Transparenzregister doch nicht so transparent?

EuGH-Urteil schränkt Einsehbarkeit ein

Die aktuelle Entscheidung des EuGH führt zur Aussetzung der Einsichtnahme in das deutsche Transparenzregister.

Veröffentlicht am: 01.12.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Der EuGH hatte zur Überraschung vieler entschieden, dass die freie Einsehbarkeit des Transparenzregisters gegen die Charta der Grundrechte der EU verstößt und Teile der 5. Geldwäscherichtlinie für ungültig erklärt. Erst im Jahr 2020 wurde das Geldwäschegesetz (GwG) dahingehend geändert, dass für die Einsicht kein berechtigtes Interesse mehr nachgewiesen werden musste. Jeder hat nun die Möglichkeit, dort Einsicht zu nehmen. Das hat der EuGH in einem jüngst ergangenen Urteil (EuGH, Urteil vom 22. November 2022 – Az. C-37/20, C-601/20) nun für unvereinbar mit der Grundrechtscharta der EU erklärt.

Das Transparenzregister hat per Mitteilung vom 30. November 2022 die freie Einsichtnahme bis auf Weiteres ausgesetzt.

Nach deutschem Recht kein berechtigtes Interesse für eine Einsichtnahme nötig

Der deutsche Gesetzgeber hatte im Hinblick auf die 5. EU Geldwäscherichtlinie das GwG im Jahr 2020 angepasst, sodass für eine Einsichtnahme in das Transparenzregister kein berechtigtes Interesse mehr nachzuweisen ist. Damit hatte jedermann Zugang zu (fast) allen dort hinterlegten Informationen, insbesondere Angaben zu den sogenannten wirtschaftlich Berechtigten der dort registrierten Gesellschaften.

Damit war für jedermann recherchierbar, welche natürlichen Personen als sogenannte wirtschaftliche Berechtigte die dort registrierten Einheiten kontrollieren bzw. besitzen. Insbesondere in Kombination mit anderen öffentlichen Registern, wie insbesondere dem Handelsregister, lassen sich dadurch vermögensrelevante Informationen zu diesen Menschen zusammentragen, welche traditionell durch Bank- und Steuergeheimnis geschützt und dem privilegierten Wissen von staatlichen bzw. staatlich eng regulierten Institutionen vorbehalten waren.

Potenziell lassen sich so auch wettbewerbsrelevante Informationen von Unternehmen zusammentragen, die vorher durch das sogar strafrechtlich geschützte Betriebsgeheimnis geschützt waren.

EuGH sieht Verstoß gegen Charta der EU-Grundrechte

Der EuGH hat nunmehr entschieden, dass diese Regelung gegen Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) sowie Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten) der Charta der Grundrechte der EU verstößt. Der EuGH stellt sich damit – was eher selten geschieht - gegen die anderslautenden Schlussanträge des Generalstaatsanwalt. Der EuGH rügt insoweit, dass das Ziel der Geldwäschebekämpfung insoweit in unverhältnismäßiger Weise über die genannten EU-Grundrechte gestellt wird. Dies sieht er insbesondere bei Personen gegeben, bei denen durch die Offenlegung der Informationen die Gefahr droht, dass diese Opfer einer Straftat werden und bei Minderjährigen als wirtschaftlich Berechtigten.

Die Entscheidung des EuGH ist rechtskräftig und der betroffene Teil der 5. Geldwäscherichtlinie somit per sofort und mit Wirkung „inter omnes“ für unwirksam erklärt worden.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Entscheidung ist zu Gesellschaften im Luxemburger Transparenzregister ergangen. Luxemburg hat den freien Zugang unmittelbar nach Urteilsverkündung aufgehoben. Auch das deutsche Transparenzregister teilt mit Hinweis vom heutigen Tage auf seiner Internetpräsenz mit, dass die freie Einsichtnahme aufgrund des Urteils mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres ausgesetzt wird.

Es bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber reagiert. Eine Möglichkeit besteht vielleicht darin, die Uhr zurückzudrehen und die bis 2020 geltende Regelung, wonach ein berechtigtes Interesse für die Einsichtnahme nachzuweisen ist, wieder einzuführen.