Wenn Kinder zwei Väter haben

Welche Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater?

Veröffentlicht am: 01.04.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Welche Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater?

Ein Beitrag von Rechtsanwältin Britta Niakan, Fachanwältin für Steuerrecht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jüngst darüber zu entscheiden, welche Steuerklasse Anwendung findet, wenn ein Kind von seinem biologischen Vater eine Schenkung erhält. Auslöser des Rechtsstreits war eine Schenkung des biologischen Erzeugers an seine Tochter. Die Mutter des Kindes war zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet, so dass dieser der rechtliche Vater war.

Steuerklasse I günstiger bei Erbschaft oder Schenkung

Im Erbschaftsteuergesetz ist geregelt,  dass auf Kinder und Stiefkinder die Steuerklasse I anzuwenden ist. In dieser Klasse fällt beispielsweise bei einem steuerpflichtigen Erwerb bis Euro 75.000 eine Steuer in Höhe von 7 % an. In der Steuerklasse III hingegen sind dafür bereits 30 % Steuer zu zahlen.

Aber nicht nur der Steuersatz ist erheblich günstiger. Auch der persönliche Freibetrag fällt wesentlich besser aus: Der persönliche Freibetrag für Kinder und Stiefkinder liegt bei Euro 400.000. In der Steuerklasse III beträgt dieser hingegen lediglich Euro 20.000.

Günstige Steuerklasse bei Erbschaft und Schenkung gilt für den rechtlichen Vater

Der BFH entschied mit Urteil vom 05.12.2019 (AZ II R 5/19), dass auf die Besteuerung des Erbes nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I, sondern die Steuerklasse III anzuwenden ist. Dasselbe gilt, wenn der biologische Vater seinem Kind zu Lebzeiten eine Schenkung macht.

Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass für die Steuerklasseneinteilung nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend seien. Diese unterscheiden zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen/leiblichen Vater. Nur der rechtliche Vater hat gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel die Zahlung von Unterhalt. Auch ist das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt.

Dies rechtfertige, so der BFH, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen. Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies schließlich eine Besserstellung gegenüber Kindern, die - wie in den allermeisten Fällen - nur „einen einzigen“ Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.

Keine Privilegierung auch des Erwerbs vom biologischen Vater

In der Vorinstanz gab das Finanzgericht noch dem biologischen Vater Recht. In dieser Instanz sahen die Richter keinen Grund, die einschlägige Bestimmung für die Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung entsprechend der zivilrechtlichen Regelungen auszulegen und nur den Erwerb vom rechtlichen Vater zu privilegieren.

Dieser Möglichkeit der doppelten Privilegierung hat der BFH mit seiner Entscheidung einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Letzte Möglichkeit: Adoption

Sofern die Vermögensverhältnisse zwischen dem rechtlichen und biologischen Vater deutlich auseinanderfallen, wäre es zu begrüßen, wenn dem „Kind mit zwei Vätern“ ein Wahlrecht eingeräumt wäre. Der Rechtsprechung sind hier jedoch die Hände gebunden. Der Wortlaut des Gesetzes gibt keinen Spielraum für die Einräumung eines Wahlrechts. Hier wäre allein der Gesetzgeber gefragt.

Bis dahin bleibt lediglich die Möglichkeit der Adoption des eigenen Kindes durch den biologischen Erzeuger unter Aufgabe der Stellung des rechtlichen Vaters. Das klappt allerdings nur, wenn alle Beteiligten mitmachen.