BGH: wohl keine Haftung von Amazon für Affiliate-Links

Matratzenhersteller will Amazon wegen Affiliate-Lügen in die Pflicht nehmen

Mit dem Amazon Partner-Programm verdienen Affiliates bis zu 12% Provision. Das nutzen einige aus und geben beispielsweise unseriöse Produkttipps - zum Ärger der Hersteller. Ob Amazon für Falschangaben haften muss, hat jetzt der BGH zu entscheiden.

Veröffentlicht am: 11.11.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg
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Affiliate Marketing ist eine weit verbreitete Möglichkeit im Netz Geld zu verdienen. Im Regelfall platzieren Nutzer hierfür Links auf ihrer Webseite, die zu Produkten in Online-Shops oder auf E-Commerce Plattformen führen. Kommt es zum Kaufabschluss, zahlt der Händler dem Partner eine Provision. Prominent vertreten ist hier Amazon mit dem Amazon-Partnerprogramm. Da solche Affiliate-Systeme ein relativ junges Phänomen sind, bestehen noch eine Reihe rechtlicher Unsicherheiten. Eine davon beschäftigt derzeit den Bundesgerichtshof.

Matratzenhersteller geht gegen Amazon vor

Hierbei geht der deutsche Matratzenhersteller Bett1 gegen den Online-Riesen Amazon vor. Konkret moniert Bett1, dass sich Amazon Affiliate-Links auch auf unseriösen Seiten mit teilweise gefälschten Testberichten finden lassen. So habe beispielsweise eine Webseite die Matratze von Bett1 als Testsieger der „besten Matratzen 2019“ auf Platz 1 vorgestellt – allerdings mit dem Bild einer Matratze der Konkurrenz. Der Link zum Kauf über Amazon habe ebenfalls zum Konkurrenzprodukt geführt. Ärgerlich für Bett1.

Kampf gegen Geister – Kein Rankommen an Seitenbetreiber

Ein Vorgehen gegen die jeweiligen Betreiber solcher Seiten sei nicht möglich, so der Bett1-Gründer und Geschäftsführer Adam Szpyt. Diese würden ihre Identität verschleiern und die Angaben im Impressum alle paar Tage ändern - mal USA, Singapur oder auch Rügen. „Wir kämpfen gegen Geister.“ 

Amazon - „die organisierter Verantwortungslosigkeit"?

Die Verantwortung tragen müsse dann eben Amazon. Schließlich gebe es die betroffenen Seiten nur, weil sich über die Affiliate-Links Geld verdienen lasse. Je nach Produktkategorie und monatlichem Umsatz können das bis zu 12% Provision sein. Amazon gehe dabei nicht streng genug gegen Partner vor, die falsche Angaben machen, findet Bett1. Bereits mehrfach klagte der Matratzenhersteller daher vor den Oberlandesgerichten. Nun ging man bis vor den BGH. BGH-Anwalt Ralph Schmitt, der Bett1 in dem Verfahren vertritt, wirft Amazon die „organisierte Verantwortungslosigkeit vor“.

BGH äußert bereits Zweifel an der Haftung

Noch ist die Sache nicht durch, erst am 26.01.2023 soll ein Urteil fallen. Doch bereits jetzt äußerte der vorsitzende Richter Koch Zweifel. Nach der bisherigen Wertung des BGH sei eine Haftung nur geboten, wenn ein Unternehmen die Risiken durch eine Erweiterung seines Geschäftsbetriebes eingegangen ist. So stellt es sich bei Amazon wohl aber gerade nicht dar. Vielmehr seien die Amazon-Partner in der Gestaltung ihrer Seiten und der Linksetzung frei. Sie seien nicht dazu verpflichtet überhaupt Affiliate-Links zu setzen oder sich positiv über die Produkte zu äußern. Im Kern sind die Affiliate-Partner von Amazon also so wenig in den Geschäftsbetrieb des E-Commerce Riesen integriert, dass eine Haftung für deren Handlungen ausscheiden dürfte.

Auch wenn das Urteil im Januar wohl für keine Überraschung sorgen wird, können sowohl Händler als auch Affiliates auf etwas mehr Rechtssicherheit hoffen, was angesichts der steigenden Bedeutung dieses Vertriebssystems auch aus Beratersicht erfreulich ist.

Update: der BGH hat mit Urteil v. 26.01.2023 - I ZR 27/22 erwartungsgemäß entschieden, dass Amazon nicht für irreführende Werbung eines Affiliate-Partners haftet. Mehr dazu lesen Sie hier: Wer übernimmt die Haftung für Affiliate-Links von Amazon?