Strengeres Werberecht für Lebensmittel

Gesetzesentwurf für mehr Kinderschutz in der Werbung vorgelegt

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stellte kürzlich einen Gesetzentwurf vor, der Werbung für ungesunde Lebensmittel regulieren und damit Kinder vor Fehlernährung schützen soll.

Veröffentlicht am: 01.03.2023
Qualifikation: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz
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Werbung für Lebensmittel – ganz besonders für die ungesunden – sollen Appetit machen und sind daher meist vor allem eines: bunt. Damit richtet sich diese Werbung oft gezielt an Kinder, die ihre Eltern dann mit den Forderungen nach Süßkram und anderen Naschereien in die Supermärkte schicken. Gut für die Industrie, schlecht aber für die Gesundheit der Kinder.

Werbung prägt Gesundheit der Rezipienten oft ein Leben lang

Laut einer Mitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft habe Lebensmittelwerbung  bei unter 14-jährigen einen besonders nachhaltigen Einfluss auf das Ernährungsverhalten. Dieses werde gerade im Kindesalter ganz entscheidend für das gesamte Leben geprägt. Wenn also Kinder bereits übermäßig hochverarbeitete Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett oder Salz verzehren, trage dies maßgeblich zur Entstehung von Übergewicht oder anderen ernährungsbedingten Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes bei.

Dies stellt nicht nur für die einzelnen Betroffenen, sondern auch für das Gesundheitssystem eine Belastung dar. Um Zivilisationskrankheiten vorzubeugen, seinen ausreichend Bewegung und Bewegungsangeboten wie auch eine möglichst gesunde Ernährungsumgebung notwendig, so Cem Özdemir (Grüne). Ohne klare Regeln sei dies jedoch nicht umzusetzen.

Gesetzesentwurf sieht Verbote für bestimmte Werbung vor

Solche Regeln sollen nun durch ein neues Gesetz geschaffen werden. Nach diesem Gesetzesentwurf soll Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt, die nach Art, Inhalt oder Gestaltung an Kinder adressiert ist, nicht mehr zulässig sein. Kinder werden dabei als unter 14-jährige definiert. Spannend ist, dass dieser Entwurf sämtliche an Kinder relevante Medien betreffen soll, damit neben der TV- und Außenwerbung auch das Influencer-Marketing. Influencer, die auf Social-Media-Plattformen gezielt Schokolade, Softdrinks oder sogar rohen Keksteig an ihre deutlich minderjährige Zuschauerschaft verkaufen, haben schon in der Vergangenheit Kritik auf sich gezogen. Genau wie Außenwerbung, die gezielt im Umkreis von Schulen oder Kindertagesstätten angebracht wird. 

Solche Außenwerbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt soll nun in einem Umkreis von 100 Metern um Schulen, KiTas, Spielplätzen oder Freizeiteinrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vor allem von Kindern besucht werden, untersagte werden. Ebenso Sponsoring für diese Art Lebensmittel, das sich speziell an Kinder richtet. Im Hinblick auf TV-Werbung ist ein Zeitfenster zwischen 6:00 und 23:00 Uhr vorgesehen, in dem Werbespots nur eingeschränkt zulässig sein sollen.

Lob und Kritik an Özdemirs Vorschlag

Ob ein Radius von 100 Metern ausreichend ist und wie gut sich eine Abgrenzung von Inhalten, die an Kinder adressiert sind, tatsächlich vornehmen lässt, bleibt zunächst erstmal unklar. Auch ob und wie sich das Gesetzesvorhaben durchsetzen wird, steht noch in den Sternen. Insbesondere FDP und CDU üben bereits Kritik. Auf der anderen Seite wird das Vorgehen vor allem aus Wissenschafts- und Medizinerkreisen als „Meilenstein für Kindergesundheit“ gelobt.

Insbesondere Verbraucher- und Medizinverbände haben schon lange darauf gedrängt, Marketing für Kinderprodukte einzuschränken. Die bisher geltende freiwillige Selbstverpflichtung hat jedenfalls bislang keine nennenswerten Erfolge bringen können. 

Dafür, welche Lebensmittel betroffen sind, wird auf das WHO-Nährwertprofilmodell zurückgegriffen. Hieraus sollen sich die Nährwertgrenzwerte von Zucker, Fett und Salz ergeben, die für die Kategorisierung herangezogen werden. Ausnahmen sind jedoch auch bereits vorgesehen, und zwar für Milch sowie für Säfte, sofern diese ohne zusätzliche Zucker oder Süßungsmittel auskommen.

Worauf müssen sich Werbetreibende einstellen?

Es gelten ohnehin bereits eine Reihe von werberechtlichen, d.h. wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, die die Werbetätigkeit einschränken. Unternehmen, die hiergegen verstoßen müssen mit Abmahnungen durch Wettbewerber oder mit Bußgeldern rechnen.

Gerade im Bereich der Lebensmittel gelten zudem weitreichende Kennzeichnungspflichten. Werbetreibende sollten sich darauf einstellen, dass diese Vorschriften künftig um einige Kinderschutzbestimmungen ergänzt werden. Im Vorfeld von Kampagnen sollten daher werberechtliche Konzepte gründlich überprüft werden, um wettbewerbsrechtliche Risiken zu vermeiden.

Da gerade auch Influencer, häufig selbst fast noch Kinder, betroffen sind, sollten sowohl Unternehmen, die Influencer-Werbung in Auftrag geben, als auch Influencer-Agenturen genauestens auf die Ausrichtung der Profile und die Gestaltung der Kampagnen achten. Neben der richtigen Kennzeichnung könnte die an Kinder gerichtete Werbung sonst die nächste große Influencer-Abmahn-Welle auslösen.