Testamentsvollstrecker aus dem Amt gedrängt

Pflichtverletzung vor Amtsantritt?

Veröffentlicht am: 25.02.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Pflichtverletzung vor Amtsantritt?

Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht

Das Rechtsverhältnis zwischen Erben und dem Testamentsvollstrecker ist selten komplikationslos und spannungsfrei. Sehr häufig –vielleicht zu häufig– betrachten Erben die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers als unangemessen und pflichtwidrig. Zur Entlassung des Testamentsvollstreckers kommt es jedoch nur, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt, § 2227 BGB. Beispiele für einen „wichtigen Grund“ sind nach dem Gesetz die grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit der zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Jedoch können auch andere Umstände, als die explizit im Gesetz genannten Entlassungsgründe, einen „wichtigen Grund“ darstellen.

Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund

Wichtige Gründe sind beispielsweise schiere Untätigkeit, Verschweigen von Nachlassbestandteilen, Nichtvorlage eines Nachlassverzeichnisses, eigennütziges Verhalten, die Gefährdung des Erblasserwillens oder des Nachlassbestandes durch den Testamentsvollstrecker oder aber auch ein „objektiv gerechtfertigtes Misstrauen gegen die Person des Testamentsvollstreckers und seine unparteiliche Amtsführung“.

Misstrauen gegen den Testamentsvollstrecker während des Amtes …

Ein derartiges Misstrauen im Hinblick auf die Amtsführung des Testamentsvollstreckers kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Testamentsvollstrecker sich selbst in unzulässiger Weise aus dem Nachlass ein Darlehen gewährt oder aber auch testamentarische Anordnungen des Erblassers ignoriert oder in nicht vertretbarer Weise umsetzt.

…aber auch wegen eines Verhaltens vor Amtsantritt!

In der Rechtspraxis wird häufig übersehen, dass nicht nur ein Verhalten des Testamentsvollstreckers während der Ausübung seines Amtes zur Erfüllung des Misstrauenstatbestands führen kann. Vielmehr kann auch ein zweifelhaftes Verhalten des Testamentsvollstreckers vor Amtseintritt und sogar noch zu Lebzeiten des Erblassers dazu führen, dass gegen ihn ein objektiv gerechtfertigtes Misstrauen besteht und damit bereits ein wichtiger Grund für seine Entlassung vorliegt.

Häufig ist die Konstellation, dass der krankheitsbedingt geschäftsunfähige Erblasser noch zu Lebzeiten von einem rechtlichen Betreuer unterstützt wird. Mitunter fungieren Verwandte oder gute Bekannte als Betreuer, häufig deshalb, weil der Erblasser diese Person zuvor bereits zu seinem Testamentsvollstrecker ernannte und aus diesem Grund ein Vertrauensverhältnis anzunehmen war. Nicht immer jedoch handeln Betreuer pflichtgemäß.

Pflichtverletzungen als Betreuer zu Lebzeiten des Erblassers

In einer wenig beachteten und auch lange zurückliegenden Entscheidung (Beschluss vom 11.09.1967, 15 W 387/67) stellte das OLG Hamm klar, dass Pflichtverletzungen eines Betreuers zu Lebzeiten des Erblassers den Schluss zulassen, dass dieser das Amt des Testamentsvollstreckers ebenfalls nicht pflicht- und ordnungsgemäß ausführen wird. Aufgrund dieses objektiv gerechtfertigten Misstrauens entließ das Gericht den Testamentsvollstrecker.

Abgelehnter Betreuer als Testamentsvollstrecker ungeeignet

Wir meinen, dass die Grundsätze dieser Entscheidung auf vergleichbare Fälle anzuwenden sind. Wird eine Person zu Lebzeiten des Erblassers gar nicht erst zum Betreuer bestellt, weil Bedenken im Hinblick auf die Fähigkeit dieser Person zur pflichtgemäßen Erfüllung der Aufgaben eines Betreuers bestehen, liegt klar ein vergleichbarer Fall vor. Der gerichtlich entlassene oder abgelehnte Betreuer ist als Testamentsvollstrecker ebenfalls ungeeignet.

UPDATE (11.03.19): OLG Celle bestätigt unsere Rechtsansicht

Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 11. März 2019 (Az. 6 W 206/18) unsere Rechtsauffassung bestätigt und das zuständige Nachlassgericht bei dem Amtsgericht Walsrode angewiesen, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. In diesem Verfahren betrieben wir für unsere Mandantin die Entlassung des Testamentsvollstreckers, weil gegen ihn aufgrund seines Verhaltens noch zu Lebzeiten der Erblasserin aufgrund seiner Ablehnung als Betreuer ein objektiv gerechtfertigtes Misstrauen bestand. Man sieht im Ergebnis, dass die gesetzlichen Entlassungsmechanismen zugunsten der Erben bei richtiger Anwendung und entsprechender Sachlage erhebliche Konsequenzen für unfähige oder pflichtwidrig handelnde Testamentsvollstrecker nach sich ziehen.

Ausführliche allgemeine Informationen finden Sie hier: Entlassung des Testamentsvollstreckers