Assauers Erbschaft (Teil 3)

Alleinerbin Simone Thomalla?

Im Streit um den Assauer-Nachlass gibt es eine neue Wendung. Ein Testament zugunsten von Simone Thomalla ist aufgetaucht. Das könnte wirksamer sein, als man vielleicht denkt.

Veröffentlicht am: 03.04.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
Lesedauer:

Der Erbfall Rudi Assauer war schon bisher facetten- und konfliktreich (wir berichteten in Teil 1 und Teil 2 unserer Kurzserie zur Assauer-Erbschaft). Inzwischen hat auch die Schauspielerin Simone Thomalla ihren Hut in den Ring geworfen. Die ehemalige Lebensgefährtin des 2019 verstorbenen Schalke-Managers hat Medienberichten zufolge (zeit.de vom 29.03.23) nun ein Testament beim Nachlassgericht eingereicht, in dem sie als Alleinerbin auftaucht.

Liebe und Testamente im Pott

Assauer und Thomalla lebten während ihrer Beziehung bis 2009 in Gelsenkirchen. Das Kapitel schien nach der Trennung abgeschlossen und Simone Thomalla spielte bisher auch keine Rolle im Erbstreit – weder im Erbscheinverfahren, noch in der Presse.

Nun hat sie aber wohl den „Telefax-Ausdruck“ eines handschriftlichen Testaments Assauers beim Amtsgericht Recklinghausen eingereicht, das auf den 24. August 2005 datiert und folgenden Wortlaut enthält:

Nach meinem Ableben soll Frau Simone Thomalla ... meine Alleinerbin sein. Meine derzeitige Ehefrau und meine Kinder sollen nicht erben."

Nach Recherchen der Zeit hatte Thomallas Steuerberaterin das Testament beim Nachlassgericht eingereicht und im Begleitschreiben darauf hingewiesen, dass Rudi Assauer Frau Thomalla „zur Alleinerbin bestimmt“ hatte und diese „um entsprechende Berücksichtigung“ bitte.

Warum wurde das Testament jetzt erst vorgelegt?

Warum taucht nun – Jahre nach dem Versterben des Fußball-Funktionärs – dieses Testament auf? Da können wir nur spekulieren. Schließlich gibt es eine Ablieferungspflicht für Testamente (§ 2259 BGB). Diese Pflicht ist aber nicht jedem bewusst. Vielleicht dachte Simone Thomalla auch, das Testament sei gar nicht wirksam, da es ja 2012 noch ein notarielles Testament gab, durch das das frühere Testament widerrufen wäre.

Möglicherweise gab es zunächst auch die Vermutung, es komme gar nicht darauf an, wer Erbe war, da ja bei Assauer nicht mehr viel zu erben war (Lesen Sie „Assauers Erbschaft Teil 2“ zum Verdacht der Untreue zulasten des Managers). Möglicherweise führen aber die aktuellen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren dazu, dass zu Lebzeiten verschwundenes Vermögen wieder an Assauer zurückgegeben werden muss.

Auch eine Kopie kann als wirksames Testament gelten!

Nicht unwahrscheinlich ist auch die Möglichkeit, dass Simone Thomalla zunächst davon ausging, dass es sich bei der Fax-Kopie überhaupt nicht um ein formgültiges Testament handeln könne. Schließlich gelten grundsätzlich nur die Originale. Zu diesem Thema gibt es jedoch interessante Rechtsprechung.

Erst in 2022 hatte das OLG Düsseldorf entschieden, dass auch Kopien letztwilliger Verfügungen vom Nachlassgericht zu eröffnen sind (Wir berichteten). Das Gericht stützte sich dabei auf das Argument, dass nicht immer ganz eindeutig sei, ob es sich bei einem Dokument um ein Original oder eine Kopie handele. Die Rechtsprechung geht aber noch weiter: Es ist sogar möglich, dass allein mit der Kopie des Testaments die Erbfolge festgestellt wird, wenn das Original nicht mehr auffindbar ist. Dies begründete das OLG München 2021 damit, dass allein die Tatsache, dass das Original nicht mehr vorhanden sei, noch nicht den Schluss zulasse, dass das Testament vom Erblasser vernichtet und damit widerrufen worden sei (OLG München, Beschluss vom 7. April 2021 – Wx 108/21).

Frau Thomalla, ihre Steuerberaterin und alle anderen erbrechtlichen Laien (und Experten) sind also gut beraten, wenn sie alles, was auch nur im Entferntesten nach einem Testament aussieht, beim Nachlassgericht einreichen, um der gesetzlichen Ablieferungspflicht nachzukommen.

Will Simone Thomalla überhaupt erben?

Wie ist nun der Umstand zu deuten, dass die Thomallas Steuerberaterin für ihre Mandantin lediglich um „Berücksichtigung“ bittet. Auch das könnte ein Hinweis darauf sein, dass es hier große Unsicherheit über die wirtschaftliche Bedeutung und die rechtlichen Mechanismen der Erbschaft gibt. In dieser Situation muss entschieden werden, ob man gegebenenfalls von der Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft Gebrauch macht und wie man in das laufende Erbscheinverfahren einsteigen will.

Als Erbscheinsantrag kann man die Bitte um Berücksichtigung durch die Steuerberaterin aber wohl noch nicht deuten. So ein Antrag kann zwar grundsätzlich auch direkt bei Gericht gestellt werden, also ohne Einschaltung eines Notariats. Doch auch hier wird man im Normalfall persönlich erscheinen müssen, um eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich der Voraussetzungen der Erbenstellung abzugeben.

Alles deutet darauf hin, dass sich Simone Thomalla zunächst ganz vorsichtig in den Erbfall hereintasten will. Ob sie im Erbscheinverfahren wirklich aufs Ganze geht und wie gut ihre Karten dabei sind, ist noch völlig offen.

Wie wird der Nachlass verteilt, wenn das Testament gültig ist?

Da die Wirksamkeit des Testaments gar nicht so unwahrscheinlich ist, wie es derzeit in den Medien dargestellt wird, darf man sich ruhig schon mal mit der Frage beschäftigen, was das für die Erbfolge nach Rudi Assauer bedeuten würde.

Nichts bedeuten würde es, falls das Testament Assauers aus dem Jahr 2012 zugunsten einer seiner Töchter vom OLG Hamm doch noch abgesegnet wird, nachdem es vom Nachlassgericht in erster Instanz wegen der demenzbedingten Testierunfähigkeit Assauers einkassiert wurde. Dann wäre das Thomalla-Testament widerrufen.

Bleibt es aber bei der Unwirksamkeit dieser späteren Verfügung, wäre Simone Thomalla tatsächlich Alleinerbin. Allerdings könnten dann Pflichtteilsansprüche auf die Erbin zukommen. Pflichtteilsberechtigt wären die beiden enterbten Töchter Bettina Michel und Katy Assauer. Ihr Pflichtteil läge jeweils bei 25 Prozent des Nachlasses und müsste in Geld ausgezahlt werden. Obwohl der Erbfall bereits mehr als 3 Jahre zurückliegt, wären die Ansprüche der Töchter auch noch nicht verjährt, da das enterbende Testament ja erst jetzt aufgetaucht ist und die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis der Enterbung beginnt. Ein rechtlich komplexer und wirtschaftlich bedeutender Aspekt in einem Pflichtteilsstreit wäre die Frage, welche der möglicherweise im Raum stehenden umfassenden Vermögensverfügungen zulasten Assauers zu Lebzeiten im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsansprüchen noch eine Rolle spielen.

Und was ist mit den Ehefrauen Assauers? Der Fußball-Funktionär war bei der Errichtung des Testaments zugunsten von Simone Thomalla noch verheiratet und heiratete nach der Scheidung sogar noch ein weiteres Mal. Da auch diese letzte Ehe (trotz Demenz) noch wirksam geschieden wurde, bevor Assauer verstarb, gab es jedoch kein gesetzliches Ehegattenerbrecht mehr und auch keine Pflichtteilsansprüche.

Alles spricht derzeit jedenfalls dafür, dass „Assauers Erbschaft“ auch weiter eine Reihe erbrechtlicher Highlights produzieren wird, über die wir hier weiter berichten werden.

Mehr zum Thema