Wichtiger Grund für Ausschluss, Abberufung in der GmbH

Vermeintlich kleiner Fehler im Gesellschafterstreit

In der Bäckerei kann das Naschen einer Zimtschnecke für 1,50 EUR Grund für die fristlose Kündigung der Verkäuferin sein. Ob das in ähnlicher Weise für Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH gilt, hatte jüngst das OLG München zu entscheiden.

Veröffentlicht am: 03.07.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Kommt es zum Streit zwischen Gesellschaftern oder zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern, geht es in der Praxis schnell um die Frage, ob ein Grund vorliegt, der einen Ausschluss und/ oder eine Abberufung der betreffenden Person rechtfertigt.

Lange Kündigungsfristen, langfristige Verträge und Stimmverbote führen dazu, dass sogar ein wichtiger Grund „gesucht und gefunden“ werden muss. Das OLG München (Urteil vom 25.5.2023 – Az. 23 W 354/23) hatte jüngst zu entscheiden, ob ein „kleiner“ Fehler ohne wirtschaftlichen Schaden ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers sein kann.

Fehlbuchungen durch Geschäftsführer

Bei der betroffenen GmbH handelte es sich um eine 2-Personen-GmbH. Beteiligt waren der Franchisegeber (51 %) und der Franchisenehmer (49 %). Der Franchisenehmer war zugleich der einzige Geschäftsführer der GmbH.

Der Mehrheitsgesellschafter erhob gegen den Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den Vorwurf, dass dieser Bareinnahmen wiederholt nicht ordnungsgemäß verbucht und zur Verschleierung EDV-Datensätze manipuliert habe. Aufgeflogen waren die Fehlbuchungen und die Manipulationen der Buchungssätze durch Testkäufe, welche der Mehrheitsgesellschafter (Franchisegeber) in Auftrag gegeben hatte. 

Daneben musste der Mehrheitsgesellschafter feststellen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer entgegen § 14 IV 1 Nr. 4 UStG die Rechnungen nicht fortlaufend nummeriert hatte.

Fristlose Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers

Auf Initiative des Mehrheitsgesellschafters kam es zu einer Gesellschafterversammlung. In dieser wurde der Gesellschafter-Geschäftsführer abberufen. Da die Abberufung aus wichtigem Grund erfolgte, hatte der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer kein Stimmrecht (Stimmverbot wegen Selbstbetroffenheit). Die Abberufung schmeckte dem Betroffenen allerdings nicht – er führte die Geschäfte einfach weiter …

Tätigkeitsverbot für den Geschäftsführer

Der Mehrheitsgesellschafter ging dagegen gerichtlich im Wege einer einstweiligen Verfügung vor. Ziel war es, dem Gesellschafter-Geschäftsführer die Tätigkeit als Geschäftsführer, die Ausübung der Organtätigkeit und das Betreten der Geschäftsräume zu untersagen. Das Landgericht München wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, das OLG München hingegen gab dem Antrag statt. 

Verletzung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

Das OLG München erachtete es als glaubhaft, dass der Geschäftsführer die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen begangen hatte. Darüber hinaus sah es diese also so gewichtig an, dass diese einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen.

Ausdrücklich führte das Gericht aus, dass auch der Umstand, dass der GmbH bislang kein Schaden aus den Pflichtverletzungen entstanden war, den Geschäftsführer nicht entlaste. Das Gericht lässt dabei durchblicken, dass es den Themen Buchhaltung, Barkasse und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ein hohes Gewicht bemisst. Insbesondere Buchhaltung und Buchführung seien höchstpersönliche und besondere Pflichten des Geschäftsführers.

Ausdrücklich betonte das Gericht zudem, dass auch der Umstand, dass der betroffene Geschäftsführer mit seiner Geschäftsführertätigkeit seinen Lebensunterhalt verdiene, keine andere Entscheidung zulasse. Entsprechendes gelte für die langjährige Tätigkeit des betroffenen Geschäftsführers für die GmbH. 

Wörtlich heißt es: „Jeweils stehen indes eklatante Verstöße gegen zentrale, den Geschäftsführer treffende Pflichten inmitten. Diese Vorfälle geschahen in kürzester Zeit und belegen eine unbekümmerte Rechtsferne des Verfügungsbeklagten [Anm.: Geschäftsführer] und eine Wiederholungsgefahr, die sein Fortwirken als Gefährdung der Gesellschaftsinteressen erscheinen lassen. In der Gesamtschau ist die fortwährende Tätigkeit des Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer für die Gesellschaft und die Verfügungskläger [Anm.: Mehrheitsgesellschafter] unzumutbar.“

Ist der Fehler noch so klein, kann er ein Grund für Kündigung und Ausschluss sein…

Die Entscheidung des OLG München führt noch einmal vor Augen, dass bereits vermeintlich kleine Fehler ein Grund für den Ausschluss eines Gesellschafters, Kündigung und Abberufung eines Geschäftsführers sein können – auch in einer 2-Personen-GmbH.

Am Rande zeigt die Entscheidung zudem, dass in einer 2-Personen-GmbH auch ein einzelner Gesellschafter die Interessen der GmbH selbst in die Hand nehmen kann – er kann selbst den Antrag auf einstweilige Verfügung stellen (actio pro socio).