Kündigung bei Eheschließung?

EuGH zur Diskriminierung in katholischen Krankenhäusern

Veröffentlicht am: 14.09.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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EuGH zur Diskriminierung in katholischen Krankenhäusern

Ein Beitrag von Desiree Szitnick

Wer unter dem katholischen Ethos praktiziert, kann möglicherweise schneller mit einer Kündigung rechnen, als andere Kollegen. Diese Erfahrung musste ein katholischer Chefarzt machen, der nach der Scheidung seiner Frau nicht nur eine neue Ehe gewonnen, sondern auch seinen Posten als Chefarzt in einem katholischen Krankenhaus verloren hatte. Ob diese Kündigung gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß, hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun zu entscheiden.

Erneute Eheschließung stellt schwerwiegenden Verstoß dar

Der betroffene Chefarzt hatte in einem Krankenhaus gearbeitet, das der Aufsicht des katholischen Erzbischofs von Köln unterlag. Als das Krankenhaus von der Scheidung des Chefarzt und dessen neuen Eheschließung Wind bekam, kündigte die Klinik dem Chefarzt sein Beschäftigungsverhältnis. Die Begründung: Der Arzt hätte erheblich gegen seine „dienstvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten“ verstoßen, indem er eine nach kanonischem Recht ungültige Ehe eingegangen war. Das Krankenhaus verwies auf den geschlossenen Arbeitsvertrag und die darin enthaltene Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, wonach die Eingehung einer solchen ungültigen Ehe einen schwerwiegenden Verstoß darstelle und damit eine Kündigung rechtfertige.

Chefarzt sieht im Kündigungsgrund eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Der Chefarzt dagegen wollte sich mit dieser Begründung nicht abfinden und klagte gegen die Kündigung. Allein eine erneute Eheschließung sei seiner Ansicht nach kein gültiger Kündigungsgrund. Zudem fühlte der katholische Arzt sich gegenüber seinen Kollegen ungleich behandelt. Nach der besagten Grundordnung der kirchlichen Dienste habe nämlich die Wiederheirat eines evangelischen oder konfessionslosen Arztes keine Auswirkungen auf sein Arbeitsverhältnis. Der Chefarzt fühlte sich daher durch seine Kündigung diskriminiert.

Das mit dem Verfahren befasste Bundesarbeitsgericht bat in einer Vorlagefrage nun den EuGH um eine Auslegung der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie. War die Kündigung des Chefarztes aufgrund seiner Wiederheirat tatsächlich diskriminierend?

Sonderstellung der Kirchen – aber nicht um jeden Preis

Das deutsche Grundgesetz verleiht Kirchen ein Selbstbestimmungsrecht. Sie dürfen also in gewissen Grenzen ihre Angelegenheiten selbstständig verwalten und auch von ihren Beschäftigten verlangen, sich im Sinne der vertretenen religiösen Grundsätze loyal und aufrichtig zu verhalten. Dennoch müssen sich auch Kirchen grundsätzlich an das deutsche Arbeitsrecht halten.

Ob mit der Kündigung die Grenze der Selbstbestimmung überschritten wurde, hatte der EuGH im Rahme der Vorlagefrage nun zu klären.

EuGH: katholisches Eheverständnis keine wesentliche Anforderung für Chefarzt

Der EuGH macht nun in seiner Entscheidung vom 11.09.2018 (Az.: C-68/17) deutlich, dass das katholische Eheversprechen keine wesentliche Bedeutung für die Tätigkeit als Chefarzt in einem katholischen Krankenhaus zu sein scheint. Dabei handele es sich nicht um eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung an den Beruf als Chefarzt. Diese Ansicht werde auch dadurch bestärkt, dass ähnliche Stellen auch an nicht katholische Ärzte vergeben worden waren.

Dennoch müsse nun das deutsche BAG im konkret vorliegenden Einzelfall entscheiden, ob die Gefahr einer Beeinträchtigung des katholischen Ethos durch die Wiederheirat des Arztes und einer Weiterbeschäftigung bestehe oder nicht. Nach dem Urteil des EuGH scheint dies allerdings eher fernliegend zu sein.

Wirksamer Kündigungsschutz in Deutschland

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses führt bei vielen Arbeitnehmern schnell zu einer existenziellen Notlage. Darauf reagiert das deutsche Arbeitsrecht mit verschiedenen Bestimmungen zum Kündigungsschutz für Arbeitnehmer. So bedarf eine ordentliche Kündigung stets eine Frist, eine außerordentliche und damit fristlose Kündigung einen wichtigen Grund. Weitere gesetzliche Regelungen z.B. im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) legen Grundsätze zum Arbeitsverhältnis und deren Kündigung fest.

Auf europäischer Ebene bietet unter anderem die Gleichbehandlungsrichtlinie Schutz vor Diskriminierungen des Arbeitsnehmers. Dem Arbeitnehmer steht also im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eine Reihe an Schutzvorschriften zur Verfügung, gegen eine ungerechtfertigte Kündigung wirksam vorgehen zu können.