Finanzamt Kassel ist Steuerstraftaten auf der Spur

Auswertung der Pandora-Papers in Hessen

Hessen beginnt mit der Auswertung von 10 Millionen Dokumenten, die zahlreiche Hinweise auf Steuerstraftaten wie Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und Geldwäsche enthalten könnten. Können Steuerpflichtige noch strafbefreiende Selbstanzeige erstatten?

Veröffentlicht am: 20.07.2023
Qualifikation: Steuerberater & Fachanwalt für Steuerrecht in Hamburg
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Die Büchse der Pandora ist geöffnet“, ließ der Hessische Finanzminister Michael Boddenberg verlauten. Denn in Hessen beginnt man nun mit der Auswertung der Pandora Papers. Die hessische Steuerverwaltung befasst sich federführend mit der Analyse und Auswertung der umfangreichen Sammlung von vertraulichen Finanzdokumenten.

Die daraus gewonnen Informationen über Finanztransaktionen und Offshore-Konten sollen Aufschluss über komplexe internationale Finanzstrukturen geben. Ziel ist die aktive Aufdeckung und Bekämpfung von Steuerstraftaten.

Können betroffene Steuerpflichtige einer Anzeige wegen Steuerhinterziehung, Steuerbetrug oder Geldwäsche noch durch eine strafbefreiende Selbstanzeige entgehen?

Daten-Leak soll Steuervergehen ans Tageslicht bringen

Das Hessische Finanzministerium informierte bereits Ende Juni darüber, dass das Land das Daten-Leak gekauft hat. Die Auswertung der Daten erfolgt ebenfalls in Hessen. Im Finanzamt Kassel wird die Forschungsstelle Künstliche Intelligenz federführend für das gesamte Bundesgebiet und auch ausländischen Ermittlungsbehörden tätig. Auch die Auswertung der Panama Papers hatte Hessen damals federführend in nationaler und internationaler Zusammenarbeit durchgeführt.

Seit Ankauf der Pandora Papers im Juni können sich deutsche Ermittler sowie Ermittler aus dem EU-Ausland mit Anfragen in Kassel melden. Zahlreiche Anfragen wurden bereits eingereicht und die ersten Daten an Ermittlungsbehörden weitergeleitet.

Hessen hat Pandora Papers für sechsstelligen Betrag gekauft

Im Jahr 2021 waren die Pandora Papers dem Internationalen Consortium für Investigative Journalisten (ICIJ) zugespielt worden. Der erfolgreiche Ankauf durch die Hessische Steuerverwaltung erfolgte im Juni 2023 in Zusammenarbeit mit dem Zollfahndungsdienst. Die Informationen aus dem Daten-Leak sollen das Land Hessen eine sechsstellige Summe gekostet haben.

Hessen will Steuerhinterziehung, Steuerbetrug & Geldwäsche aufdecken

Auswertungen und Ermittlungsergebnisse der verschiedenen Behörden werden zeigen, wie werthaltig die Pandora Papers aus steuerlicher Sicht tatsächlich sind. Allerdings sind bereits jetzt schon erste Hinweise auf prüfungswürdige Fälle erkennbar.

Insgesamt liegen 3,8 Terabyte an Daten vor. Das sind knapp 10,4 Millionen Dokumente, die zunächst sorgfältig analysiert werden wollen und deren Inhalt dann auf Konformität mit deutschen und internationalen Steuergesetzen überprüft werden muss. Werden Steuervergehen – wie z.B. Steuerhinterziehung, Steuerbetrug oder Geldwäsche – aufgedeckt, leiten Ermittlungsbehörden Strafverfahren gegen die Betroffenen ein.

Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung – strafbefreiend oder strafmildernd?

Zwar wird die Auswertung der Pandora Papers nicht von heute auf morgen beendet sein, sondern sich eher noch ein wenig in die Länge ziehen – Nicht umsonst soll das Personal der zuständigen Forschungsstelle verdreifacht werden! –, jedoch sollten Betroffene, die es mit der Steuererklärung nicht so genau genommen haben, rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um sich vor einer Anzeige bzw. einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung etc. zu schützen.

Ist das zuständige Finanzamt erstmal einer potenziellen Steuerhinterziehung auf die Schliche gekommen, kann es bereits zu spät sein, um vollständig straffrei davonzukommen. Deshalb sollten Betroffene rechtzeitig eine Selbstanzeige(§ 371 AO) erstatten!

Wird sie früh genug und so vollständig erstattet, dass die zuständige Steuerbehörde den Sachverhalt, ohne eigene Ermittlungen anstellen zu müssen, nachvollziehen kann (d.h. die Daten in einem Steuerbescheid auswerten und die Steuer nachfordern kann), bleibt der Steuerpflichtige bei einer wirksamen Selbstanzeige komplett straffrei.

Wurde die Steuerstraftat bereits vom Finanzamt entdeckt oder entsprechende konkrete Ermittlungen gegen den Betroffenen eingeleitet, kann ein Steuerpflichtiger durch eine Selbstanzeige immernoch bewirken, dass das Strafmaß gemildert wird.

In der Praxis stehen die Erfolgschancen einer Selbstanzeige sehr gut, solange das Finanzamt noch keine Ermittlungen eingeleitet hat. Aber auch bei einer Anfrage des Finanzamts gemäß § 208 AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige grundsätzlich noch möglich und erfolgversprechend.