Unternehmensnachfolge im Handwerk

Betriebsfortführung ohne Meister?

Das OVG befasste sich in zwei Verfahren mit der Unternehmensnachfolge in Handwerksbetrieben und setzte mit seinen Entscheidungen ein deutliches Zeichen für eine vereinfachte Betriebsübernahme.

Veröffentlicht am: 24.10.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Lesedauer:

Die Planung einer Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der frühzeitig und sorgfältig angegangen werden sollte. Abhängig von der Art und Struktur des Betriebs können verschiedene wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Faktoren eine Rolle spielen. Besonders in der Unternehmensfolge in der Familie wird der Übergang jedoch häufig zu schnell und ohne ausreichende Vorbereitung umgesetzt. Dabei entstehen oft rechtliche Unsicherheiten und praktische Probleme. Mit genau solchen Fragen musste sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in gleich zwei Verfahren beschäftigen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom Az. 6 A 10529/25.OVG und 6 A 10586/25.OVG).

Meisterstellung ohne Meister

Zwei Gesellen sind seit 2004 in dem jeweiligen Handwerksbetrieb ihres Vaters tätig. Während es sich bei dem ersten Betrieb um ein Maler- und Lackiererbetrieb handelt, handelt es sich bei dem zweiten um eine Steinmetz- und Steinbildhauerfirma. Beide Gesellen hatten über viele Jahre nicht nur praktische Tätigkeiten ausgeführt, sondern auch leitende Aufgaben übernommen. Beide hatten gemeinsam, dass sie nie die Meisterprüfung abgelegt haben. Ein Umstand, der die Betriebsübernahme im Handwerk allerdings regelmäßig erschwert. 

Handwerksbetriebe dürfen grundsätzlich nur von Meistern geführt werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind zwar möglich, allerdings müssen diese von der Handwerkskammer genehmigt werden. Beide Gesellen stellten einen Antrag auf eine solche Ausübungsberechtigung. Dabei stützten sie sich auf die Altgesellenregelung des § 7b Handwerksordnung (HwO). Danach kann eine Genehmigung auch ohne Meistertitel erteilt werden, wenn über mehrere Jahre eine leitende Funktion übernommen worden ist. Beide Anträge lehnte die Handwerkskammer allerdings ab. Nachdem die Klagen der Gesellen vor dem Verwaltungsgericht (VG) Koblenz erfolglos blieben, zogen sie bis zum OVG Rheinland-Pfalz.

(K)Ein Rechtsmissbrauch?

Das VG hatte in erster Instanz einen Rechtsmissbrauch angenommen und die Ablehnung der Handwerkskammer bestätigt. Aufgrund der überschaubaren Größe der Handwerksbetriebe sei in diesen kein Raum für eine leitende Position neben den Betriebsinhabern. Die tatsächliche Betriebsleistung liege bei den Vätern. Außerdem hätten beide Söhne genügend Zeit gehabt, die Meisterprüfung abzulegen.

Das OVG teilte diese Auffassung jedoch nicht. Die Richter verwiesen darauf, dass die Voraussetzungen der Altgesellenregelung bereits durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) abschließend geklärt wurden. Danach könnte eine Ausübungsberechtigung erteilt werden, wenn der Handwerker mindestens 20 Jahre Berufserfahrung und davon vier Jahre in einer leitenden Position in seinem Handwerk nachweisen kann. Beides trifft auf die Gesellen zu. Das BVerwG hat hingegen keine Vorgaben zur Größe oder Struktur des Betriebs gemacht. Diese Aspekte können damit kaum als Argument gegen die Ausübungsberechtigung herangezogen werden.

Stärkung der Handwerknachfolge

Das OVG verpflichtete die Handwerkskammer, beiden Gesellen die Ausübungsberechtigung zu erteilen. 

Damit stärkt das Gericht nicht nur die Rechte erfahrener Altgesellen, sondern setzt auch ein wichtiges Signal für die Unternehmensnachfolge im Handwerk. Die Entscheidung steht für praxisnahe Lösungen und trägt zur Sicherung des Fortbestands handwerklicher Betriebe bei. Um den Nachfolgeprozess rechtssicher zu gestalten, empfiehlt sich in der Regel eine anwaltliche Begleitung. Ein auf Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht spezialisierter Rechtsanwalt kann die Nachfolge strukturieren, Anträge bei eventuellen Berufskammern vorbereiten und Abstimmungen mit Finanzbehörden begleiten. So lässt sich gewährleisten, dass die Unternehmensnachfolge sowohl rechtlich als auch steuerlich optimal umgesetzt wird.