Wer übernimmt die Haftung für Affiliate-Links von Amazon?

E-Commerce: Rechtliche Besonderheiten beim Affiliate-Marketing

Beim Amazon Affiliate-Marketing bewerben Teilnehmer Amazon-Produkte über andere Seiten, Blogs und Social-Media-Profile. Dafür verlinken sie das beworbene Produkt und kassieren Provision. Aber wer haftet für die Inhalte solche Partnerseiten und Blogs – Amazon oder die Seiteninhaber?

Veröffentlicht am: 29.01.2023
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg
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Viele Influencer oder Webseiten-Betreiber betreiben heutzutage Affiliate-Marketing. Dabei bewerben sie Produkte eines Onlineshops, die sie über einen Affiliate-Link in einem Beitrag, ihrem Profil, einem Video oder auf ihrer Webseite verlinken. Diese Links führen zum Onlineshop, in dem man das Produkt kaufen kann. Werden über diesen Link Verkäufe generiert, bekommt der Verlinkende im Gegenzug eine Provision. Mit entsprechender Reichweite kann das ein profitables Geschäft sein.

Aber was müssen Influencer und andere, die Affiliate-Marketing betreiben, in rechtlicher Hinsicht beachten? Wer haftet für gefälschte Testberichte und unseriöse Tipps auf Partner-Seiten? Einige Fragen beantwortet nun der BGH (Urteil vom 26.01.2023 - I ZR 27/22).

Amazon wegen Affiliate-Programm vor Gericht

Anlass zur Klärung dieser haftungsrechtlichen Frage beim Affiliate-Marketing gab ein Gerichtsprozess zwischen Bett1.de und Amazon. Der Matratzenhersteller klagte über Inhalte von Partner-Seiten, deren Affiliate-Links zu Matratzen auf Amazon führten. Auf diesen Seiten waren sowohl gefälschte Testberichte als auch unseriöse Produkttipps zu finden, in denen auch die Matratzen von Bett1 genannt wurden. Nach Ansicht des Matratzenherstellers wurde so die Bekanntheit und Beliebtheit der eigenen Produkte genutzt, um am Ende Matratzen der Konkurrenz zu verkaufen. Die ersten Versuche, sich gegen diese Masche zu wehren, scheiterten nach Angaben von Bett1 daran, dass die Seitenbetreiber nicht greifbar waren und ihre Identität verschleierten. 

Es stellte sich daher die Frage, ob nicht auch Amazon für problematische Inhalte, die Affiliate-Partner auf ihren Websites oder Social-Media-Profilen bereitstellen, haften muss. Nach diversen Verfahren vor den Oberlandesgerichten hatte nun der BGH zu entscheiden, ob Amazon selbst wegen falscher Inhalte zur Verantwortung gezogen und haftbar gemacht werden kann. 

Bereits im November äußerte der vorsitzende Richter Koch Zweifel an einer Haftung von Amazon. Hierüber haben wir in unserem Beitrag vom 11.11.2022 berichtet, in dem Sie den Sachverhalt noch einmal nachlesen können.

Wie funktionieren Affiliate-Links?

Das Amazon Affiliate Programm funktioniert wie folgt: Teilnehmer registrieren sich im Online-Portal und bekommen von Amazon Links zu Produkten, die bei Amazon gelistet sind. Diese können sie auf ihren eigenen Internetseiten, Blogs oder Social-Media-Accounts verlinken und dort bewerben. Werden über den Link Sales generiert – d.h. klicken Besucher auf den Link und kaufen daraufhin das Produkt –, zahlt der Versandriese je nach Produktkategorie eine Provision von bis zu 12%. Anders als in Handelsvertreterkonstellationen, wird diese Provision nicht vom jeweiligen Händler des Produkts bezahlt, sondern von Amazon selbst.

Der einzelne E-Commerce-Händler hat keine Möglichkeit Einfluss auf das Affiliate-Programm zu nehmen. Amazon selbst macht den Bloggern, Influencern und Seiteninhabern außerdem keinerlei Vorgaben, auf welche Produkte oder Anbieter sie hinweisen dürfen oder nicht. Das heißt zwangsläufig aber auch, dass diese eigenverantwortlich handeln.

BGH-Urteil: Amazon haftet nicht für Affiliate-Inhalte

Infolgedessen sähe die Gesamtsituation so aus: Amazon und Händler heimsen die Umsätze ein, scheren sich aber kein bisschen darum, ob der Kunde über eine seriöse und gut informierte Seite kam oder aufgrund dubioser und gefälschter Testberichte auf das Produkt gestoßen ist. Das wollten die Matratzenhersteller, deren Produkte in einem fragwürdigen Matratzen-Ranking aufgeführt wurden, nicht hinnehmen.

Nun entschied der Bundesgerichtshof, dass Amazon-Anbieter lediglich gegen die einzelnen Seitenbetreiber vorgehen können – nicht aber gegen Amazon selbst. Amazons Teilnahmebedingungen zum Affiliate-Programm sehen zwar vor, dass keine falschen oder irreführenden Angaben über Produkte und Dienstleistungen gestattet sind. Dem müssen die Teilnehmer jedoch selbstverantwortlich Folge leisten. Amazon habe in dieser Hinsicht keinerlei Weisungsmöglichkeiten und mache auch keine inhaltlichen Vorgaben.

Affiliate-Marketing als Vertriebsstruktur bietet rechtliche Gefahren

Nicht zuletzt angetrieben durch die Pandemie gewinnt der Online-Vertrieb an immer größerer Bedeutung. Da Affiliate-Marketing ein - aus juristischer Perspektive - relativ junges Phänomen darstellt, ist die rechtliche Einordnung noch von Unsicherheiten geprägt. Mitunter sind sich Vertragspartner über die konkrete rechtliche Einordnung ihrer Partnerverträge uneins. Dabei kann die Einordnung eines Vertriebsmittlerverhältnisses ganz unterschiedliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. So sind beispielsweise die Ansprüche eines klassischen Handelsvertreters ausdrücklich im HGB geregelt und durch umfassende Rechtsprechung geschärft. Hieraus ergibt sich neben dem Provisionsanspruch auch ein Ausgleichsanspruch nach der Beendigung der Zusammenarbeit. Ein solcher dürfte in klassischen Affiliate-Konstellationen nicht so einfach angenommen werden dürfen.