Umfasst die D&O-Versicherung auch PR-Kosten? (DE/EN)

Umfang der Geschäftsführerhaftung bei Steuerstraftaten

Was umfasst die D&O-Versicherung von Geschäftsführern und Managern? Auch PR-Kosten können ersetzt werden, wie ein aktuelles Urteil zeigt.

Veröffentlicht am: 24.01.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg & Berlin
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Die D&O-Versicherung gehört für Manager und Geschäftsführer zum kleinen Einmaleins und absolut wichtigsten Instrument der Haftungsvermeidung bzw. Haftungsbeschränkung. Doch wie umfassend tritt die Versicherung im Schadensfall für entstandene Kosten ein? Ob von der Versicherung etwa auch die Kosten für eine PR-Agentur erfasst sind, die den guten Ruf der Beteiligten wieder herstellt, musste kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt entscheiden (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 05.11.2021 - 7 U 96/21).

Ermittlungen gegen ehemaligen  Vorstand der Wirecard AG

Hintergrund des Urteils sind die Ermittlungen gegen den ehemaligen Vorstand der Wirecard AG Markus Braun. Als ehemaliges Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen ihn wegen bandenmäßigen Betrugs und Bilanzfälschung, Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)  sowie wegen Marktmanipulation. Wegen dieser angeblichen Verstöße gegen das Kapitalmarktrecht sowie das Steuerstrafrecht berichteten die Medien über Braun als „Chef einer kriminellen Bande“.

Braun beauftragte daraufhin eine Presseagentur sowie eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei und verlangte die PR-Kosten anschließend von seiner Versicherung aus seiner D&O-Versicherung als Vorstand der AG ersetzt. Die Versicherung wies dies unter Hinweis auf die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zurück.

Umfang der D&O-Versicherung: Karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab dem Betroffenen nun Recht und verpflichtete die Versicherung, auch die PR-Kosten zu ersetzen – jedenfalls vorläufig und soweit diese dem Reputationsschutz dienen.

Denn gemäß den Versicherungsbedingungen der vorliegenden D&O-Versicherung waren solche Kosten gedeckt, die zur Abwendung eines "durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall“  drohenden „karrierebeeinträchtigenden Reputationsschadens" entstehen.

Das Gericht argumentierte, es komme dabei nicht darauf an, ob die Berichterstattung sich mit dem Versicherungsfall einer konkreten zivilrechtlichen Inanspruchnahme (Haftpflicht-Versicherungsfall) befasse oder sich auf den durch das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ausgelösten Versicherungsfall (Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall) beziehe.

Kosten für PR-Agentur & Anwälte für Presserecht umfasst

Bei verständiger Auslegung der Versicherungsbedingungen, so die Richter weiter, sollte die Versicherung gerade auch bei strafrechtlichen Berichterstattungen die Reputation des Betroffenen insbesondere vor existentieller Beschädigung schützen – jedenfalls soweit die Verdachtsberichterstattung nicht zulässig und daher hinzunehmen sei.

Damit seien nicht nur Kosten für Rechtsanwälte gedeckt, die gegen unzulässige Berichterstattungen vorgehen, sondern auch Kosten für eine PR-Agentur, soweit diese dazu geeignet sind, dem Reputationsschaden vorzubeugen oder diesen jedenfalls zu mindern.

Fazit: D&O ist A&O der Haftungsvermeidung

Das Urteil zeigt mal wieder die enorme Bedeutung der D&O-Versicherung für jeden in haftungsrechtlich heikler Situation im Unternehmen – sei es der Geschäftsführer eines aufblühenden Startups, einer florierenden mittelständischen GmbH oder das Vorstandsmitglied einer bundesweit agierenden Aktiengesellschaft.