Pflichtteilsergänzungsansprüche bei Schenkungen unter Ehegatten

BVerfG hält Fristenregelung für unbedenklich

Veröffentlicht am: 17.09.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

BVerfG hält Fristenregelung für unbedenklich

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Bernfried Rose

Streiten sich Angehörige nach einem Erbfall um Pflichtteile,  spielen Leben zeitige Schenkungen oft eine wichtige Rolle, weil sie Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen können. Zuwendungen an Ehegatten werden dabei anders behandelt als solche an Dritte.  Dass dies verfassungskonform ist, hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Die Berücksichtigung von Schenkungen beim Pflichtteil

Ehegatten und Kinder haben Pflichtteilsansprüche, wenn sie durch ein Testament enterbt werden. Sie haben einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Bei der Ermittlung des pflichtteilsrelevanten Nachlasses ist nicht nur das beim Erbfall vorhandene Vermögen relevant. Unter Umständen werden auch solche Werte berücksichtigt, die der Erblasser zu Lebzeiten verschenkt hat. Hierdurch entstehen sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche.

Diesbezüglich sieht das Gesetz jedoch eine Fristenregelung vor. Mit Ablauf eines jeden Jahres nach der Schenkung bis zum Erbfall gehen 10 Prozent des Wertes der Schenkung für den  fiktiven Pflichtteilsnachlass verloren, sodass nach Ablauf von zehn Jahren keine Pflichtteilsergänzungsansprüche mehr bestehen.

Besonderheiten  bei Zuwendungen an Ehegatten

Erfolgte die Schenkung an den Ehegatten des Verstorbenen, enthält das Erbrecht in § 2352 Absatz 3 Satz 3 BGB eine Ausnahme bereit. Bei solchen Vermögensübertragungen beginnt die Zehnjahresfrist nicht vor Auflösung der Ehe, also insbesondere der Scheidung. Das bedeutet, dass Schenkungen an Ehegatten grundsätzlich nicht geeignet sind, den pflichtteilsrelevanten Nachlass und damit die Pflichtteilsansprüche enterbter Angehöriger zu reduzieren.

Keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung

Ob diese Differenzierung zwischen Ehegatten und sonstigen beschenken mit  dem Grundgesetz vereinbar ist hatte Ende 2018 das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Erblasser seiner Ehefrau mehr als zehn Jahre vor seinem Tod ein mit einem Mietshaus bebauten Grundstück schenkweise übertragen.

Der durch Testament enterbte aus erster Ehe stammende Sohn des Erblassers machte Ansprüche aus Pflichtteilsrecht geltend. Die testamentarischen Erben wehrten sich dagegen, dass das an die Ehefrau übertragende Grundstück voll bei der Nachlassberechnung berücksichtigt wurde. Die Regelung des § 2325 Absatz 3 Satz 3 BGB  im Hinblick auf Ehegattenschenkungen verletze den Schutz von Ehe und Familie.  Das angerufene Bundesverfassungsgericht sah dies anders. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum davon ausgehen dürfen, dass typischerweise bei einer Schenkung etwa ein nichteheliche Lebensgefährten und Kinder keine gleichermaßen dauerhafte Erwartung der Weiternutzungsmöglichkeit stehe wie bei Ehegatten. Die besondere Behandlung der Schenkung unter Ehegatten im Hinblick auf die Fristenregelung des Pflichtteilsrecht, so die Richter in Karlsruhe, sei daher nicht zu beanstanden.

Vorsicht bei der Pflichtteilsreduzierung

Ein weiteres sehr praxisrelevantes Problem im Bereich der Pflichtteilsergänzungsansprüche entsteht dann, wenn der Erblasser Vermögenswerte zu Lebzeiten zwar formal überträgt, sich jedoch das wirtschaftliche Eigentum zum Beispiel durch ein Nießbrauchsrecht an einer Immobilie vorbehält. In diesen Fällen wird die Zehnjahresfrist nach Auffassung der Rechtsprechung gar nicht in Gang gesetzt.

Wer also als Erblasser Pflichtteilsansprüche reduzieren oder ganz vermeiden will, muss darauf abzielende Schenkungen sehr sorgfältig gestalten. Darüber hinaus sollten gerade bei größeren Vermögen auch steuerliche Erwägungen mit einbezogen werden. Im Hinblick auf die Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer gibt es hier interessante Gestaltungsmöglichkeiten, die mit einer Pflichtteilsreduzierung vereinbar sind.