BREXIT - Last Exit für Limiteds und LLPs?

Den Limited Companys in Deutschland könnte die Zwangsumwandlung drohen

Veröffentlicht am: 01.07.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ein Gastbeitrag von Sonja Marie Dähnhardt

Die Briten haben entschieden, die Scheidung droht. Doch welche Konsequenzen der Brexit mit sich bringt, ist noch völlig unüberschaubar. Von dieser Unklarheit betroffen sind insbesondere auch Gesellschaften in britischen Gesellschaftsformen mit Sitz in den verbliebenen EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland.  

Numerus Clausus der Gesellschaftsformen - aufgeweicht durch die Niederlassungsfreiheit

Im deutschen Gesellschaftsrecht gilt der Grundsatz des Numerus Clausus der Gesellschaftsformen. Das bedeutet, dass die Liste der möglichen Gesellschaftsformen in der ein Unternehmen gegründet werden kann abschließend ist. Gründer können demzufolge nur aus den bestehenden Gesellschaftsformen auswählen.

Welche Gesellschaften zu diesem Katalog gehören, bestimmte sich zunächst nur nach deutschem Gesellschaftsrecht. Dies wurde durch die Prinzipien der EU, insbesondere durch die Centros-Entscheidung des EuGH v. 09.03.1999, aufgebrochen. Innerhalb der EU gilt das Prinzip der Niederlassungsfreiheit, wonach sich Unionsbürger überall im Raum der Europäischen Union niederlassen dürfen um dort einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Als Konsequenz dieser Niederlassungsfreiheit müssen alle Gesellschaftsformen die in einem EU-Mitgliedstaat anerkannt sind auch von anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden.  

Die große Stunde der Limiteds und LLPs

EU-Bürger haben demnach die Möglichkeit ihre Gesellschaft in jedem Mitgliedsland der EU zu gründen, wobei sie aus allen dort zur Verfügung stehenden Gesellschaftsformen wählen können. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich dabei die britischen Gesellschaften Limited Company (Ltd.) und Limited Liability Partnership (LLP.). Insbesondere die Limited wurde gegenüber der vergleichbaren GmbH häufig vorgezogen, da ihre Gründung vielen Start-Ups zeit- und kostengünstig erschien.

Dies galt zumindest bis zur Einführung der Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung (UG haftungsbeschränkt). Diese bietet heimischen Gründern aufgrund der Anwendbarkeit deutschen Gesellschafaftsrechts z.B. im Falle eines Gesellschafterstreits größere Rechtssicherheit. Die Rechtsunsicherheit bei der Wahl der britischen Gesellschaftsformen durch Unternehmer aus dem EU-Ausland wird  durch die Brexit-Entscheidung und die hierauf bezugnehmenden Diskussionen in besonderem Maße deutlich.  

Das Damoklesschwert der Zwangsumwandlung

In Deutschland gilt die Sitztheorie, wonach der tatsächliche Verwaltungssitz einer Gesellschaft über deren rechtlichen Status entscheidet. Gesellschaften aus Nicht-EU-Staaten (wie künftig Großbritannien), die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, könnten als GbR oder OHG behandelt werden, was für die Gesellschafter eine unbeschränkte Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Folge hätte. Dieser Zwangsumwandlung entgehen Gesellschaften aus EU-Drittstaaten nur in zwei Fällen. Zum einen gilt die Niederlassungsfreiheit auch für Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), wie zum Beispiel Island oder Norwegen. Zum anderen kann auch in besonderen völkerrechtlichen Verträgen eine Ausnahme verhandelt werden, wie es zum Beispiel im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA geschehen ist.  

Die Zukunft der Ltds und LLPs

Zukunftsentscheidend für in Deutschland ansässige Limiteds und LLPs ist folglich das künftige rechtliche Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien, bzw. bilateral zwischen Deutschland und Großbritannien. Hierbei würde eine klare Regelung zur Sicherung des Bestands von britischen Gesellschaften im allgemeinen Interesse liegen. Gegen eine Zwangsumwandlung sprechen gewichtige Gründe, wie zum Beispiel der in Deutschland bestehende Schutz vor rückwirkenden Entscheidungen und der Grundsatz, dass die Wirksamkeit von einmal getätigten Dispositionen und Rechtshandlungen nicht durch eine Änderung der Rechtslage wieder entzogen werden darf. Auf diese Überlegungen sollte man sich jedoch in Anbetracht der drohenden Haftungsverschärfung  in der Praxis nicht verlassen.  

Aktuelle Verhandlungsposition: Kein offener Binnenmarkt ohne die vier Grundfreiheiten

Insbesondere sollte nicht auf eine klare vertragliche Regelung zwischen Großbritannien und den verbliebenen EU-Mitgliedsstaaten vertraut werden. Insbesondere die harte Linie, die führende EU-Politiker gegenüber Großbritannien fahren wollen, lässt an einer schnellen einvernehmlichen Lösung zweifeln.

Schluss solle sein mit der Rosinenpickerei. Wenn Großbritannien weiterhin Sonderrechte im Verhältnis mit der EU genießen wolle, müsse es – so die EU-Spitze – auch alle vier Grundfreiheiten akzeptieren. Ohne Personenfreizügigkeit würde es demnach keine Niederlassungsfreiheit geben. Dabei ist gerade die Personenfreizügigkeit für viele britische Wähler Grund für ihr Votum gegen eine EU-Mitgliedschaft gewesen.

So unvernünftig eine Zwangsumwandlung von britischen Gesellschaften mit Sitz in EU-Staaten auch scheint, gänzlich auszuschließen ist dies für die Zukunft nicht. Folglich ist es ratsam, die kommenden Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien genau zu verfolgen und bereits frühzeitig Umwandlungsmöglichkeiten zu prüfen.