Kindeswohl wichtiger als Vaterschaft

EGMR weist Klage von Ex-Liebhaber ab

Veröffentlicht am: 01.08.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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EGMR weist Klage von Ex-Liebhaber ab

Ein Beitrag von Danny Böhm

Auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kann man sich so manches Mal beim Schmunzeln erwischen. So auch in einem aktuell entschiedenen Fall. Der Ex-Liebhaber einer verheirateten Frau hat kein Recht zu erfahren, ob eines ihrer Kinder von ihm ist. Brechen jetzt schwere Zeiten für Liebhaber an?

Als wäre man im Vormittagsprogramm von Privatsendern

Ein Mann hatte 2004 mit einer sechsfachen Mutter eine Beziehung begonnen. Pikanterweise war die Frau die ganze Zeit über verheiratet. Im Jahr 2006 endete die Beziehung und die Frau gebar kurze Zeit später ein gesundes Kind. Dem Ex-Liebhaber wurde der Kontakt zum möglicherweise eigenen unehelichen Kind durch die Eheleute verwehrt. Auch konnte er keinen Vaterschaftstest durchsetzen. Dagegen wehrte er sich zunächst vor den deutschen Gerichten.

Hinsichtlich des Vaterschaftstests blieb er jedoch erfolglos. Dadurch sah er sein Recht auf das Familienleben aus der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt und ging vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die dortigen Richter folgten dem Begehren des Mannes allerdings auch nicht und folgten der Argumentation der deutschen Richter.

Kindeswohl ist gewichtiger als das Informationsbedürfnis

Die EGMR-Richter sahen das Wohl des Kindes in Gefahr, wenn am Ende festgestellt werde, dass es sich nicht um ein Kind des betrogenen Ehemannes handele. Andernfalls könnte die Familie des Kindes zerstört werden. Als Folge müsse die Bundesrepublik Deutschland dem Beschwerdeführer keine Entschädigung zahlen. Das Urteil könne allerdings innerhalb von drei Monaten angefochten werden.

Damit bleibt der europäische Gerichtshof für Menschenrechte seiner alten Rechtsprechung im Familienrecht treu. Schon in früheren Verfahren hatte der Gerichtshof klargestellt, dass die funktionierende Familiengemeinschaft mit einem nicht-biologischen Vater dem Kind mehr Sicherheit bietet als der Liebhaber.

Wichtig sei die gelebte soziale Ordnung der Familie. Vater sei derjenige, der Verantwortung für das Kind trägt, was bei verheirateten Personen in der Regel der Ehemann sei. Der benachteiligte biologische Vater wird daher von den Gerichten als Eindringling angesehen.

Rechtlich einfach - emotional schwierig

Je nach Perspektive des biologischen Vaters kann ein stark vorhandenes Interesse an der Klärung der Vaterschaft bestehen. Durch einen positiven Vaterschaftstest ergeben sich Rechte und Pflichten, die sich über weite Teile des Lebens des Kindes erstrecken. Daneben kann dies auch die emotionale Belastung mindern und zur Wiederherstellung der Normalität beitragen.

Ansonsten bleibt der freundliche Hinweis in diesen Themenbereichen verantwortungsvoll zu handeln. Ein Vaterschaftstest ist immerhin keine Alltäglichkeit und möchte wohl den meisten Herren der Schöpfung erspart bleiben. Die eingangs aufgeworfene Frage, ob nun schwerere Zeiten für Liebhaber anbrechen, kann jedenfalls mangels Bedeutung dahinstehen...