Testamentsvollstreckung beim Württemberger Testament

Voraussetzungen für eine Entlassung

Veröffentlicht am: 08.12.2025
Qualifikation: Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht

Es gibt Konstellationen, in denen sich testierende Eheleute nicht gegenseitig als Alleinerben bedenken, sondern schon im ersten Erbfall die Kinder als Erben einsetzen. Die Absicherung des Längerlebenden erfolgt dann durch ein Nießbrauchsvermächtnis und Testamentsvollstreckung.

Beim gemeinsamen Württemberger Testament setzen sich Ehegatten nicht zunächst als Alleinerben ein, sondern direkt die Kinder. Der überlebende Ehegatte bekommt aber den Nießbrauch am Nachlass und wird Testamentsvollstrecker. Wann in dieser Konstellation eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, die eine Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigt, entschied Ende November das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 27. November 2025 - 21 W 93/25). 

Nießbrauch und Testamentsvollstreckung im Ehegattentestament

In dem Fall hatte ein Ehepaar gemeinsam beim Notar eine letztwillige Verfügung errichtet. Dabei entschieden sie sich nicht für das klassische Berliner Testament, bei dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzen und erst beim Tod des Letztversterbenden die drei gemeinsamen Kinder als Schlusserben zum Zuge kommen. Vielmehr errichteten sie ein sogenanntes “Württemberg Testament”: Sie benannten direkt ihre Kinder als Erben und räumten gleichzeitig dem überlebenden Ehegatten einen Nießbrauch am Erbe ein, der auch als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde. Als der Ehemann verstarb, beantragte die Witwe ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Eine Tochter bestand dagegen auf die Entlassung der Mutter als Testamentsvollstreckerin. Diese, so das Kind, habe bei der Verwaltung der Immobilien im Nachlass verschiedene Pflichtverletzungen begangen.  

Besonderheiten der Vollstreckung beim Württembergischen Testament

Tatsächlich wurde die Mutter vom Nachlassgericht aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin entlassen. Das nahm sie jedoch nicht hin und legte Beschwerde beim OLG Frankfurt a.M. ein, das ihr recht gab. Das Gericht sah keinen Entlassungsgrund nach § 2227 BGB

§ 2227 BGB | Entlassung des Testamentsvollstreckers

“Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.”

Weder eine grobe Pflichtverletzung noch die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung konnte das OLG der Mutter attestieren. Dabei seien die Besonderheiten des Württembergischen Testament zu berücksichtigen. Schließlich würden die Eheleute bei dieser Art von letztwilliger Verfügung ja ausdrücklich die Doppelrolle des überlebenden Ehegatten als Nießbrauchsnehmer und Testamentsvollstrecker wollen. 

Außerdem würden die Erträge aus dem Erbe hier ja der nießbrauchsberechtigten überlebenden Ehefrau zukommen und gerade nicht den Erben. Etwaige Unzulänglichkeiten diesbezüglich seien daher kein Grund für eine Entlassung, solange nicht die Substanz bzw. der Erhalt der vererbten Immobilien betroffen sei. Insoweit habe der Testamentsvollstrecker einen breiten Entscheidungsspielraum. Die Witwe müsse “nur dann im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung auf eine Substanzerhaltung hinzuwirken und eine solche gegebenenfalls durch einen Duldungsanspruch gemäß § 1044 BGB durchzusetzen, wenn dies zur Abwendung erheblicher Nachteile für die Eigentümer erforderlich wäre”. Hierfür sah das OLG jedoch keine Anhaltspunkte. 

Württemberger Testament - eine gute Wahl?

Das württembergische Modell ist in der Praxis eher selten anzutreffen. Dabei ist es in vielen Konstellationen durchaus eine Alternative, über die man nachdenken sollte. Geeignet ist es zum Beispiel für einige Patchwork-Familien oder auch zur erbschaftsteuerlichen Optimierung der Nachlassplanung. Welche Erbfolgeregelung im Einzelfall passt, sollte gerade bei größeren Familienvermögen stets sowohl nach rechtlichen als auch nach steuerlichen Erwägungen entschieden werden. 

Das Württemberger Modell

Wichtige Regelungen im württembergischen Testament (vereinfachte Darstellung)

Erbeinsetzung
Jeder von uns setzt unsere gemeinsamen Kinder (...) zu seinen alleinigen Erben ein.

Nießbrauchsvermächtnis
Der Längerlebende von uns bekommt an allen Wirtschaftsgütern des Nachlasses des Erstversterbenden das lebenslängliche und unentgeltliche Nießbrauchsrecht.

Testamentsvollstreckung
Der Erstversterbende bestimmt den Längerlebenden von uns für dessen Lebensdauer zum Dauertestamentsvollstrecker.

Das tatsächliche Testament enthält darüber hinaus noch zahlreiche Konkretisierungen und Bestimmungen für verschiedene Szenarien. Das Württemberger Modell gibt es sowohl ohne Rücktrittsvorbehalt als auch mit bedingtem oder unbedingten Rücktrittsvorbehalt. 

Autor Autorin Gabriele Heinichen, Fachanwältin für Erbrecht
Gabriele HeinichenRechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrechtheinichen@rosepartner.de Autorenprofil