Keine Erbschaftsteuer bei ausländischem Vermächtnis

Bundesfinanzhof schafft neues Gestaltungsmodell für steuerfreie Immobilienübertragung

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ausländische Vermächtnisnehmer beim Erwerb von inländischen Immobilien keine Erbschaftsteuer zahlen müssen, sofern auch der Erblasser nicht in Deutschland lebt und nicht deutscher Staatsbürger ist.

Veröffentlicht am: 02.03.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Erbrecht in Hamburg
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Der Bundesfinanzhof hat in dieser Woche eine Entscheidung veröffentlicht, welche ausländische Eigentümer von in Deutschland gelegenen Immobilien und deren Berater aufhorchen lassen sollte. Das oberste Gericht für Steuerangelegenheiten entschied, dass Immobilien im Wege der Nachfolgegestaltung durch Vermächtnis steuerfrei an ausländische Vermächtnisnehmer übertragen werden können. Es handele sich hierbei um eine Gesetzeslücke, welche sich ausländische Erblasser zunutze machen können.

Klage der Vermächtnisnehmerin gegen Steuerbescheid erfolgreich

Dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.11.2022 (II R 37/19) lag ein Erbfall einer in der Schweiz lebenden Eigentümerin einer in München belegenden Immobilie zugrunde. Die Erblasserin starb im Jahr 2013 und hinterließ ein Testament, durch welches Sie ihrer in der USA lebenden Nichte die Münchener Immobilie durch ein Vermächtnis zuwendete. Die Nichte nahm das Vermächtnis an und wurde im Jahr 2014 als Eigentümerin der Immobilie im Grundbuch eingetragen. Es dauerte nicht lange, bis das Finanzamt anklopfte und von der Nichte Erbschaftssteuer für den Erwerb der Immobilie forderte. Gegen diesen Steuerbescheid klagte die Nichte und bekam schließlich vor dem Bundesfinanzhof recht: Sie war nicht zur Zahlung einer Erbschaftssteuer verpflichtet.

Grund laut Bundesfinanzhof ist Gesetzeslücke

Auch wenn es einleuchtend erscheint, dass im Ausland lebende Erben ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland normalerweise nicht steuerpflichtig sind und daher vielleicht auch keine Erbschaftssteuer zahlen müssen, ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs für die erbrechtliche Beraterpraxis überraschend. Sofern die in der Schweiz lebende Erblasserin ihrer Nichte die Immobilie nicht durch ein Vermächtnis, sondern durch eine Erbeinsetzung zugewendet hätte, dann wäre die Nichte nach geltendem deutschen Recht gerade verpflichtet gewesen, in Deutschland Erbschaftsteuern zu zahlen.

Der Bundesfinanzhof spricht in diesem Zusammenhang von einer Gesetzeslücke. Wer eine Immobilie erbt, bekommt diese mit dem Tod des Erblassers durch sogenannten Von-selbst-Erwerb, das heißt konkret: Er wird durch den Tod des Erblassers als dessen Erbe automatisch Eigentümer der Immobilie. Für diesen Vorgang fällt trotz des Auslandsbezugs Erbschaftsteuer an. Bei einem Vermächtnis sieht das deutsche Erbrecht einen solchen Von-Selbst-Erwerb gerade nicht vor; ein Vermächtnisnehmer erhält durch den Tod des Erblassers hingegen nur einen Anspruch auf den Vermächtnisgegenstand, das heißt er bekommt lediglich das Recht, die Übertragung des Eigentums von dem Erben zu fordern. Dieses Detail führe laut Bundesfinanzhof gerade dazu, dass die Steuerpflicht gänzlich entfällt.

Achtung: Der Teufel steckt im Detail

Im Ausland lebende Erblasser ohne deutsche Angehörigkeit werden sich diese Entscheidung bei Ihrer steuerorientierten Nachfolgeplanung in Zukunft zunutze machen können. Eine durchdachte Nachfolgeplanung kann erhebliche Steuerzahlungen bei den Vermögensnachfolgern verhindern. Je nach Verwandtschaftsgrad und Verhältnis zum Erblasser können bei Erbschaften Steuern von bis zu 50 % des ererbten Vermögens anfallen.

Aber Achtung: Wie so oft steckt der Teufel im Detail: Der Bundesfinanzhof betont, dass die Gesetzeslücke nur greift, wenn sowohl der Erblasser als auch der Vermächtnisnehmer weder in Deutschland leben noch die deutsche Staatsangehörigkeit haben.

Darüber hinaus gilt die Steuerbefreiung nur dann, wenn nach der konkret geltenden Rechtsordnung ein Vermächtnis auch die gleiche rechtliche Wirkung entfaltet, wie nach deutschem Erbrecht. Meist findet bei einem solchen Auslandsbezug nämlich kein deutsches Erbrecht, sondern das Erbrecht des Staates Anwendung, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn diese Rechtsordnung andere rechtliche Folgen an ein Vermächtnis knüpft als in Deutschland, können dennoch Erbschaftsteuern anfallen, auch wenn keiner der beteiligten Personen in Deutschland lebt. Eine gute Beratung bei der Nachfolgeplanung zahlt sich daher häufig aus.