Reform der Vaterschaftsanfechtung
Stärkung der Rechte leiblicher Väter umstritten
Das Bundesverassungsgericht fordert die Stärkung der leiblichen Väter bei der Klärung der Vaterschaft. Die geplante Reform geht dem Deutschen Juristinnenbund aber zu weit.
Die Neuregelung der Vaterschaftsanfechtung soll die Grundrechte leiblicher Väter stärken. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hatte Anfang Juli 2025 einen entsprechenden Gesetzentwurf veröffentlicht. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat sich nun kritisch mit diesem Referentenentwurf auseinandergesetzt.
Abstammungsrecht verfassungswidrig
Die Reform wurde von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angestoßen. Dieses entschied 2024, dass die aktuelle gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten (§ 1600 Abs. 2 Alt. 1 Abs. 3 S. 1 BGB) mit dem Elterngrundrecht leiblicher Väter unvereinbar ist (BVerfG, Urteil vom 9. April 2024 - 1 BvR 2017/21). In dem entschiedenen Fall war die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters an der inzwischen bestehenden sozial-familiären Beziehung des neuen Partners der Mutter und rechtlichen Vater zu dem Kind gescheitert.
Anfechtungsfrist und abgestufte Prüfung
Der Gesetzentwurf will es vor allem leiblichen Vätern dann erleichtern, die Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten, wenn die Anfechtung innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes erfolgt. In diesen Fällen soll ein gegebenenfalls bestehendes sozial-familiäres Verhältnis zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind einer Anfechtung der Vaterschaft nicht mehr im Wege stehen.
Ist das Kind sechs Monate alt, soll die Anfechtung wie bisher weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen sein, soweit zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Ausnahmen davon soll es geben, wenn auch zum leiblichen Vater ein sozial-familiäres Verhältnis besteht oder dieser sich zumindest nachweislich um eine Beziehung bemüht hat. Volljährige Kinder sollen künftig ein wirksames Widerspruchsrecht haben.
Während eines laufenden Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft soll nach dem Referentenentwurf des BMJV keine anderweitige Vaterschaftsanerkennung zulässig sein, wenn nicht der Anerkennende seine leibliche Vaterschaft nachweisen kann. Diese Anerkennungssperre soll einen Wettlauf um die Vaterschaft verhindern.
Juristinnenbund kritisiert Gesetzentwurf
Nicht glücklich mit dem Referentenentwurf zur Vaterschaftsanfechtung ist der djb. Er sieht eine einseitige Stärkung der Rechte von leiblichen Vätern, die zu Lasten der rechtlichen und sozialen Familie des Kindes gehe. Bestehende rechtliche Unsicherheiten für Kinder und Familien würden durch die Reform nicht beseitigt, sonders sogar verstärkt. Bemängelt wird vom djb eine nicht ausreichende Berücksichtigung der Interessen der anderen Beteiligten, also des Kindes, der Mutter und des rechtlichen und sozialen Vaters. So enthalte der Entwurf keine Schutzmechanismen bei Gewalt-, Zwangs- oder Abhängigkeitsverhältnissen zwischen dem leiblichen Vater und der Mutter.
Problematisch sei auch die fehlende Klarstellung, dass Samenspender nicht in den Schutzbereich des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG fallen und ihnen daher kein Recht zur Vaterschaftsanfechtung zustehe.
Video: Vaterschaft
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video die rechtlichen Grundzüge der Vaterschaft - von der Anerkennung über die Anfechtung bis zum Vaterschaftstest.
Wie modern wird das Abstammungsrecht?
Die Reform des Anfechtungsrechts leiblicher Väter zeigt die Komplexität des Abstammungsrechts. Begriffe wie “sozial”, “familiär” und “Bindung” werden individuell unterschiedlich ausgelegt und die in modernen Gesellschaften gelebten familiären Gefüge haben rechtlich ganz eigene Herausforderungen.
Durch das vorzeitige Aus der Ampel-Koalition wurde eine umfassende Reform des Abstammungsrechts erst einmal ausgebremst. In den nächsten Jahren könnte es also in diesem eigentlich dynamischen Rechtsgebiet etwas ruhiger werden.