Schiedsverfahren & Prozessfinanzierung

So gelingt das Hedging hoher Kosten

Wenn der Vertragspartner eine hohe Forderung mit fadenscheinigen Argumenten ablehnt, lässt sich bei einer vereinbarten Arbitration Clause ein Schiedsverfahren nicht verhindern. Oft sind sehr hohe Prozesskosten vorprogrammiert.

Veröffentlicht am: 31.05.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt – Corporate, Arbitration & Finance
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Schiedsverfahren bieten eine effizientere Alternative zu staatlichen Gerichtsverfahren, insbesondere bei internationalen Commercial Disputes. Doch diese effektiven von den Unternehmen oft bewusst ausgewählten Streitlösungsmechanismen haben Ihren Preis. Es können erhebliche Kosten entstehen. Man muss nicht auf die High-End-Fälle schauen wie Vattenfall gegen Bundesrepublik, Heidelberg Materials gegen Ägypten oder Deutsche Telekom gegen Indien, in denen immer mehr als Hundert Millionen US-Dollar auf dem Spiel standen. Auch im deutschen Mittelstand sind Unternehmen in Schiedsverfahren mit sehr hohen Streitwerten konfrontiert.

Klageverfahren, denen hohe Forderungen zugrunde liegen, lassen sich jedoch mit einer Prozesskostenfinanzierung absichern. Damit lässt sich der Cashflow des Unternehmens schonen und schmerzende, ertragswirksame Rückstellungen verhindern.

Wieso Schiedsverfahren?

Ein Schiedsverfahren muss initiiert werden, wenn beide Streitparteien eine Schiedsklausel vertraglich vereinbart haben. Sie können aber auch nach Entstehung des Streits eine Schiedsvereinbarung treffen und sich für ein Schiedsgericht z.B. mit dem benötigten Know-how entscheiden. Schiedsverfahren sind besonders sinnvoll bei internationalen Geschäftsbeziehungen, um sich vor den Unsicherheiten und Ineffizienzen fremder Gerichtsbarkeiten zu schützen.

Schiedsverfahren weisen eine Reihe von Vorteilen gegenüber staatlichen Gerichten auf. Die Parteien können etwa Verfahrensregeln, Sprache und Schiedsrichter weitgehend selbst bestimmen. Schiedsverfahren sind oft schneller als staatliche Gerichtsverfahren, insbesondere in Rechtssystemen mit langen Verfahrensdauern. Anders als öffentliche Gerichtsverhandlungen sind Schiedsverfahren vertraulich. Entscheidungen von Schiedsgerichten, die sogenannten Schiedssprüche, sind gemäß dem New Yorker Übereinkommen in vielen Ländern leichter zu vollstrecken als Gerichtsurteile in einigen Staaten mit schwacher Legislative.

Downside: Kosten in Schiedsverfahren

Die Kosten eines Schiedsverfahrens können erheblich sein. Die typischen Verfahrenskosten umfassen die Gebühren der Schiedsrichter, Verwaltungskosten der Schiedsinstitution sowie die Anwaltskosten beider Parteien. Im Falle einer Niederlage muss die unterlegene Partei in der Regel alle diese Kosten tragen, was zu einem erheblichen finanziellen Risiko führt.

Ein weiterer institutioneller Nachteil ist, dass die Anwaltskosten grundsätzlich nicht beschränkt sind, anders als bei deutschen staatlichen Gerichtsverfahren. Bei deutschen Gerichtsstreitigkeiten sind die Anwaltskosten der Gegenseite durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nach oben hin begrenzt. Wenn für das klagende Unternehmen ein Prozesskostenrisiko in sechs- oder siebenstelliger Höhe entsteht, dann kann die Geschäftsführung schon einmal nervös werden.

Ausweg: Prozessfinanzierung

Was ist die Prozessfinanzierung? Prozessfinanzierung bedeutet, dass ein externer Finanzierer die Kosten eines Schiedsverfahrens für das klagende Unternehmen übernimmt. Im Gegenzug erhält der Finanzierer einen Anteil am erzielten Gewinn, falls der Kläger den Prozess gewinnt.

In einigen Fällen ermöglicht die Prozessfinanzierung finanziell schwächeren Unternehmen, ihre bestehenden Ansprüche wegen zu hoher Kosten nicht fallen zu lassen und ein teures Schiedsverfahren zu realisieren.

Die Vorteile der Prozessfinanzierung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Prozessfinanzierer übernimmt das Kostenrisiko, was den Kläger finanziell entlastet. Mit der Unterstützung eines Prozessfinanzierers kann der Kläger selbstbewusster verhandeln (verbesserte Verhandlungsposition). Die Finanzierung ermöglicht es, qualifizierte und erfahrene Fachanwälte für Gesellschaftsrecht und Arbitration-Anwälte zu beauftragen, was die Erfolgsaussichten des Verfahrens erhöht. Schließlich können die klagenden Unternehmen ihre finanziellen Mittel in andere Bereiche investieren, anstatt sie für Rechtsstreitigkeiten zu binden (Schonung der Liquidität).

Wie ist der Ablauf einer Prozessfinanzierung?

Wer sich für eine Prozessfinanzierung entscheidet, muss mit folgendem Verfahrensablauf rechnen:

  1. Prüfung des Falls: Der Prozessfinanzierer analysiert die Erfolgsaussichten und die potenziellen Kosten des Falls.
  2. Abschluss des Finanzierungsvertrags: Bei positiver Bewertung wird ein Finanzierungsvertrag geschlossen, der die Kostenübernahme und die Gewinnbeteiligung regelt.
  3. Kostenübernahme: Der Prozessfinanzierer übernimmt alle anfallenden Kosten, einschließlich der Anwalts- und Schiedsgerichtskosten sowie der gegnerischen Anwaltskosten im Falle einer Niederlage.

Strategische Möglichkeiten nutzen

Prozessfinanzierung bietet eine strategische Möglichkeit, rechtliche Auseinandersetzungen zu führen, ohne das eigene finanzielle Risiko zu tragen. Sie ermöglicht den Zugang zu hochwertigen rechtlichen Dienstleistungen und verbessert die Verhandlungsposition des Klägers erheblich. Besonders in kostspieligen und komplexen Schiedsverfahren kann die Prozessfinanzierung der Schlüssel zum Erfolg sein, indem sie finanzielle Barrieren abbaut und den Fokus auf die Durchsetzung der rechtlichen Ansprüche legt.

Für Unternehmen in der Situation eines Schiedsverfahrens bietet die Prozessfinanzierung eine willkommene Lösung, um gerechtfertigte Ansprüche ohne finanziellen Druck durchzusetzen und gleichzeitig die eigene Liquidität zu schonen.

Weiter Informationen zur Prozesskostenfinanzierung finden Sie hier: Prozessfinanzierung bei Klagen & Schiedsverfahren