Die Rolle des Aufsichtsrates in der Eigenverwaltung

Beschluss des OLG München zur Unternehmensinsolvenz

Veröffentlicht am: 19.03.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Beschluss des OLG München zur Unternehmensinsolvenz

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Jens Nyenhuis

Die Eigenverwaltung stellt eine besondere Form des Insolvenzverfahrens dar. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das von der Insolvenz betroffene Unternehmen von der bisherigen Geschäftsführung mit dem Ziel einer Sanierung fortgeführt wird.

Für den Fall einer Eigenverwaltung sieht die Insolvenzordnung allerdings vor, dass der Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlungoder entsprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners mehr haben.

Das OLG München hat am 09.08.2019 trotzdem entschieden, dass eine Einflussnahme des Aufsichtsrates auch im Rahmen von Eigenverwaltungsverfahren möglich bleibt.

Ausgangspunkt: Eigenverwaltung

Bei Eröffnung eines regulären Insolvenzverfahrens geht die Befugnis, über das Vermögen des schuldnerischen Unternehmens zu verfügen und dieses zu verwalten auf den Insolvenzverwalter über. In der Praxis wickelt der Insolvenzverwalter die schuldnerischen Unternehmen in der Mehrzahl der Insolvenzverfahren ab.

Um dies zu verhindern, kann das insolvenzreife Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen statt des normalen Insolvenzverfahrens auch beantragen, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen.

Neben dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes, in Betracht kommen insoweit nur die drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung, setzt eine Eigenverwaltung voraus, dass im Verhältnis zum normalen Insolvenzverfahren keine Nachteile für die Gläubiger zu befürchten sind.

Sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ordnet das Insolvenzgericht statt des regulären Insolvenzverfahrens eine Eigenverwaltung an.

Überwachung der Geschäftsführung bei der Eigenverwaltung

Sofern das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung anordnet, hat es statt des regulären Insolvenzverwalters einen Sachwalter zu bestellen. Die wesentliche Aufgabe des Sachwalters besteht darin, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen.

Damit besteht im Rahmen der Eigenverwaltung ein Kompetenzkonflikt mit den sonst für die Überwachung der Geschäftsführung zuständigen Organen. Mit Blick auf die oben genannte Entscheidung des OLG München sei insofern der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft als Beispiel genannt, dessen zentrale Aufgabe die Überwachung der Geschäftsführung durch den Vorstand ist.

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG vom 7. Dezember 2011) mit § 276a InsO eine Vorschrift in die Insolvenzordnung aufgenommen, die klarstellt, dass Organe mit Überwachungsfunktion in der Eigenverwaltung keinen Einfluss auf die Geschäftsführung mehr haben sollen.

Verbleibende Funktion des Aufsichtsrates

Gleichwohl haben die Richter am OLG München in ihrer Entscheidung klargestellt, dass auch im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens eine Einflussnahme des Aufsichtsrates, der trotz des Insolvenzverfahrens im Amt bleibt, als Überwachungsorgan möglich bleibt.

Konkret kann der Aufsichtsrat im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung Beschlussvorschläge zur Tagesordnung unterbreiten. Zudem bleibt der Aufsichtsrat auch in Falle der Eigenverwaltung für die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern zuständig, auch wenn die entsprechende Maßnahme nach § 276a Satz 2 InsO nur mit Zustimmung des Sachwalters wirksam wird. Zur Ausübung dieser Rechte kann der Aufsichtsrat auch weiterhin seine Auskunftsrechte nach § 90 Abs. 3 AktG geltend machen.

Voraussetzung für die Unterbreitung von Beschlussvorschlägen und die Geltendmachung von Auskunftsrechten durch den Aufsichtsrat ist, dass der insolvenzfreie Bereich betroffen ist. Das Gericht hat dies ohne Weiteres bei Beschlussvorschlägen zur Bestellung eines Sonderprüfers und entsprechend gelagerten Informationsansprüchen bejaht. Unbeachtlich und zu akzeptieren ist, dass der Aufsichtsrat insoweit Informationen verlangen kann, die auch die Geschäftsführung betreffen, von deren Überwachung er laut Gesetz ausgeschlossen ist.