Die Arztpraxis als GmbH - Chancen und Nachteile

Modell: Kapitalgesellschaft in der Medizin?

Viele ÄrztInnen wissen nicht, dass die GmbH für sie als Rechtsform in Betracht kommt - und viele Vorteile, aber auch einige Nachteile mit sich bringt. Wann macht die Praxis-GmbH Sinn?

Veröffentlicht am: 23.01.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Medizinrecht
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Die GmbH ist die beliebteste Rechtsform für Unternehmen in Deutschland. Doch nur die wenigsten Ärztinnen und Ärzte wissen, dass die GmbH auch für den Betrieb ihrer Praxis in Betracht kommt. Was sind die Voraussetzungen? Wann ist eine GmbH-Gründung möglich und vor allem: wann ist sie sinnvoll? Wir geben Ihnen einen Überblick über die häufigsten Fragen.

Wann kann eine Arztpraxis überhaupt als GmbH geführt werden?

Für medizinische Versorgungszentren (MVZ) hat der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit eines Betriebs in der Rechtsform einer GmbH eindeutig bestimmt (§ 95 SGB V). Für Einzelpraxen und BAGs ist das schon weit weniger eindeutig. Nach jahrzehntelangem Streit in der Fachwelt, ob die GmbH zulässig sein soll, hat der 107. Deutsche Ärztetag in der Musterberufsordnung schließlich die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Doch nicht in allen Bundesländern erfolgte auch die Umsetzung. Manche regionale Berufsordnung und/oder Landeskammergesetze für Heilberufe verbieten eine GmbH-Struktur heute noch. Regionale Unterschiede sowie der frühere Gelehrtenstreit dürften der Grund sein, warum bei diesem Thema so viele BeraterInnen unsicher sind. Dabei gilt grundsätzlich: Für die meisten Ärztinnen und Ärzte stellt die GmbH grundsätzlich eine Option dar. Sogleich stellt sich die Frage: Lohnt sich das?

Arztpraxis-GmbH: Die wichtigsten Voraussetzungen

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Arztpraxis in Form einer GmbH sind:

  1. überwiegend ärztlich getragenen Geschäftsführung
  2. keine Gewinnbeteiligung Dritter
  3. Mehrheit der Gesellschaft bei Ärztinnen und Ärzten
  4. Gewährleistung der freien Arztwahl

Hierbei handelt es sich um die Vorgaben der Musterberufsordnung für Ärzte. In den jeweiligen Bundesländern bzw. KV-Bezirken gelten mitunter weitere bzw. andere Rechtsgrundlagen, Sprechen Sie uns dazu gern an!

Vor- und Nachteile der Praxis-GmbH auf einen Blick

Die nicht zu unterschätzenden Vorteile einer Praxis-GmbH sind vor allem:

  • Haftungsbegrenzung
  • Steuervorteile möglich
  • Gestaltungsmöglichkeiten bei betrieblicher Altersvorsorge

Dem stehen aber diverse Einschränkungen und oft gewichtige Nachteile gegenüber, die für so manche in der Praxis die Gründung einer Praxis-GmbH im Ergebnis unattraktiv macht:

  • Haftungsbegrenzung nur im eingeschränkten Rahmen möglich
  • höherer Gründungsaufwand mit Notarpflicht und zu zahlender Stammeinlage in Höhe von 12.500 EUR
  • mehr Bürokratie durch Jahresabschlüsse und Bilanzierung sowie Veröffentlichungspflicht der Bilanzen und damit einhergehende höhere Steuerberatungskosten

Vorteil: Behandeln mit beschränkter Haftung?

Der Hauptgrund einer GmbH-Gründung ist meistens - wie der Name schon sagt - die Haftungsbegründung. Das private Vermögen soll bei unternehmerischen Haftungsfällen geschützt sein. Doch im niedergelassenen ärztlichen Bereich ist das nur begrenzt relevant. Denn bei Behandlungsfehlern wird ohnehin der Arzt bzw. die Ärztin direkt in die Haftung genommen (sog. deliktische Haftung). Da hilft auch eine Kapitalgesellschaft nicht. Außerdem greift in solchen Fällen regelmäßig die obligatorische Berufshaftpflichtversicherung.

Zwar bleibt die Haftungsbegrenzung zunächst für den übrigen Praxisbetrieb, allerdings verlangen Banken und Leasinggeber gerade bei größeren Anschaffungen meist zusätzliche Sicherheiten, wie z.B. private Bürgschaften. Somit bleibt für eine GmbH-Haftungsbegrenzung oft kaum ein Anwendungsbereich für Ärztinnen und Ärzte.

Der Arzt, der sich selbst anstellt: Ein Steuermodell?

Neben der Haftungsbegrenzung bietet eine GmbH noch weitere Chancen und Möglichkeiten. In einer Praxis-GmbH sind die Ärztinnen und Ärzte als Angestellte abhängig beschäftigt. Das gilt auch für die GeschäftsführerInnen und GesellschafterInnen.

Unter bestimmten Umständen kann sich der Betrieb steuerlich positiv auswirken. Gleichwohl müssen die steuerlichen Auswirkungen eingehend geprüft werden. Außerdem bieten sich Gestaltungen im Bereich der Altersvorsorge.

Werbung: Grenzen auch für die GmbH

Dass Ärztinnen und Ärzte mit einer GmbH die Beschränkungen für Ärzte in der Werbung umgehen könnten, ist ein immer noch weit verbreitetes Gerücht. Richtig ist zwar, dass nur die Behandelnden Kammermitglied sind und nicht die Praxis-GmbH.

Die berufsrechtlichen Werberestriktionen treffen jedoch auch Angestellte. Außerdem würden sich bei einer Umgehung die Handelnden persönlich wettbewerbswidrig verhalten. Werbemöglichkeiten sind folglich kein Argument für eine GmbH-Gründung.

Nachteile einer Praxis-GmbH

Die Gründung ist beratungsintensiver. Erforderlich ist eine GmbH-Satzung. Der Aufwand ist zudem höher, da die Gründung notariell beurkundet werden muss. Von der verpflichtenden Stammeinlage (€ 25.000,00) ist die Hälfte bei der Gründung einzuzahlen.

Auch der laufende Betrieb ist aufwendiger: GmbHs sind bilanzierungspflichtig, Jahresabschlüsse müssen erstellt werden. Das verursacht höhere Kosten bei Steuerberatungskanzleien. Schließlich müssen die Bilanzen im Bundesanzeiger für jedermann zugänglich veröffentlicht werden. Damit kann praktisch jeder recherchieren, wie die Praxis wirtschaftlich dasteht. Gerade letzteres schreckt viele Ärztinnen und Ärzte ab.

Fazit zur Praxis-GmbH: im Einzelfall vorteilhaft

Während sich die Vorteile vor allem in puncto Haftungsbegrenzung kaum auswirken, bringt eine GmbH für ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte einige handfeste Nachteile mit sich, vor allem Aufwand und Kosten. Die Praxis-GmbH als Betriebsform fristet daher nicht zu Unrecht ein Schattendasein.

Das soll aber nicht außer Acht lassen, dass sich gerade für größere Einheiten, besondere Konzeptpraxen, bestimmten Risikostrukturen mit der GmbH-Form eine wertvolle Option bietet. Sprechen Sie uns gern darauf an!