regel stellt ein Franchisesystem sich als vertikalesVertriebssystem dar, das durch vertikale Vereinbarungen zwischen dem Franchisegeber und dem handelnden Franchisenehmer gekennzeichnet ist. Hierunter sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Form von Vertragsklauseln zu verstehen, die vor allem den Franchisenehmer in seinem Verhalten im geschäftlichen Verkehr binden.  

Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Bezugsbindungen, wodurch sich der Franchisenehmer dazu vertraglich verpflichtet, bestimmte Waren oder Sortimentsteile vom Franchisegeber oder von zum Franchisesystem gelisteten Lieferanten einzukaufen. Solche Bezugsbindungen sind für Franchiseverträge anerkannt und vom Kartellrecht nicht verboten, dürfen aber nicht zur Untersagung von Querlieferungen innerhalb eines Franchisesystems führen, da diese rechtlich nicht erlaubt sind.

Franchisegeber dürfen ferner ihren Franchisenehmern nicht die Verkaufspreise für die zu vertreibenden Waren oder Dienstleistungen vorschreiben. Lediglich unverbindliche Verkaufspreisempfehlungen sind hier erlaubt. Gleichzeitig ist es dem Franchisegeber auch gestattet, Höchstpreise vorzugeben. Allerdings darf eine solche Preisempfehlung nicht dazu genutzt werden, um eine Preisbindung für das gesamte Franchisesystem zu etablieren.

Maßgeblich für die Vertragsgestaltung ist die gewünschte Umsetzung in der Praxis

Anhand der vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass bei der Gestaltung eines Franchisevertrages der Blick des Franchisegebers sich sinnvoller Weise immer daran orientiert, wie das von ihm gewählte Vertriebskonzept in der Praxis umgesetzt werden soll.

Entschieden werden muss von ihm hierbei die Frage, ob mit Handelsvertretern oder Franchisenehmern zusammengearbeitet werden soll. Ferner gilt es zu klären, ob eine Bezugsbindung von Waren vereinbart werden soll und ob der Franchisenehmer das Recht zum Absatz von eigenen Produkten eingeräumt wird.

Wie immer, wenn es um das liebe Geld geht, wird entscheidend sein, welche Klauseln zur Preispolitik Bestandteil des Franchisevertrages werden sollen. Schließlich ist vertraglich zu definieren, in welcher Weise der Know-how-Transfer und die Übertragung vorhandenen Schutzrechte wie zum Beispiel Markeneintragungen in das Franchisesystem zu erfolgen hat.

Der Franchisevertrag lebt nach Abschluss im Idealfall sodann von einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Franchisegeber und Franchisenehmer nebst beiderseitigen Gewinnen. Angesichts der dargestellten Vielschichtigkeit der Themen und Rechtsgebiete innerhalb eines Franchisesystems bleibt ein Risiko, dass sich die Parteien uneins bezüglich einzelner Aspekte werden, durchaus immanent. Dann rücken die Themenfelder etwaiger Pflichtverletzungen und die Möglichkeit zur Beendigung des Franchisevertrages in den Vordergrund.