Gescheiterte Kapitalerhöhung GmbH – Probleme beim „Rücktritt“ des Investors

Wenn der Gesellschafter von der Kapitalerhöhung im Startup abspringt

Die Situation kommt öfter vor, als viele glauben: Die Gesellschafterversammlung hat den Einstieg des Investors frohen Mutes beschlossen und dann passiert es. Der neue Investor verliert – warum auch immer – die Lust, das versprochene Kapital einzuzahlen. Was kann die GmbH, das Startup, tun? Was kann der Investor tun? Wie löst man zügig die Situation?

Veröffentlicht am: 18.01.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Kapitalerhöhung bei der GmbH – Chancen und Risiken

Kapitalerhöhungen sind für wachstumsorientierte Unternehmen – egal ob etablierte oder junge Startups – ein Schlüsselmechanismus, um dringend notwendiges frisches Kapital für das Wachstum zu generieren. Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb verschlingen am Anfang eine Menge Geld. Sie treiben die Kosten des Startups in die Höhe. Eigenkapital in Form von Venture Capital (Risikokapital) ist hier oft die einzige Lösung.

Diesen Chancen, welche eine Kapitalerhöhung bietet, stehen indes auch Risiken gegenüber. Die drei größten Risiken bei einer Kapitalerhöhung für Startups lesen sich wie folgt:

  1. Zunächst zu benennen ist der Verlust an Selbstständigkeit und damit Kontrolle für die Gründer und Altgesellschafter. Durch die Ausgabe neuer Geschäftsanteile an Investoren geht oft ein großer Teil der Entscheidungsfreiheit verloren. Der Investor lässt sich – auch wenn er nur als Minderheitsgesellschafter eintritt – im Beteiligungsvertrag meist umfangreiche Rechte einräumen. Diese Sonderrechte erlauben ihm dann ein „Regieren“ in der GmbH.
  2. Zweitens besteht das Risiko, dass Investoren mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Startups unzufrieden werden und die „Daumenschrauben“ anziehen. Die Entscheidungsspielräume der Gründer engen sich dann weiter ein.
  3. Drittens besteht die Gefahr, dass Investoren von Beginn an oder auch im späteren Verlauf andere Ziele verfolgen als die Gründer und Altgesellschafter. Diese Zieldivergenz kann für beide Seiten misslich sein – für die Gesellschafter meist mehr als für die Investoren.

Wie läuft eine Kapitalerhöhung in der GmbH ab?

Die Kapitalerhöhung bei einer GmbH erfolgt in einem mehrstufigen Prozess. Der Ablauf kann im Einzelnen variieren, meist vollzieht sich der Prozess in folgenden Stufen:

1. Vorbereitung, Planung und Investorensuche durch Startup

Die Gesellschafter bzw. die Geschäftsführung ermitteln den Kapitalbedarf sowie den Unternehmenswert. Hieran schließt sich die Planung der Kapitalerhöhung an. Wesentlicher Schritt ist dann die Suche nach einem geeigneten Investor. Mit diesem sind die Konditionen, hier vor allem die zukünftige Beteiligungshöhe, zu verhandeln und festzuhalten. Die „Festhaltung“ erfolgt meist rudimentär zunächst im Term Sheet und final dann im komplexen Beteiligungsvertrag.

2. Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung

Verantwortlich für die Entscheidung über die Kapitalerhöhung ist die Gesellschafterversammlung. Diese entscheidet mit der notwendigen qualifizierten Mehrheit über die Kapitalerhöhung im Rahmen einer Beurkundung beim Notar.

3. Durchführung der Kapitalerhöhung, Handelsregister

Nach Zustimmung der Gesellschafter wird die Kapitalerhöhung „durchgeführt“. Diese Durchführung umfasst die Einzahlung des auf die übernommenen Geschäftsanteile entfallenden Stammkapitals und die sich anschließende Anmeldung und Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister. Mit Eintragung im Handelsregister ist die Kapitalerhöhung beendet bzw. abgeschlossen (sofern nicht im Anschluss Klage gegen die Kapitalerhöhung erhoben wird).

Keine Einzahlung des Kapitals – Chancen und Risiken des Scheiterns der Kapitalerhöhung

Kapitalerhöhungen scheitern meist an der Durchführung. Dies kann zwei Gründe haben:

  1. Der neue Gesellschafter (Investor) kann oder will nach der Beurkundung nicht mehr das versprochene Kapital (Geld) aufbringen und auf das Konto der GmbH einzahlen („Rücktritt“). Fehlt die Einzahlung, kommt es nicht zur Anmeldung der Kapitalerhöhung und deren Eintragung im Handelsregister. Die Kapitalerhöhung scheitert.
  2. Die GmbH (Startup) möchte den Investor nicht mehr im Boot haben, weil sich zum Beispiel ein anderer Investor gemeldet hat. Die GmbH erbringt gegenüber dem Notar nicht den Nachweis einer Einzahlung. Fehlt der Nachweis, kommt es nicht zur Anmeldung der Kapitalerhöhung und deren Eintragung im Handelsregister. Die Kapitalerhöhung scheitert.

Einzahlung von Kapital erzwingen? Schadensersatz?

Welche Rechte, Pflichten und Möglichkeiten haben die Beteiligten? Nun, tritt der Investor von seiner Kapitalzusage zurück und kommt es nicht zur Einzahlung des Stammkapitals, sollte an eine „Aufhebung“ der Kapitalerhöhung gedacht werden. Ob und wie diese erfolgen kann, ist rechtlich und auch faktisch unter Umständen sehr komplex. Meist muss eine Vielzahl von Personen mit möglicherweise vielfältigen Interessen unter einen Hut gebracht werden.

Daneben stellt sich in allen Fällen die Frage, ob die eine Seite Ansprüche gegen die andere Seite hat. Und wenn ja, wie diese Ansprüche aussehen. Konkret geht es dabei unter anderem um folgende Fragen:

  • Kann ein Investor auf Durchführung einer Kapitalerhöhung klagen? Kann ein Investor die Durchführung einer Kapitalerhöhung erzwingen?
  • Hat ein Investor Schadensersatzansprüche gegen das Startup wegen des Scheiterns einer Kapitalerhöhung?
  • Hat ein Investor Schadensersatzansprüche gegen die Gründer und Altgesellschafter wegen des Scheiterns einer Kapitalerhöhung?
  • Hat ein Startup Schadenersatzansprüche gegen den Investor wegen des Scheiterns einer Kapitalerhöhung?
  • Haben die Gründer und Altgesellschafter Schadensersatzansprüche gegen den Investor wegen des Scheiterns einer Kapitalerhöhung?

Ungeachtet dieser Fragen stellen sich für das Startup meist folgende Probleme: Wie viel Geld hat das Startup noch zum Überleben? Kommt das Startup ohne frisches Kapital aus? Wie bekommt man das Problem – der Gesellschafterbeschluss zur Kapitalerhöhung ist in der Welt – schnell aus dem Weg?

Praxistipp

Ein Scheitern einer Kapitalerhöhung lässt sich nicht vollständig ausschließen. Allerdings können im Rahmen des Beteiligungsvertrages und des Kapitalerhöhungsbeschlusses Sicherungsmechanismen eingebaut werden.

Mit diesen kann zumindest teilweise dafür Sorge getragen werden, dass die Folgen einer gescheiterten Kapitalerhöhung minimiert werden…