Die Testierunfähigkeit und die ärztliche Schweigepflicht

OLG Köln zum Zeugnisverweigerungsrecht im Erbscheinsverfahren

Veröffentlicht am: 27.09.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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OLG Köln zum Zeugnisverweigerungsrecht im Erbscheinsverfahren

Wird ein Erbschein beantragt, kommt es im Rahmen des Erbscheinsverfahrens immer häufiger zum Streit um die Wirksamkeit eines Testaments. Gesetzliche Erben, die durch eine letztwillige Verfügung enterbt wurden, versuchen, das Testament anzufechten oder sonstige Gründe für die Unwirksamkeit vorzubringen. Dabei geht es oft um die Testierfähigkeit des Erblasser, vor allem wenn dieser sehr alt war und/oder an Demenz erkrankt war.

Bei der Frage der Testierfähigkeit kommt den behandelnden Ärzten eine wichtige Rolle zu. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einer Entscheidung (Beschluss vom 15.05.2018 – 2 Wx 202/18) zur ärztlichen Schweigepflicht über den Tod des Patienten hinaus Stellung genommen.

Mutmaßlicher Wille des testierenden Patienten entscheidet

In dem zu entscheidenden Fall haben die Kölner Richter angenommen, dass der Arzt als Zeuge im Erbscheinsverfahren von seiner Schweigepflicht entbunden ist. Zu Lebzeiten könne grundsätzlich nur der Patient selbst seinen Arzt von dessen Verschwiegenheitspflicht entbinden. Auch nach dem Versterben können dies die Erben oder Angehörigen grundsätzlich nicht.

Es muss daher gefragt werden, was der Patient selbst wollte. Gibt es hierfür keine Anhaltspunkte, muss der mutmaßliche Wille herangezogen werden. Wird bei einer Erbschaft ein Testament angefochten oder die Wirksamkeit in Frage gestellt, liegt es im Interesse des Erblassers, dass diese Frage so gut wie möglich geklärt wird.

Davon ging auch das OLG Köln aus. Wer beim Schreiben des Testaments testierfähig war, will auch, dass dieser Wille so umgesetzt wird. Und wer es nicht war, will halt etwas anderes.

Keine Unterscheidung zwischen notariellem und handschriftlichen Testament

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich nicht um ein handschriftliches Testament handelte. Der letzt Wille wurde von einem Notar beurkundet. Warum sollte auch die Beauftragung eines Notars bedeuten, dass man in einem späteren streitigen Verfahren um einen Erbschein auf eine bestmögliche Aufklärung verzichten will?

Im Übrigen ist der Notar auch kein Sachverständiger, der die Testierfähigkeit eines Erblassers begutachten kann. Auch wenn der Notar sich von der Testierfähigkeit „überzeugt“ hat, ist dies bei einem Erbstreit allenfalls ein Indiz dafür, dass das Testament wirksam ist.