Die GbR wird neu erfunden – endlich!

Entwurf zur Reform des Personengesellschaftsrechts

Veröffentlicht am: 19.06.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Entwurf zur Reform des Personengesellschaftsrechts

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Für angehende Juristinnen und Juristen ist das Recht der Personengesellschaften schon seit Jahren ein einziges Schlachtfeld. Weil die gesetzliche Grundlagen längst veraltet und vollkommen unzureichend sind, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den letzten Jahrzehnten in einer Reihe von Urteilen neue Regeln geschaffen, die zwar in sich einigermaßen logisch, aber unerreicht intransparent sind und – anders als für das deutsche Rechtssystem sonst so bezeichnend – kaum eine gesetzliche Absicherung finden.

Das soll sich nun endlich ändern. Der Gesetzgeber hat die längst überfällige Reform des Personengesellschaftsrechts für die aktuelle Legislaturperiode auf seine Agenda gesetzt und die politischen Sterne stehen scheinbar günstig, sodass der jüngst von einer Expertenkommission ausgearbeitete Gesetzesentwurf es möglicherweise nicht nur in die nächste Schreibtischschublade schafft, sondern vielleicht sogar im Parlament zur Abstimmung gelangt.

Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg, es bedarf vieler Diskussionen und nicht zuletzt Stellungnahmen der Juristinnen und Juristen dieses Landes – denn die Gesellschaftsrechtler unserer Fachwelt haben garantiert alle eine Meinung zu dem neuen Entwurf. Immerhin, es geht um nicht weniger als die Grundform aller Gesellschaftsformen. Damit Sie mitreden können, stellen wir Ihnen die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfs im Folgenden im Überblick vor.

Rechtsfähigkeit der GbR nun geregelt

Bei der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), die ihre Rechtsfähigkeit bisher von der Rechtsprechung erhalten hat, soll es dem neuen Entwurf zufolge drei Unterformen im BGB geben:

  1. Die nicht-rechtsfähige Innengesellschaft
  2. Die rechtsfähige Außengesellschaft
  3. Die in einem Gesellschaftsregister eingetragene Außengesellschaft (eGbR)

Tatbestandliche Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der GbR wird nunmehr, dass die Gesellschaft „nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll“. Der rechtsfähigen Außen-GbR wird sodann das Gesellschafsvermögen zugeordnet.

Außengesellschaften rechtssicherer gestaltet

Die eGbR bietet dem gegenüber zusätzliche Rechtssicherheit. Der Entwurf sieht weiterhin Änderungen in der Grundbuchordnung (GBO) vor, wonach die eGbR Grundstücksrechte erwerben kann, sowie eine teilweise Reform des Umwandlungsgesetzes (UmwG), die die eGbR auch umwandlungsfähig macht.

Künftig sollen zudem der Tod oder die Kündigung eines Gesellschafters bei den Außengesellschaften nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft per se, sondern lediglich zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters führen. Mit der Schaffung des Gesellschaftsregisters und der rechtlichen Vervollkommnung der GbR wird nunmehr auch der Familienpool in Form der GbR und andere GbR-Poolgesellschaften in der Praxis als intelligentes Gestaltungsinstrument für das Vermögensmanagement und Vermögensnachfolge an Attraktivität gewinnen.

Haftung der Gesellschafter weiterhin unbeschränkt

Auch das Handelsgesetzbuch (HGB) wird angepackt: Die §§ 128 ff. HGB werden ins BGB zum GbR-Recht transformiert, wo sie ja eigentlich auch hingehören, bleiben aber auf die OHG und die KG anwendbar Kraft Verweisung.

Eine Möglichkeit, die Haftung der Gesellschafter in diesem Rahmen zu beschränken, wurde aber trotz entsprechender Vorschläge ausdrücklich nicht geschaffen. Diese sollen weiter als Gesamtschuldner unmittelbar, persönlich und uneingeschränkt haften. Insbesondere die Möglichkeit, die Haftung auf eine Einlage zu beschränken (quasi eine „GbR mbH“), soll es nicht geben.

Dies sieht die Rechtsprechung des BGH bisher etwas anders und lässt unter Umständen sogar eine formularmäßige Beschränkung im Vertrag mit Dritten zu. Gerade für Bauherrengemeinschaften, beispielsweise von Wohnungseigentümern, erkennt das oberste Gericht bisher sogar generell eine quotale Haftung an. Ob diese Rechtsprechung sich nach der Reform halten wird oder ob – gerade im Umkehrschluss – der Gesetzgeber sich damit gegen eine Haftungsbeschränkung in jedem Fall ausspricht, bleibt abzuwarten.

Öffnung für Freiberufler

Weiterhin sieht der Entwurf eine allgemeine Öffnung der Personenhandelsgesellschaften auch für die freien Berufe vor – eine seit Jahren viel diskutierte und heftig umstrittene Option. Freiberufler und insbesondere Rechtsanwälte sind bisher beschränkt in ihren Möglichkeiten, eine Haftungsbeschränkung herbeizuführen. Sie sind im Wesentlichen auf die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) mit beschränkter Berufshaftung (mbB) angewiesen.

In Zukunft könnten diese Berufe sogar auf die GmbH & Co. KG ausweichen, sofern das jeweilige Berufsgesetz eine Öffnung vorsieht. Damit lässt sich eine ausdifferenzierte Regelung erreichen – das Schicksal der PartG mbB stünde indes plötzlich in den Sternen. Jedenfalls die Bundesrechtsanwaltskammer aber begrüßt den Vorschlag der Kommission.

Mangelhafte Beschlüsse nur noch anfechtbar

Schließlich soll das Beschlussmängelrecht insgesamt reformiert und dem aktienrechtlichen Vorbild angepasst werden. Danach sind mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse in Zukunft nicht mehr per se nichtig. Vielmehr soll unterschieden werden zwischen solchen Mängeln, die zur Nichtigkeit führen und solchen, die lediglich eine Anfechtbarkeit des Beschlusses ermöglichen.

Die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft wird dabei einer dreimonatigen Klagefrist unterstellt. Diese Regelung ist zu begrüßen, schafft sie doch für die Betroffenen weitere Rechtssicherheit und verhindert die häufig missbräuchliche und bürokratielastige sofortige Nichtigkeit selbst bei kleinsten Mängeln.