Vorzeitige Scheidung dank Gewalt und Demütigung

OLG Oldenburg zu den Voraussetzungen einer Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

Veröffentlicht am: 18.09.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

OLG Oldenburg zu den Voraussetzungen einer Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Normalerweise wird das erst angenommen, wenn die Eheleute mindestens ein Jahr getrennt leben. Dieses sogenannte Trennungsjahr dokumentiert die Zerrüttung der Ehe. Ausnahmsweise kann die Ehe jedoch bereits früher geschieden werden. Dafür ist ein sogenannter Härtefall erforderlich. Mit den Voraussetzungen eines solchen Härtefalls musste sich jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befassen.

Gewalttaten und grobe Beleidigungen

Das OLG musste im Rahmen eines Scheidungsverfahrens über einen Scheidungsantrag einer Frau entscheiden, die sehr unter ihrem Ex gelitten hatte. Vor Gericht sagten die gemeinsamen erwachsenen Kinder aus, dass der Vater sich in den 26 Ehejahren als aggressiver und gewalttätiger „Pascha“ aufgeführt habe. Noch im September sei die Mutter vom Rettungswagen abgeholt worden, weil sie von ihrem Mann heftig geschüttelt und gröbst beleidigt worden sei, was zu einem Zusammenbruch geführt habe.

Abwarten des Trennungsjahrs muss zumutbar sein

Das OLG Oldenburg ging in diesem Fall (Beschluss vom 26.04.2018 – 4 UF 44/18) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine frühzeitige Ehescheidung gegeben sind. Ein Abwarten des Trennungsjahres sei der Ehefrau unzumutbar.

Allenfalls als interessant kann man wohl die Einlassung des Ehemanns bezeichnen. Er behauptete, die groben und tief greifenden Beleidigungen seien vor Gericht verfälschend übersetzt worden. Erforderlich sei eine „kulturelle Übersetzung“ dieser Beleidigungen. Das OLG Oldenburg ließ das nicht gelten und attestierte dem Ehemann, dass er durch sein Verhalten die Grundlage für ein weiteres Zusammenleben der Eheleute zerstört habe.

Das ist ja wohl die Härte!

Andere von der Rechtsprechung anerkannte Härtefälle, die eine vorzeitige Scheidung rechtfertigen, sind zum Beispiel das „im Stich lassen“ in einer Notsituation oder auch der Umstand, dass die neue Freundin des Ehemanns bereits in die Ehewohnung eingezogen ist. Untreue vor der Trennung führt dagegen nicht ohne weiteres zur Rechtfertigung einer frühzeitigen Scheidung, sondern nur, wenn weitere tiefgreifende oder gar entwürdigenden Umstände hinzutreten.