Strohmann sein lohnt sich nicht - Auch der Scheingeschäftsführer haftet

Wer in der GmbH für Verbindlichkeiten gerade steht

Veröffentlicht am: 17.08.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Im Falle von nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen trifft die Haftung sowohl den Strohmanngeschäftsführer als auch den faktischen Geschäftsleiter.

Ein Beitrag von Sonja Dähnhardt

Es war einmal ein Call-Center Betreiber, der besonders clever sein wollte. Er ließ zwei seiner Arbeitnehmerinnen als Selbstständige arbeiten, und umging damit seine Pflicht Sozialabgaben zu zahlen. Und um hierfür und darüber hinaus auch für alle weitere Angelegenheiten der GmbH nicht in die Haftung genommen werden zu können, setzte er eine Strohfrau als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin ein. Diese hatte nach eigenen Angaben keine bedeutenden Kompetenzen, im Innenverhältnis regelte der Call-Center Betreiber die Geschäfte selbst.

Doch Hochmut kommt vor dem Fall

Wer sich jetzt schon die Hände reibt und seine eigenen Geschäftsangelegenheiten ebenso geschickt umstellen will, der sollte gewarnt sein. Als erstes flog die Scheinselbstständigkeit der Arbeitnehmerinnen auf und zog einen unangenehmen Rattenschwanz von rechtlichen und steuerlichen Problemen nach sich.

In einem Statusfeststellungsverfahren stellte das Sozialgericht fest, dass die zwei Telefonistinnen keinesfalls als selbstständig, sondern als angestellt einzuordnen sind. Hierbei kommt es nach ganz überwiegender Meinung nicht auf die rein formelle Ausgestaltung der Arbeitsverträge, sondern auf das tatsächlich gelebte Vertragsverhältnis an. Folglich hätte die GmbH für die zwei Scheinselbständigen Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Diese forderte die Krankenkasse nun vor Gericht von der Geschäftsführerin.

Persönliche Haftung?

Auch in der GmbH trifft den Geschäftsführer die persönliche Pflicht, die Geschäfte mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ zu führen. Zu diesen Sorgfaltspflichten gehört insbesondere auch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für seine Arbeitnehmer.

Kommt ein Geschäftsführer dieser Pflicht nicht nach, macht sich der Geschäftsführer nicht nur strafbar, sondern auch gegenüber dem Sozialversicherungsträger mit dem persönlichen Vermögen schadensersatzpflichtig.

Haftet die Strohfrau oder der „faktische Geschäftsleiter“?

Doch gegen wen muss sich die Krankenkasse in dem vorliegenden Fall nun wenden? Die Strohfrau, die nach eigenen Angaben kaum Kenntnisse von den internen Angelegenheiten hatte und von einer tatsächlichen Selbstständigkeit der Arbeitnehmerinnen ausging, oder der Hintermann, der als faktischer Geschäftsführer die Angelegenheiten des Call-Centers inklusive der Ausgestaltung der Arbeitsverträge übernommen hatte.

Im Berufungsverfahren folgten die Richter der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der bereits 2016 einen ähnlichen Fall zu entscheiden hatte und in seinem Urteil zu dem Schluss kam, dass ein Geschäftsführer auch dann für die Geschicke der Gesellschaft verantwortlich gemacht werden kann, wenn die Geschäfte rein faktisch von einem Dritten geleitet werden. Im Zweifel müsse der Geschäftsführer sich seine Kompetenzen mit gerichtlicher Hilfe erkämpfen oder anderenfalls sein Amt niederlegen.

Dieser Wertung folgte das Gericht und befand, dass schon durch die formale Stellung als Geschäftsführerin alle tatsächlichen Handlungsobliegenheiten auf die Beklagte übergingen und somit ihre Haftung begründet wurde. Zudem hätte sie die fehlerhaften Arbeitsverhältnisse durch ihr bloßes „Nicht-kümmern“ billigend in Kauf genommen. Um einer Haftung zu entgehen hätte sie problemlos eine rechtliche Auskunft einholen können und müssen

Gerechtigkeit im Innenregress?

Die Strohfrau zieht also den Schwarzen Peter und der eigentliche Betreiber lacht sich ins Fäustchen? So einfach ist das auch nicht. Nach Auffassung des BGH ist der faktische Geschäftsführer ebenso geeigneter Täter und macht sich entsprechend strafbar. Unter der Voraussetzung, dass sich der faktische Geschäftsführer auch im Außenverhältnis als Geschäftsführer aufspielt, wie es hier der Fall sein dürfte, könnte die Strohfrau gute Chancen haben im Innenverhältnis Freistellung zu fordern. Entscheidend dürfte hier die vertragliche Gestaltung zwischen offizieller und faktischer Geschäftsführung sein.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich die Trickserei für beide Seiten bezüglich der Geschäftsführerhaftung  nicht gelohnt hat. Das Einsetzen von Strohfrauen oder –männern birgt in jedem Falle Risiken und sollte sorgfältig durchdacht werden. Beide Seiten sollten sich rechtlichen Rat einholen um Haftungsfallen wie im vorliegenden Fall zu vermeiden.