Don't f*ck the Fiskus

Wie die Finanzämter die Prostitution regeln

Das horizontale Gewerbe wird nicht nur scherzhaft so genannt. Die Tätigkeit von Frauen, die auf eigene Rechnung als Prostituierte arbeiten, wird vom Finanzamt tatsächlich als Gewerbe eingestuft. Entsprechend muss auch Gewerbesteuer abgeführt werden. Das sehen auch die Gerichte so. Wie bürokratisch wird der Sex mit Huren?

Veröffentlicht am: 06.07.2017
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg
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Jeder Besuch eines Freiers ist aufzuzeichnen

Das Hamburger Finanzgericht stellte kürzlich klar, dass eine Sexarbeiterin dazu verpflichtet ist, jeden einzelnen „Geschäftsvorfall“ schriftlich aufzuzeichnen. Anders sei eine Einnahmen-Überschussrechnung nicht möglich. Klingt nach interessantem Lesestoff für Steuerberater und Finanzbeamte.

Drei oder fünf Freier am Tag?

Vor dem Gericht stritt eine Hamburger Prostituierte, die bereits seit mehreren Jahren auf eigene Rechnung in einem Laufhaus tätig war. Eine Steuererklärung hatte die Frau nie abgegeben, bis eines Tages die Finanzfahndung vor der Tür stand. Da die Klägerin keinerlei Buchführungsunterlagen vorlegen konnte, erließ die Finanzbehörde Schätzungsbescheide über ihr Einkommen.

In einem ersten Bescheid ging die Behörde von 20 Arbeitstagen im Monat aus, an dem die Frau im Schnitt 3 Kunden für jeweils 160 € bediente. Mit dieser Schätzung lag die Behörde in den Augen der Klägerin deutlich über der Realität. In Folge ihres Widerspruchs korrigierte die Behörde die Zahlen nach unten und ging von nur noch 11 Arbeitstagen im Monat aus, an denen die Klägerin jeweils 5 Kunden für durchschnittlich 130 € bediente. Auch diese Berechnung war der Klägerin zu hoch. Sie zog vor das Finanzgericht.

Ein Puff ist kein Kiosk

Ohne Erfolg. Das Gericht befand die der Schätzung zugrunde gelegten Zahlen für realistisch. Das Argument, dass es aufgrund „branchenüblicher Besonderheiten“ schwierig und nicht praktikabel sei, jeden Geschäftsvorgang zu quittieren und aufzuzeichnen, ließen die Hamburger Richter auch nicht gelten.

Genauso wenig hielten sie wohl den Vergleich zu kleineren Einzelhandelsläden für zulässig. Verkaufen diese an eine Vielzahl von nicht bekannten und nicht feststellbaren Personen, sind sie von der strengen Aufzeichnungspflicht befreit. Nach Ansicht der Richter bedienen Prostituierte nicht wie in einem Kiosk einen „unbestimmten Personenkreis“. Ihre Kundschaft sei vielmehr begrenzt und individuell bestimmbar.

Wie anonym bleibt käufliche Liebe?

Die wirklich spannende Frage, ob im Rahmen der erforderlichen Buchführung auch die Identität der Freier festgehalten werden muss, wollte das Gericht nicht entscheiden. Da die Klägerin bereits die Mindestanforderungen nicht erfüllt habe, also keine Aufzeichnungen der konkret erbrachten Leistungen und ihrer Bareinnahmen vorlegen konnte, fühlte sich das Gericht nicht dazu berufen die generellen Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht zu konkretisieren.

Damit hielt sich das Gericht strikt an die steuerlich relevanten Fragen und die Anonymität der Freier scheint vorerst gewahrt. Ob es unter dem neuen Prostitutionsschutzgesetz zu veränderter Rechtsprechung im Steuerrecht kommen wird, bleibt abzuwarten. Die Prostituierten können sich bei ihrem Steuerberater auf dem Laufenden halten…