Mission Investing als Chance für Stiftungen

Was dürfen gemeinnützige Stiftungen?

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Mission Investing und zeigt, worauf Stiftungen achten müssen.

Veröffentlicht am: 27.06.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht und Spezialist für Gemeinnützigkeit
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Mission Investing, also die Geldanlage in Dinge mit ideellem Nutzen, ist längst kein Nischenthema mehr. Immer mehr gemeinnützige Stiftungen beschäftigen sich mit der Frage, wie sie ihr Vermögen nicht nur sicher und ertragbringend, sondern auch im Sinne ihres Stiftungszwecks anlegen können. Die Idee: Das Stiftungsvermögen soll nicht nur Erträge abwerfen, welche dann für die Zweckverwirklichung der Stiftung eingesetzt werden können, sondern bereits die Geldanlage selbst soll einen gesellschaftlichen Mehrwert „stiften“. 

Doch wie weit dürfen Stiftungen dabei gehen? Wo liegen die rechtlichen Grenzen, und welche Risiken bestehen für die verantwortlichen Stiftungsvorstände?

Mission Investing und Vermögensverwaltung: Grundstockvermögen vs. Mittelverwendung

Zunächst ist zu unterscheiden: Stiftungen verfügen in der Regel, wenn sie keine Anstaltsstiftungen sind, über ein Grundstockvermögen, das dauerhaft zu erhalten und zur Erzielung von Erträgen einzusetzen ist, welche dann für die eigentliche Zweckverfolgung eingesetzt werden können. Das Grundstockvermögen und die daraus erzielten Erträge unterliegen also unterschiedlichen Anlagebedingungen und Zielen. 

Während die Mittelverwendung (z.B. für Projekte oder Förderungen) weitgehend frei, wenn auch streng im Rahmen des Stiftungszwecks, erfolgen kann, unterliegt die Verwaltung des Grundstockvermögens besonderen Investmentvorgaben durch Gesetz und ggf. Satzung. Hier steht der Substanzerhalt im Vordergrund, begleitet von einem sogenannten Admassierungsverbot. Das heißt, die Anlage des Grundstockvermögens muss Erträge abwerfen, die dann für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden können, was thesaurierende Investments weitgehend begrenzt.

Anlagegrundsätze für die Vermögensverwaltung: Was ist erlaubt?

Das Stiftungsrecht verlangt, dass das Grundstockvermögen sicher, aber ertragsbringend, anzulegen ist. Ein häufiges Missverständnis: Die Anlage muss nicht zwingend „mündelsicher“ sein, also ausschließlich in besonders sichere Anlageformen wie Bundesanleihen erfolgen. Vielmehr ist eine breite Streuung und eine angemessene Risikoverteilung zulässig und sogar geboten. Daraus folgt, dass Stiftungen zwar keine hochspekulativen Anlagen erlaubt sind, da das Grundstockvermögen im Grundsatz für die Ewigkeit erhalten bleiben soll, aber auch keine Beschränkung auf extrem sichere Anlagen, die in der Regel nicht genug Ertrag für die Zweckverfolgung abwerfen. 

Ein ausgewogenes Portfolio mit Tendenz zur sicheren Anlage ist in der Regel das übergeordnete Anlageziel. Allerdings dürfen die Anlagen nicht rein thesaurierend sein, sondern müssen laufende Erträge abwerfen, die für den Stiftungszweck verwendet werden können. Reine Wachstumsinvestments ohne laufende Ausschüttungen sind daher problematisch. Die Anlageentscheidung muss sich stets an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und des Substanzerhalts orientieren.

Erweiterte Möglichkeiten durch Mission Investing? – Chancen und Grenzen

Kann eine Stiftung ihr Vermögen gezielt in Projekte oder Unternehmen investieren, die dem eigenen Stiftungszweck besonders nahekommen, auch wenn diese Anlagen weniger rentabel oder riskanter sind? Die Antwort ist differenziert: Grundsätzlich darf die Zweckverfolgung nicht auf Kosten der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit der Vermögensanlage gehen. Mission Investing ist also nur zulässig, wenn die Anlage im Vergleich zu Alternativen in etwa gleich sicher und ertragsbringend ist. Ist dies der Fall, kann die mittelbare Zweckdeckung – also der Impact – den Ausschlag geben. Die Stiftungsorgane können insoweit bei ihrer Ermessensausübung sogar in Richtung Mission Investing gebunden sei, wenn solche Anlageinstrumente zur Verfügung stehen. 

Reine Impact-Investments, die mit erhöhtem Risiko oder geringerer Rendite einhergehen, sind für das Grundstockvermögen dagegen nicht zulässig und können entsprechende Haftung für die Organe nach sich ziehen. Auch Investments, welche dem Zweck der Stiftung zuwiderlaufen (Beispiel: Friedensstiftung investiert in boomende Rüstungsaktien), verbieten sich, selbst wenn sie sonst sicher und ertragreich sind.

Business Judgement Rule

Für die Verantwortlichen einer Stiftung – insbesondere den Vorstand – stellt sich die Frage nach der persönlichen Haftung. Hier gilt seit der Stiftungsreform nun auch von Gesetz wegen die sogenannte „Business Judgement Rule“ und verschafft den Organen mehr Rechtssicherheit auch bei den Investmententscheidungen: Entscheidend ist, ob die Anlageentscheidung auf einer sorgfältigen Informationsbasis und im besten Interesse der Stiftung getroffen wurde. Maßstab ist eine ex-ante-Betrachtung, also die Sicht zum Zeitpunkt der Entscheidung, nicht das spätere Ergebnis. Um sich abzusichern, sollten Stiftungen ihre Entscheidungsprozesse schriftlich dokumentieren: Welche Alternativen wurden geprüft? Wie wurde das Risiko bewertet? Welche Erträge sind zu erwarten? Ausdrückliche Erwähnung, wenn Mission Investing Erwägungen bei der Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt haben. Eine saubere Dokumentation ist der beste Schutz vor späteren Haftungsfragen.

Bankverwaltung oder Einzelinvestments?

In der Praxis erfolgt die Vermögensverwaltung häufig durch Banken oder Vermögensverwalter, die im Rahmen eines Mandats die Anlageentscheidungen treffen. Dennoch sind Einzelinvestments – etwa in Sozialunternehmen oder nachhaltige Projekte – möglich und können sinnvoll sein, insbesondere wenn sie dem Stiftungszweck besonders nahekommen. Voraussetzung ist aber stets, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit beachtet werden. Stiftungen dürfen sich bei Mission Investing gerne von der Begeisterung für den Impact leiten lassen, die allgemeinen Investitionsgrundsätze für Stiftungen jedoch stets als rechtlichen Rahmen vor Augen haben.

Erkenntnisse für die Stiftungspraxis

Mission Investing bietet Stiftungen die Chance, ihren Zweck nicht nur durch die Mittelverwendung, sondern bereits durch die Art der Vermögensanlage zu fördern. Die rechtlichen Grenzen sind dabei jedoch immer zu beachten: Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und laufende Erträge stehen im Vordergrund. Impact kann für die Investmententscheidung das „Zünglein an der Waage“ sein, aber nicht auf Kosten von Sicherheit der Anlage oder Rendite gehen. Für die Praxis gilt: Sorgfältige Prüfung, schriftliche Dokumentation und gegebenenfalls die Einbindung von Experten sind unerlässlich. So können Stiftungen verantwortungsvoll und wirkungsorientiert investieren – ohne rechtliche Risiken einzugehen.