Wiederaufleben des widerrufenen Testaments

Wann gilt welcher letzte Wille?

Wer ein Testament schreibt oder widerruft, muss Formvorschriften beachten, um zu lenken, welcher letzte Wille gilt.

Veröffentlicht am: 31.05.2022
Qualifikation: Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht in München
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Menschen ändern oftmals im Laufe ihres Lebens ihren Willen, auch ihren letzten! Manchmal möchten sie zu einer früheren Entscheidung, einem früheren Testament zurückkehren. Doch dabei gibt es juristische Fallstricke, die zu beachten sind.

In einem aktuellen Fall, der vor dem Oberlandesgericht München verhandelt wurde (OLG München, Beschluss vom 26.01.2022 – 31 Wx 441/21) hatte das OLG München sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie ein einst durch Testament ausdrücklich aufgehobenes Testament erneut wirksam werden kann.

Erst notariell, dann handschriftlich und dann die Rolle rückwärts

Eine Frau errichtet 2017 ein notarielles Testament. In einem handschriftlichen Testament von 2018 widerruft sie dieses wirksam. Schließlich entscheidet sie sich dafür, doch zu dem ursprünglichen Testament von 2017 zurückzukehren. Dazu unterschreibt sie die beglaubigte Abschrift des Testaments von 2017, die sie vom Notar erhalten hat 2019 erneut. Sie glaubt, dass nunmehr wieder die Regelungen von 2017 gelten.

Mit dem Tode einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen über, § 1922 Abs. 1 BGB. Hat der Verstorbene (Erblasser) zu Lebzeiten kein wirksames Testament errichtet, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, die in §§ 1924 ff. BGB geregelt ist. Testamente stellen insoweit die gewillkürte Erbfolge des Testierenden dar und können in unterschiedlicher Form wirksam werden. Bekannt sind hierbei insbesondere notariell beglaubigte und eigenhändige Testamente. Ein Testament kann aber beispielsweise auch als Nottestament vor drei Zeugen gem. § 2250 BGB errichtet werden.

Vorausgesetzt wird neben den Formvorschriften aber auch, dass der Testierende zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierfähig ist. Dies ist man grundsätzlich ab dem 16. Lebensjahr und wenn man bei der Errichtung des Testaments frei von Geistesstörungen, Bewusstseinsschwächen oder Beeinflussung Dritter ist. Die unterschiedlichen Arten von Testamenten haben insoweit jeweils Vor- und Nachteile.

Letztlich können Testamente sowohl beim Amtsgericht des Wohnorts des Erblassers gegen eine Gebühr hinterlegt worden sein, sie können jedoch auch beim Ausräumen der ehemaligen Wohnung des Erblassers aufgefunden werden. Gibt es mehrere Testamente, so sind diese neben ihrer Form auch auf ihre Wirksamkeit im Verhältnis untereinander zu überprüfen. Dabei gilt gem. §§ 2258 Abs. 1 BGB, dass durch die Errichtung eines Testaments ein früheres insoweit aufgehoben wird, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht.

Selbstverständlich kann ein früheres Testament in einem späteren Testament aber auch ausdrücklich aufgehoben werden. In dem Fall, den das OLG München zu entscheiden hatte, stritten im Zuge des Todes der Erblasserin die Hinterbliebenen darum, welches Testament wirksam ist und wer Erbe wurde. Dabei war zwischen den Beteiligten unstreitig, dass das notarielle Testament in seiner ursprünglichen Form und das eigenhändige Testament, welches das notarielle ausdrücklich aufhob, zunächst jeweils wirksam errichtet wurden.

Die Formvorschriften entscheiden über die wirksame Errichtung und den Widerruf von Testamenten

Das OLG München entschied nun durch Beschluss, dass das notarielle Testament durch die neue Unterschrift auf der beglaubigten Abschrift weder wirksam reaktiviert, noch wirksam neu errichtet wurde. Insoweit stellte es klar, dass auch der bloße Widerruf eines späteren Testaments in einer gesetzlich zugelassenen Form erfolgen muss.

So verlangt § 2247 BGB für die wirksame Errichtung eines eigenhändigen Testaments, dass das Testament insgesamt eigenhändig verfasst wird. Das OLG München führte insoweit aus, dass der Erblasser selbstverständlich den Inhalt des notariellen Testaments hätte abschreiben können, die einfache Unterschrift genüge insoweit jedoch nicht. Etwas anderes hätte insoweit gelten können, wenn das notarielle Testament auf der Grundlage einer von der Erblasserin übergebenen Schrift errichtet worden und diese sodann erneut unterzeichnet worden wäre. Aber auch die Formvorschrift aus § 2232 BGB für die Errichtung eines öffentlichen Testaments wurde nicht eingehalten, weil die erneute Beurkundung vor einem Notar hätte stattfinden müssen. Damit richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen in dem vorliegend zu entscheidenden Fall nach dem Testament von 2018.

Die Errichtung von Testamenten kann insoweit oftmals zu Problemen führen, die vom Testierenden zum Zeitpunkt der Errichtung mangels Kenntnis nicht wahrgenommen werden. Gerne beraten wir Sie bei Fragen zur Errichtung und Wirksamkeit von Testamenten und bei der Errichtung von Testamenten.