Klärung der Vaterschaft eines Toten
Postmortale DNA-Entnahme
Die Feststellung einer Vaterschaft hat weitreichende rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen. Daher ist der Wunsch nach einer Klärung nach dem Tod nachvollziehbar - aber rechtlich nicht überall leicht umzusetzen.
Gelegentlich stellt sich die Frage nach der Vaterschaft erst nach dem Versterben des Betroffenen - zum Beispiel um ein mögliches Erbrecht zu klären. Ob ein Leichnam exhumiert werden darf, um eine genetische Probe zur Feststellung der Abstammung zu entnehmen, ist in Europa nicht einheitlich geklärt. Neulich musste die Generalanwältin am EuGH Tamara Capeta zu der Frage Stellung beziehen (Schlussanträge vom 11. September 2025 - C-196/24).
Italiener klagt auf Exhumierung in Frankreich
In dem Fall wollte ein Mann klären lassen, ob ein in Frankreich beerdigter Mann sein Vater war. Diesbezüglich hatte er in Italien auf Feststellung geklagt. Grundsätzlich ist eine solche Zusammenarbeit zwischen Gerichten verschiedener EU-Staaten geregelt (EU-Verordnung 2020/1783). In diesem Fall taten sich die französischen Richter mit dem Antrag auf Beweisaufnahme aber schwer.
Das französische Recht erlaubt nämlich die Exhumierung eines Leichnams, um eine genetische Probe zur Feststellung der Abstammung zu entnehmen, nur ausnahmsweise, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat. Daher rief das französische Gericht den EuGH an, der entscheiden sollte.
EU-Recht verbietet keine postmortalen Proben
Stellung am EuGH bezog nun die Genaralwältin Tamara Capeta. Sie vertritt die Auffassung, Frankreich sei aufgrund der Verordnung 2020/1783 verpflichtet, die Beweisaufnahme am Leichnam vorzunehmen. Ablehnungsgründe lägen nicht vor und auch die Auffassung, dass die nationale Regelung nach französischem Recht eine Frage der öffentlichen Ordnung sei, würde daran nichts ändern.
Im Hinblick auf die EU-Grundrechtscharta stehen sich nauch den Ausführungen der Generalanwältin zwei Rechte gegenüber.
- Das Recht, seine Herkunft zu kennen
- Das Recht auf Achtung des menschlichen Körpers nach dem Tod
Das Recht auf Kenntnis der Herkunft könne aus Art. 7 der Charta hergeleitet werden, der die Achtung des Privatlebens betrifft. Das Recht auf Achtung des Körpers nach dem Tod, sei zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergebe sich aber aus der Menschenwürde des Art. 1 der Charta. Es sei aber kein absolutes Recht und müsse daher abgewogen werden mit dem Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft. Unterm Strich führe eine Abwägung nicht dazu, dass Frankreich die Beweisaufnahme durch postmortale genetische Probenentnahme verweigern darf.
Vaterschaft International
Bei Fragen der Vaterschaft geht es nicht nur um Herkunft und Persönlichkeit. Auch ganz handfeste wirtschaftliche Interessen spielen eine Rolle. Neben Unterhaltsthemen sind hier vor allem Fragen des Erbrechts relevant. Schließlich haben Kinder nach ihrem Vater stets ein gesetzliches Erbrecht und im Falle der Enterbung durch ein Testament ein Pflichtteilsrecht.
In Zeiten der Globalisierung und europäischen Integration haben Fragen der Vaterschaft immer häufiger auch eine internationale Dimension. Da es auch in der Europäischen Union zu dieser Frage keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen gibt, bleibt die Rechtslage bis auf Weiteres häufig unklar.
Video: Vaterschaft
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, wie die Vaterschaft festgestellt bzw. angefochten werden kann und welche rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen sich aus der Vaterschaft ergeben.