Kind erbt Familienheim

BFH: Befreiung von der Erbschaftsteuer nur bei unverzüglichem Einzug

Veröffentlicht am: 31.07.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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BFH: Befreiung von der Erbschaftsteuer nur bei unverzüglichem Einzug

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Kolja Schlecht, Fachanwalt für Erbrecht

Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom 28. Mai 2019 (II R 37/16) entschieden, dass eine Steuerbefreiung für ein durch ein Kind geerbtes Familienheim nur dann in Betracht kommt, wenn das Kind diese Immobilie unverzüglich zur Selbstnutzung bezieht. Als unverzüglich im Sinne des Erbschafsteuergesetzes wird noch ein Zeitraum von bis 6 Monaten nach dem Erbfall angesehen. Jedoch führt ein erst späterer Einzug als sechs Monate nach dem Todesfall nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb als Familienheim.

Familienheim nicht größer als 200 qm

Nach den gesetzlichen Vorschriften des § 13 Abs. 1 Nr. 4 c ErbStG entfällt auf eine Wohnimmobilie, die ein Kind des Erblassers (oder dessen Enkelkind, wenn das Kind bereits vorher verstorben ist) erbt (oder im Wege eines Vermächtnisses erhält) keine Erbschaftsteuer, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Erwerb einer bebauten Immobilie von Todes wegen (also nicht bei Schenkungen),
  • die Immobilie befindet sich im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums,
  • der Verstorbenen hat selbst in der Immobilie bis zu seinem Tod gewohnt oder war aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu Wohnzwecken gehindert (z.B. wegen längeren Krankenhausaufenthaltes),
  • die begünstigte Wohnfläche ist nicht größer als 200 Quadratmeter,
  • das Kind bezieht die Immobilie zur Selbstnutzung (Familienheim), d.h. eine Vermietung und eine Nutzung als Zweitwohnsitz oder Ferienwohnung scheiden aus,
  • die Immobilie wird unverzüglich nach dem Tod des Erblassers bezogen,
  • die Nutzung als Familienheim überdauert einen Zeitraum von 10 Jahren (Haltefrist) - andernfalls entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend und vollständig.

Unverzüglicher Einzug – in der Regel nicht mehr als sechs Monate

In dem nun entschiedenen Fall, hatte der Kläger gemeinsam mit seinem behinderten Bruder  seinen am 5.1.2014 verstorbenen Vater beerbt. Zum Nachlass gehörte unter anderem ein Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von unter 200 Quadratmeter, das der Vater bis zu seinem Tod alleine bewohnt hatte.

Auch aufgrund dessen, dass dem behinderten Bruder ein Ergänzungspfleger beigeordnet wurde, schlossen die Brüder erst ein Jahr später am 20.2.2015 einen Vermächtniserfüllungsvertrag, nach dem der Kläger das Alleineigentum an dem Haus erhalten sollte. Im Grundbuch erfolgte eine Eintragung des Klägers als Eigentümer am 2.9.2015. Renovierungsangebote holte der Kläger erst ab April 2016 ein, Bauarbeiten begannen im Juni 2016.

Das zuständige Finanzamt setzte Erbschaftsteuer auf den Wert des Haues fest und lehnte eine Steuerbefreiung für Familienheime nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG ab. Die hiergegen erhobenen Klage, wiesen sowohl das Finanzgericht Münster (Az 3 K 3793/15) als auch der Bundesfinanzhof mit der am 25.07.2019 veröffentlichten Entscheidung (Az.: II R 37/16) ab.

Bundesfinanzhof bestätigt Versagung der Steuerfreiheit

Auch der Bundesfinanzhof versagte mit seinem Urteil die Steuerfreiheit, da der Kläger das Haus auch nach der Eintragung im Grundbuch nicht unverzüglich im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4 c ErbStG zu eigenen Wohnzwecken bestimmt habe.

Er bestätigte zwar seine Rechtsprechung zu dem Begriff „unverzüglich“, als dass unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall als erforderlich angesehen werden kann (BFH Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13). Das Gericht ließ offen, ob die besondere Konstellation mit seinem behinderten Bruder und dem dadurch erst über ein Jahr nach dem Todesfall geschlossenen Vermächtniserfüllungsvertrag einen besonders gelagerten Ausnahmefall begründet haben könnte.

In jedem Fall hielt der Bundesfinanzhof den Umstand, dass der Kläger mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers und mehr als ein Jahr nach dem Abschluss des Vertrages mit seinem Bruder und sieben Monate nach der Grundbucheintragung überhaupt erst Angebote von Handwerkern eingeholt und erst dann mit der Renovierung begonnen hatte, als weit außerhalb der sonst gewährten Fristen an. Da der Kläger auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten habe, wurde seine Klage abgewiesen.

Hinzu kam, dass der Kläger noch nicht einmal bis zum Tag der Verhandlung vor dem Finanzgericht Münster– mithin zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall –das geerbte Haus bezogen hatte.

Wichtig ist zu beachten, dass je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem Einzug des Kindes in die Wohnung/das Haus ist, die Anforderungen an die Darlegung und der Gründe für die verzögerte Nutzung der Immobilie für eigene Wohnzwecke umso höher sind.