Gemeinsame Mutterschaft
Hubig befürwortet Änderung des Abstammungsrechts
Das Abstammungsrecht bereitet insbesondere lesbischen Paaren erhebliche Schwierigkeiten bei der gemeinsamen Sorge für Kindern. Eine gemeinsame Mutterschaft "kraft Gesetz" ist nicht vorgesehen. Stattdessen muss die Partnerin derjenigen, die das Kind geboren hat, das Kind adoptieren. Dass solche Adoptionsverfahren nicht immer reibungslos verlaufen, zeigen zahlreiche Gerichtsverfahren. Laut Bundesjustizministerin Hubig könnte sich daran künftig etwas ändern.
Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat. Zumindest sieht es so das geltende Abstammungsrecht vor. Dieser Grundsatz steht jedoch bereits seit längerem in der Kritik. Nicht nur widerspreche die Mutterschaftsregelung der heutigen gesellschaftlichen Entwicklung, auch halten viele das Familienrecht bezüglich dieses Punktes für verfassungswidrig. Auch Bundesministerin Stefanie Hubig (SPD) hat ihre Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abstammungsrechts. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte die Bundesjustizministerin, sie könne sich eine Neuregelung des Abstammungsrecht vorstellen.
Komplexe und lange Adoptionsverfahren
Opfer der bisherigen Regelung sind primär lesbische Paare. Wollen zwei Frauen gemeinsam ein Kind bekommen, muss eine der beiden das Kind adoptieren, um die rechtliche Stellung als Elternteil zu erhalten. Ein solches Adoptionsverfahren ist allerdings aufwendig und mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. So wird regelmäßig der biologische Vater des Kindes beteiligt werden müssen, was insbesondere bei einer Zeugung durch eine (private) Samenspende nicht immer gewährleistet werden kann.
Um Familien die Belastung einer Adoption zu ersparen, könne sich Hubig eine Regelung für eine gemeinsame Mutterschaft von Frauenpaaren im Familien- und Abstammungsrecht vorstellen. Vor allem auch, weil das bisherige Verfahren erhebliche Folgen für das Kind haben kann. Stirbt die Mutter bei oder kurz nach der Geburt, hat das Kind unter Umständen gar kein Elternteil.
Keine Regelung der Verantwortungsgemeinschaft
Obwohl Hubig mit der Idee der gemeinsamen Mutterschaft an ein Vorhaben des ehemaligen Bundesjustizministers Marco Buschmann anknüpft, möchte sie nicht alle seine Pläne wieder aufnehmen. Buschmann hatte zu seiner Amtszeit weiterhin eine notariell beurkundete „Verantwortungsgemeinschaft“ vorgesehen. Damit sollten sich Menschen, die zwar keine Liebesbeziehung führen, aber Verantwortung füreinander übernehmen wollen, rechtlich besser absichern können.
Hubig hält dieses Rechtsinstitut für nicht geeignet. Auch wenn es sich zunächst für viele zeitgemäß angehört habe, zeige die Rückmeldung aus Gesellschaft und Wissenschaft, dass ein solches Modell nicht gebraucht werde. Der Mehrwehrt einer solchen Verantwortungsgemeinschaft wäre allenfalls symbolischer Natur gewesen.
Noch keine konkreten Pläne
Ob es tatsächlich zu einer Neuregelung des Abstammungsrecht kommt, bleibt zunächst abzuwarten. Jedenfalls gelang der Ampelregierung trotz konkreter Planungen eine Änderung während ihrer Legislaturperiode nicht.
Der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht nur wenig für das Familienrecht und gar nichts fürs Abstammungsrecht vor.
Trotzdem beschäftigen Fragen der gemeinsamen Mutterschaft die Gerichte nahezu in Regelmäßigkeit. Laut Hubig halten viele Gerichte das geltende Abstammungsrecht in diesem Punkt für verfassungswidrig. Die Bundesjustizministerin würde sich wünschen, „dass wir für sinnvolle Reformen des Familienrechts nicht erst warten, bis das Bundesverfassungsgericht uns dazu eine Aufforderung schickt“.