Streit zwischen Stiftungsorganen

Zoff in der Stiftung

Der Streit unter Gesellschaftern oder im Zusammenhang mit Organen einer Gesellschaft birgt für diese oft existenzielle Gefahren. Die Interessen der Gesellschaft treten dabei in den Hintergrund und es dreht sich alles um die individuellen Interessen der Gesellschafter oder Gesellschaftsorgane, wie Geschäftsführer, Vorstände oder Aufsichtsräte.

Veröffentlicht am: 31.12.2021
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
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Ebenso bedrohlich ist es für eine selbständige Stiftung bürgerlichen Rechts, wenn in ihr ein Streit ausbricht. Da diese jedoch keine Gesellschafter hat, sondern sich selbst gehört und vom Vorstand unter Aufsicht der Stiftungsbehörden und etwa vorhandenen Kontrollorganen gesteuert wird, ergeben sich beim Streit um eine Stiftung eine Reihe von Besonderheiten.

Gesellschafterstreit: Stiftung vs. Aufsicht

Der Streit kann sich an einer Entscheidung der Stiftungsaufsicht entzünden, etwa weil diese einen genehmigungsbedürftigen Beschluss der Stiftung (z. B. Satzungsänderung) nicht genehmigt oder Aufsichtsmaßnahmen anordnet, gegen die die Stiftung sich wehren möchte. Hier ergibt sich zunächst die Besonderheit, dass für solche gerichtlichen Streitigkeiten die Verwaltungsgerichte zuständig sind, nicht die Zivilgerichte. Dies ist unter praktischen Gesichtspunkten misslich, da insoweit regelmäßig zivilrechtliche Fragestellungen im Zentrum stehen, worüber dann ein Gericht entscheidet, welches öffentlichen Recht zuhause ist.

Kann ein Streit im Stiftungsrecht auf dem Mediations-Weg gelöst werden?

Andererseits ist es für die Stiftung auch nicht einfach einen geeigneten anwaltlichen Berater zu finden, da die meisten Stiftungsrechtler eher mit Zivilprozessen vertraut sind als mit Verwaltungsgerichtsprozessen für die andere Spielregeln gelten, so zum Beispiel der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz. Auch der in solchen Streitigkeiten oft entscheidende einstweilige Rechtsschutz funktioniert hier anders, insbesondere da Verwaltungsakte von der Behörde selbst vollstreckt werden können oder diese trotz Widerspruch die sofortige Vollziehung anordnen kann.

Auch ist eine Streitschlichtung vor Schiedsgerichten oder im Rahmen einer Mediation, die in der Praxis im Streitfall immer mehr Verbreitung findet, nicht möglich, da der Verwaltungsrechtsweg nicht abbedungen werden kann und die Behörden einem gebundenen Ermessen unterliegen, welches keinen Spielraum für Mediationslösungen bietet.

Kampf der Organe innerhalb der Stiftung

Auch der Streit von Organen bietet im Zusammenhang mit Stiftungen einige Besonderheiten. Dies gilt für die Auseinandersetzung innerhalb von Organen, z. B. Vorstandsmitglied gegen Vorstandsmitglied, wie auch zwischen den Stiftungsorganen, z. B. Vorstand gegen Stiftungsrat (Kuratorium, Beirat etc.). Da hier gesetzlich vieles ungeregelt ist, die Satzungen oft sehr alt und ohne Fokus auf Organstreitigkeiten sind und zudem die Stiftungsaufsicht mit hineinspielt, stellen sich in der Praxis viele gesetzlich und höchstgerichtlich offene Fragen. Leider hat der Gesetzgeber bei der jüngst beschlossenen Stiftungsrechtsreform davon abgesehen, diese Fragen gesetzlich zu regeln, insbesondere eine sog. „actio pro fundatione“ zuzulassen, bei das Stiftungsorgan im eigenen Namen Rechte der Stiftung für diese geltend zu machen.

OLG Frankfurt: Klage von Stiftungsorgan soll gegen Stiftung erfolgen

Zurzeit ist es unklar, ob bei einem Inter-Organ-Streit ein betroffenes Organ das andere Organ oder die Stiftung als eigentlichen Rechtsträger verklagen muss, wenn es seine Rechte, z. B. Kontrollrechte des Kuratoriums gegenüber dem Vorstand, verletzt sieht. Eine Entscheidung des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2018 (OLG Frankfurt am Main Urt. v. 25.9.2018 – 5 U 130/18) favorisiert letzteren Ansatz, allerdings nur für die Klägerseite, da ansonsten ein unzulässiger In-Sich-Prozess der Stiftung droht.

Dies ist jedoch umstritten und es ist unklar, ob andere Gerichte dem folgen würden. Solche offenen prozessualen Fragen gehen grundsätzlich zulasten desjenigen, der seine Rechte verletzt sieht und klagen will. Aufgrund dieser prozessualen Hindernisse kann es taktisch ratsam sein, zunächst die Stiftungsaufsicht einzuschalten und zum Handeln zu bewegen. In der Praxis verhält sich die Stiftungsaufsicht allerdings erfahrungsgemäß sehr zurückhaltend.

Die sorgfältige Ausgestaltung von Satzungen in Bezug auf die Regelung von Streitigkeiten ist angesichts der gesetzlichen Lücken und der Rechtsunsicherheit in diesem Bereich unbedingt anzuraten.

Streit gegen Destinatäre – durch den Stiftungszweck begünstigte Personen

Sofern sogenannte Destinatäre, also durch den Stiftungszweck begünstigte Personen, ihre Rechte gegenüber der Stiftung durchsetzen wollen, kommt es zunächst darauf an, ob diese einen Anspruch auf Leistungen der Stiftung haben oder ob diese in das Ermessen der Stiftung gestellt sind. Gerade bei Familienstiftungen wird aus Gründen des Vermögensschutzes (Asset Protection) oft die letztgenannte Gestaltung gewählt, um den Zugriff von Gläubigern des Destinatärs auf das Vermögen der Stiftung zu verhindern.

In jedem Fall ist den Destinatären der Verwaltungsrechtsweg gegen die Stiftungsaufsicht verwehrt, wenn deren Maßnahmen seine Ansprüche gegen die Stiftung beeinträchtigen, da es an einer subjektiv-öffentlichen Rechtsverletzung fehlt.

Stolperfalle: Gemeinnützigkeit der Stiftung

Bei einem Streit im Zusammenhang mit gemeinnützigen Stiftungen ist oft ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen des Streits auf die Gemeinnützigkeit zu legen. An diese knüpfen sich erhebliche steuerliche Privilegien. Wenn Umstände bekannt werden, die der Gemeinnützigkeit entgegenstehen, dann droht der Wegfall dieser Privilegien. Bei groben Verstößen können diese sogar rückwirkend für die letzten 10 Jahre entfallen. Dies bedeutet regelmäßig eine existenzielle Bedrohung der Stiftung und kann zudem für die verantwortlichen Organe unabsehbare Haftungsfolgen – auch strafrechtlicher Natur – nach sich ziehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die verantwortlichen Organe unbedingt rechtzeitig handeln sollten – „wehret den Anfängen“ statt „Augen-zu-drücken“ muss hier das Motto sein. Andererseits ist unter diesem Gesichtspunkt auch besonderes Augenmaß gefordert, wenn Vorwürfe erhoben werden, die die Gemeinnützigkeit der Stiftung gefährden können. Andererseits bietet die Gemeinnützigkeit besondere taktische Spielräume für den steuerlich versierten anwaltlichen Berater beim Stiftungsorganstreit, da darüber entsprechende Hebel angesetzt werden können.