Das Stiftungsvermögen nach der Reform

Neue Spielregeln für den Umgang mit dem Stiftungsvermögen nach der Stiftung Rechtsreform

Zum 1. Juli 2023 sind weite Teile der Stiftungsrechtsreform in Kraft getreten. Dadurch wurden einige Fragen zum Umgang mit dem Stiftungsvermögen geklärt, andere sind geblieben und ein paar Neue sind hinzugekommen. Diese sollten Stiftungsorgane und ihre Berater kennen.

Veröffentlicht am: 11.01.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt in Berlin
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Vor der Reform traf das BGB als bundesrechtlicher Rahmen für die Landesstiftungsgesetze nur wenige ausdrücklicher Aussagen zum Vermögen von Stiftungen und dem Umgang damit. Die neuen § 83b (Stiftungsvermögen) und 83 c (Verwaltung des Grundstockvermögens) BGB regeln dies nun deutlich konkreter. Diese neuen Regelungen haben Zustimmung, aber auch sehr deutliche Kritik gefunden. Nachfolgend sollen einige Konsequenzen für die Gestaltungspraxis und für die Handhabung des Stiftungsvermögens durch die Stiftungsorgane aufgezeigt werden.

Grundstockvermögen und sonstiges Vermögen

Von jeher wurde bei rechtlich selbstständigen Stiftungen von Grundstockvermögen als demjenigen Vermögen gesprochen, welches der Stiftung dauerhaft ungeschmälert zur Verfügung stehen sollte. Dieses selbst kann somit nicht für die Verfolgung der Stiftungszwecke verwendet werden, sondern nur die Nutzung und Erträge hieraus.

Nach der Stiftungsrechtsreform unterscheidet das Gesetz in § 83b BGB jetzt ausdrücklich zwischen dem „Grundstockvermögen“ und dem „sonstigen Vermögen“ einer Stiftung. Nach § 83c Abs. 1 S. 1 BGB ist das Grundstockvermögen ungeschmälert zu erhalten. Dies umfasst das bei Gründung als Grundstockvermögen gewidmete Vermögen, spätere Zustiftungen und solches Vermögen, welches nachträglich von der Stiftung als Grundstockvermögen im Rahmen der Satzung bestimmt wurde.

Alle übrigen Vermögensgegenstände, insbesondere Spenden, gehören grundsätzlich zum sonstigen Vermögen. Bei (Teil-)Verbrauchstiftungen bestimmt der Stifter, dass das gesamte gestiftete Vermögen (oder Teile hiervon) ausdrücklich sonstiges Vermögen sein sollen und somit unmittelbar für die Stiftungszwecke zur Verfügung stehen

Realer oder nominaler oder welcher Vermögenserhalt?

Bereits vor der Reform wurde die Frage intensiv diskutiert, was unter Vermögenserhalt zu verstehen sei. Gerade in Zeiten hoher Inflation macht es einen ganz erheblichen Unterschied, ob man dabei von einem nominalen, am Buchwert orientierten, oder von realen Werten, unter Berücksichtigung der Inflation, ausgeht. Die herrschende Meinung orientierte sich insoweit am Zweck des Stiftungsvermögens, welches dem Stifterwillen dauerhaft dienen können soll, und stellte deshalb auf den Erhalt der Leistungskraft des Stiftungsvermögens ab.

Da das Gesetz auch nach der Reform hierzu nicht ausdrücklich Stellung bezieht, dürften diese Grundsätze auch in Zukunft gelten. Dem Stifter bleibt es grundsätzlich unbenommen, hierzu in der Satzung ausdrückliche Vorgaben zu machen. Hierbei hat er abzuwägen, ob es ihm um den sehr langfristigen Erhalt der Leistungskraft des Stiftungsvermögens geht, oder ob er mehr Wert auf Spielraum im Hinblick auf die Verfolgung seiner Stiftungszwecke in einem absehbaren Zeitraum legt. Gerade bei Vermögensgegenständen, wie Immobilien, die hohe stille Reserven beinhalten können, kann dies erhebliche Unterschiede für die Vermögensverwendung ausmachen.

Ein anderer Aspekt ist, ob und in welchem Umfang Umschichtungen des Stiftungsvermögens überhaupt zulässig sind. Soll beispielsweise das gestiftete Immobilienvermögen in Wertpapiere oder Bargeld umgeschichtet werden können oder umgekehrt? Oder in Gold oder Kryptowährungen? Auch hier können enge oder weite Vorgaben für die Stiftungsorgane in der Satzung getroffen werden. Für Stiftungsvermögen, welches selbst, wie zum Beispiel bei einem Museum, zur Verfolgung der Stiftung zwecks genutzt wird (Anstaltsstiftungen) kommt regelmäßig eine Umschichtung von vornherein nicht in Betracht. Im Übrigen haben die Stiftungsorgane im Hinblick auf den vorgeschriebenen Erhalt des Stiftungsvermögens umsichtig und im Grundsatz konservativ bei der Vermögensanlage zu agieren.

Insbesondere Verwendung von Umschichtungsgewinnen

§ 83c Abs. 1 S. 3 BGB bestimmt nun ausdrücklich, dass Umschichtungsgewinne zum sonstigen Vermögen gehören und somit für den Stiftungsweg verwendet werden können. Dies kann ganz erhebliche Potenziale für die Zweckverfolgung freisetzen. Wenn die Vermögenserhaltung gemäß Satzung sich insoweit grundsätzlich an dem Nominalwert orientiert, können bei Umschichtung aufgedeckte stille Reserven nunmehr zweckgemäß verwendet werden. Wenn das nicht gewollt ist, dann kann der Stifter in der Satzung ausdrücklich festlegen, dass Umschichtungsgewinne dem Grundstockvermögen zuzuschlagen sind.

Schade ist, dass der Gesetzgeber ausdrücklich eine Vermögensumschichtung voraussetzt. Denn dadurch ist der Stiftungsvorstand gezwungen, Stiftungsvermögen zu verkaufen und Neues anzuschaffen, was mit entsprechenden Risiken und Kosten verbunden ist. Wünschenswert wäre, wenn der Stifter in der Satzung dem Vorstand erlauben könnte, nachweislich entstandene stille Reserven für die Zweckverfolgung einzusetzen, ohne gezwungen zu sein, Stiftungsvermögen zu verkaufen. Da der Gesetzgeber bei der Stiftungsreform ausdrücklich eine „Probephase“ im Gesetzgebungsverfahren angesetzt hat, bleibt zu hoffen, dass insoweit in Zukunft noch mehr Spielraum für die Stiftung geschaffen wird.

Haftung bei der Vermögensverwaltung

In § 84a BGB wurde nun ausdrücklich die sogenannte „Business Judgement Rule“ gesetzlich verankert, welche der BGH schon in der Vergangenheit für Geschäftsleiter von Handelsgesellschaften als Maßstab angewendet hat. Eine Pflichtverletzung liegt damit nicht vor, wenn das Stiftungsorgan vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Dies entlastet insbesondere deswegen, weil damit eine ex-ante- Perspektive eingenommen wird und Prognoseunsicherheiten somit nicht mehr zulasten der Stiftungsorgane gehen. Nichtsdestotrotz setzt dies eine informierte Entscheidung und im Rahmen der Vermögensverwaltung entsprechende Sachkunde voraus. Dies führt in der Praxis dazu, dass die Vermögensverwaltung regelmäßig externen Vermögensverwaltern überlassen wird.

Ausblick

Die Stiftung soll Form hat dazu geführt, dass die Vorschriften zum Stiftungsvermögen im BGB nun deutlich ausgeweitet wurden. Dies führt zu einer Rechtsvereinheitlichung, da den Landesgesetzgebern in den Landesstiftungsgesetz nunmehr weniger Spielraum verbleibt. Einige Fragen und insbesondere die Begrifflichkeiten im Hinblick auf die Stiftungsvermögensverwaltung haben sich damit geklärt. Andere Fragen sind jedoch offen geblieben und es sind tatsächlich auch noch einige neu dazu gekommen. Auch in Zukunft wird daher eine sorgfältige Gestaltung der Stiftungssatzung eine entscheidende Rolle spielen. Potenzielle Stifter sollten sich damit ebenso auseinandersetzen, wie Stiftungsorgane, ob vor dem Hintergrund der Stiftungsrechtsreform entsprechende Anpassung der Satzung angezeigt sind.